lichkeit nicht erst, sondern er kömmt ihr zuvor, die At- mungswechsel folgen in kurzen Zwischenräumen auf ein- ander, und geschehen überhaupt geschwinder, als eine Empfindung von Beklemmung, entweden nach dem Ein- atmen, oder nach dem Auslassen des Atems entstünde.
Daher haben sowol die Alten, als Neuern (n), die Schwierigkeit zu mindern gesucht, und ein anderes noth- wendiges, vom Leben abhängiges Atemholen ausgedacht, dessen Ursachen in dem Schlage noch zu wirken fortfüh- ren, und ein anderes, dem Willen untergeordnetes Atmen festgesezzt.
Es scheint sich aber weder mit der einfachen Natur, noch mit den ewigen Grenzen zu räumen, welche sie zwi- schen den Bewegungen im Menschen festgestellt hat, daß eben derselbe Muskel bald vom Willen, und zu überleg- ten Entzwekken regiert werde, bald ohne den Befehl des Willens, und ohne Empfindung der Seele, von freien Stükken in Bewegung gerathe. Wir werden ferner an einem andern Orte zeigen, daß die Bewegungen, welche die Nothwendigkeit hervorbringt, einfach sind, und blos auf das Zusammenziehen eines Werkzeuges ankommen, dergleichen alle von der nothwendigen Gewalt eines Rei- zes abhängen, wie man an dem Herzen, den Gedärmen, und Gefässen sieht. Das Atemholen ist eine gemischte Ver- richtung verschiedner Werkzeuge, die sich mit Absicht zu ei- nerlei Wirkung vereinigen mus, nämlich des Zwerchfells, der Ribbenmuskeln, des Halses, Kopfes, der Brust, des Rükkens. Die Versuche selbst haben mich gelehrt, daß durch dergleichen Reiz, wenn es gleich der allerschärfste wäre, zu- sammengesezzte Handlungen nicht hervorgebracht werden können, wovon der Husten ein Beispiel abgiebt, denn ich
habe
(n)[Spaltenumbruch]WILLIS. S. 29. 30. SWAMMERD. thes. 8. 9. BO- RELL. angef. Ort. c. 7. S. 161. [Spaltenumbruch]
162. BOHN. S. 89. VERH. L. II. Tract. 2. c. 8. der ber. BER- TIER. S. 181. 145. 146.
Das Atemholen. VIII. Buch.
lichkeit nicht erſt, ſondern er koͤmmt ihr zuvor, die At- mungswechſel folgen in kurzen Zwiſchenraͤumen auf ein- ander, und geſchehen uͤberhaupt geſchwinder, als eine Empfindung von Beklemmung, entweden nach dem Ein- atmen, oder nach dem Auslaſſen des Atems entſtuͤnde.
Daher haben ſowol die Alten, als Neuern (n), die Schwierigkeit zu mindern geſucht, und ein anderes noth- wendiges, vom Leben abhaͤngiges Atemholen ausgedacht, deſſen Urſachen in dem Schlage noch zu wirken fortfuͤh- ren, und ein anderes, dem Willen untergeordnetes Atmen feſtgeſezzt.
