hervorgebrachten Ausdehnung der Lunge her habe (e). Nun haben wir diese Luft weggeräumt, denn wir haben gezeigt, daß ihre Federkraft zerstört worden, mit der sie allein die Lunge erweitern kann. Eine neue Luft können wir nicht gestatten, weil die Lunge voll ist. Folglich mus das geschehen, welches, wie wir gezeigt haben, von einem fortgesezzten Einatmen geschicht, es mus nämlich das Blut durch die Lunge nicht laufen können, es mus sich in den Gefäßen der Lunge anhäusen, in dem rechten Herz- ohre, den nächsten Blutadern sammlen, und die Aengst- lichkeit, von der die Ursache gesucht wird, entstehen.
Daher pflegen wir, weil der Naturtrieb nicht be- trügt, keine Mühe anzuwenden, uns von dieser Beklem- mung, durch ein neues Einatmen loszumachen, denn da- durch würden wir die Brust nur noch mehr erweitern, sondern wir stossen blos durch das Ausatmen, die ver- zehrte Luft aus, und so folgt auf dieses Ausatmen, mit dem Einatmen zugleich, eine neue und gesunde Luft.
§. 17. Die Ursache, warum nothwendiger Weise das Ausatmen, auf das Einatmen folgen mus.
Nun gerathen wir an eine bedenkliche Frage, war- um nämlich, nach dem Einatmen, das Ausatmen so nothwendig sei, und was vor wirkende Ursachen diesen neuen Zustand der Lunge hervorbringen?
Es haben einige berühmte Männer die Sache mecha- nisch zu erklären gesucht. Jndem nämlich die inwendi- gen Ribbenmuskeln ihr Spiel verrichten, so würden davon die äussern gezogen, sie empfänden davon eine Beschwerlichkeit, wenn also dieses Spannen nachliesse,
so
(e) §. IV.
C c 4
IIII Abſchn. deſſen Erſcheinnngen.
hervorgebrachten Ausdehnung der Lunge her habe (e). Nun haben wir dieſe Luft weggeraͤumt, denn wir haben gezeigt, daß ihre Federkraft zerſtoͤrt worden, mit der ſie allein die Lunge erweitern kann. Eine neue Luft koͤnnen wir nicht geſtatten, weil die Lunge voll iſt. Folglich mus das geſchehen, welches, wie wir gezeigt haben, von einem fortgeſezzten Einatmen geſchicht, es mus naͤmlich das Blut durch die Lunge nicht laufen koͤnnen, es mus ſich in den Gefaͤßen der Lunge anhaͤuſen, in dem rechten Herz- ohre, den naͤchſten Blutadern ſammlen, und die Aengſt- lichkeit, von der die Urſache geſucht wird, entſtehen.
Daher pflegen wir, weil der Naturtrieb nicht be- truͤgt, keine Muͤhe anzuwenden, uns von dieſer Beklem- mung, durch ein neues Einatmen loszumachen, denn da- durch wuͤrden wir die Bruſt nur noch mehr erweitern, ſondern wir ſtoſſen blos durch das Ausatmen, die ver- zehrte Luft aus, und ſo folgt auf dieſes Ausatmen, mit dem Einatmen zugleich, eine neue und geſunde Luft.
§. 17. Die Urſache, warum nothwendiger Weiſe das Ausatmen, auf das Einatmen folgen mus.
Nun gerathen wir an eine bedenkliche Frage, war- um naͤmlich, nach dem Einatmen, das Ausatmen ſo nothwendig ſei, und was vor wirkende Urſachen dieſen neuen Zuſtand der Lunge hervorbringen?
Es haben einige beruͤhmte Maͤnner die Sache mecha- niſch zu erklaͤren geſucht. Jndem naͤmlich die inwendi- gen Ribbenmuskeln ihr Spiel verrichten, ſo wuͤrden davon die aͤuſſern gezogen, ſie empfaͤnden davon eine Beſchwerlichkeit, wenn alſo dieſes Spannen nachlieſſe,
ſo
(e) §. IV.