Es ſcheint ſich aber weder mit der einfachen Natur, noch mit den ewigen Grenzen zu raͤumen, welche ſie zwi- ſchen den Bewegungen im Menſchen feſtgeſtellt hat, daß eben derſelbe Muskel bald vom Willen, und zu uͤberleg- ten Entzwekken regiert werde, bald ohne den Befehl des Willens, und ohne Empfindung der Seele, von freien Stuͤkken in Bewegung gerathe. Wir werden ferner an einem andern Orte zeigen, daß die Bewegungen, welche die Nothwendigkeit hervorbringt, einfach ſind, und blos auf das Zuſammenziehen eines Werkzeuges ankommen, dergleichen alle von der nothwendigen Gewalt eines Rei- zes abhaͤngen, wie man an dem Herzen, den Gedaͤrmen, und Gefaͤſſen ſieht. Das Atemholen iſt eine gemiſchte Ver- richtung verſchiedner Werkzeuge, die ſich mit Abſicht zu ei- nerlei Wirkung vereinigen mus, naͤmlich des Zwerchfells, der Ribbenmuskeln, des Halſes, Kopfes, der Bruſt, des Ruͤkkens. Die Verſuche ſelbſt haben mich gelehrt, daß durch dergleichen Reiz, wenn es gleich der allerſchaͤrfſte waͤre, zu- ſammengeſezzte Handlungen nicht hervorgebracht werden koͤnnen, wovon der Huſten ein Beiſpiel abgiebt, denn ich
habe
(n)[Spaltenumbruch]WILLIS. S. 29. 30. SWAMMERD. theſ. 8. 9. BO- RELL. angef. Ort. c. 7. S. 161. [Spaltenumbruch]
162. BOHN. S. 89. VERH. L. II. Tract. 2. c. 8. der ber. BER- TIER. S. 181. 145. 146.
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Das Atemholen. VIII. Buch.
lichkeit nicht erſt, ſondern er koͤmmt ihr zuvor, die At-
mungswechſel folgen in kurzen Zwiſchenraͤumen auf ein-
ander, und geſchehen uͤberhaupt geſchwinder, als eine
Empfindung von Beklemmung, entweden nach dem Ein-
atmen, oder nach dem Auslaſſen des Atems entſtuͤnde.
Daher haben ſowol die Alten, als Neuern (n), die
Schwierigkeit zu mindern geſucht, und ein anderes noth-
wendiges, vom Leben abhaͤngiges Atemholen ausgedacht,
deſſen Urſachen in dem Schlage noch zu wirken fortfuͤh-
ren, und ein anderes, dem Willen untergeordnetes Atmen
feſtgeſezzt.
Es ſcheint ſich aber weder mit der einfachen Natur,
noch mit den ewigen Grenzen zu raͤumen, welche ſie zwi-
ſchen den Bewegungen im Menſchen feſtgeſtellt hat, daß
eben derſelbe Muskel bald vom Willen, und zu uͤberleg-
ten Entzwekken regiert werde, bald ohne den Befehl des
Willens, und ohne Empfindung der Seele, von freien
Stuͤkken in Bewegung gerathe. Wir werden ferner an
einem andern Orte zeigen, daß die Bewegungen, welche
die Nothwendigkeit hervorbringt, einfach ſind, und blos
auf das Zuſammenziehen eines Werkzeuges ankommen,
dergleichen alle von der nothwendigen Gewalt eines Rei-
zes abhaͤngen, wie man an dem Herzen, den Gedaͤrmen,
und Gefaͤſſen ſieht. Das Atemholen iſt eine gemiſchte Ver-
richtung verſchiedner Werkzeuge, die ſich mit Abſicht zu ei-
nerlei Wirkung vereinigen mus, naͤmlich des Zwerchfells,
der Ribbenmuskeln, des Halſes, Kopfes, der Bruſt, des
Ruͤkkens. Die Verſuche ſelbſt haben mich gelehrt, daß durch
dergleichen Reiz, wenn es gleich der allerſchaͤrfſte waͤre, zu-
ſammengeſezzte Handlungen nicht hervorgebracht werden
koͤnnen, wovon der Huſten ein Beiſpiel abgiebt, denn ich
habe
(n)
WILLIS. S. 29. 30.
SWAMMERD. theſ. 8. 9. BO-
RELL. angef. Ort. c. 7. S. 161.
162. BOHN. S. 89. VERH.
L. II. Tract. 2. c. 8. der ber. BER-
TIER. S. 181. 145. 146.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 3. Berlin, 1766, S. 414. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende03_1766/420>, abgerufen am 25.11.2024.
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