C c 4
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0413"n="407"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b"><hirendition="#aq">IIII</hi> Abſchn. deſſen Erſcheinnngen.</hi></fw><lb/>
hervorgebrachten Ausdehnung der Lunge her habe <noteplace="foot"n="(e)">§. <hirendition="#aq">IV.</hi></note>.<lb/>
Nun haben wir dieſe Luft weggeraͤumt, denn wir haben<lb/>
gezeigt, daß ihre Federkraft zerſtoͤrt worden, mit der ſie<lb/>
allein die Lunge erweitern kann. Eine neue Luft koͤnnen<lb/>
wir nicht geſtatten, weil die Lunge voll iſt. Folglich mus<lb/>
das geſchehen, welches, wie wir gezeigt haben, von einem<lb/>
fortgeſezzten Einatmen geſchicht, es mus naͤmlich das<lb/>
Blut durch die Lunge nicht laufen koͤnnen, es mus ſich<lb/>
in den Gefaͤßen der Lunge anhaͤuſen, in dem rechten Herz-<lb/>
ohre, den naͤchſten Blutadern ſammlen, und die Aengſt-<lb/>
lichkeit, von der die Urſache geſucht wird, entſtehen.</p><lb/><p>Daher pflegen wir, weil der Naturtrieb nicht be-<lb/>
truͤgt, keine Muͤhe anzuwenden, uns von dieſer Beklem-<lb/>
mung, durch ein neues Einatmen loszumachen, denn da-<lb/>
durch wuͤrden wir die Bruſt nur noch mehr erweitern,<lb/>ſondern wir ſtoſſen blos durch das Ausatmen, die ver-<lb/>
zehrte Luft aus, und ſo folgt auf dieſes Ausatmen, mit<lb/>
dem Einatmen zugleich, eine neue und geſunde Luft.</p></div><lb/><divn="3"><head>§. 17.<lb/><hirendition="#b">Die Urſache, warum nothwendiger Weiſe das<lb/>
Ausatmen, auf das Einatmen folgen mus.</hi></head><lb/><p>Nun gerathen wir an eine bedenkliche Frage, war-<lb/>
um naͤmlich, nach dem Einatmen, das Ausatmen ſo<lb/>
nothwendig ſei, und was vor wirkende Urſachen dieſen<lb/>
neuen Zuſtand der Lunge hervorbringen?</p><lb/><p>Es haben einige beruͤhmte Maͤnner die Sache mecha-<lb/>
niſch zu erklaͤren geſucht. Jndem naͤmlich die inwendi-<lb/>
gen Ribbenmuskeln ihr Spiel verrichten, ſo wuͤrden<lb/>
davon die aͤuſſern gezogen, ſie empfaͤnden davon eine<lb/>
Beſchwerlichkeit, wenn alſo dieſes Spannen nachlieſſe,<lb/><fwplace="bottom"type="sig">C c 4</fw><fwplace="bottom"type="catch">ſo</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[407/0413]
IIII Abſchn. deſſen Erſcheinnngen.
hervorgebrachten Ausdehnung der Lunge her habe (e).
Nun haben wir dieſe Luft weggeraͤumt, denn wir haben
gezeigt, daß ihre Federkraft zerſtoͤrt worden, mit der ſie
allein die Lunge erweitern kann. Eine neue Luft koͤnnen
wir nicht geſtatten, weil die Lunge voll iſt. Folglich mus
das geſchehen, welches, wie wir gezeigt haben, von einem
fortgeſezzten Einatmen geſchicht, es mus naͤmlich das
Blut durch die Lunge nicht laufen koͤnnen, es mus ſich
in den Gefaͤßen der Lunge anhaͤuſen, in dem rechten Herz-
ohre, den naͤchſten Blutadern ſammlen, und die Aengſt-
lichkeit, von der die Urſache geſucht wird, entſtehen.
Daher pflegen wir, weil der Naturtrieb nicht be-
truͤgt, keine Muͤhe anzuwenden, uns von dieſer Beklem-
mung, durch ein neues Einatmen loszumachen, denn da-
durch wuͤrden wir die Bruſt nur noch mehr erweitern,
ſondern wir ſtoſſen blos durch das Ausatmen, die ver-
zehrte Luft aus, und ſo folgt auf dieſes Ausatmen, mit
dem Einatmen zugleich, eine neue und geſunde Luft.
§. 17.
Die Urſache, warum nothwendiger Weiſe das
Ausatmen, auf das Einatmen folgen mus.
Nun gerathen wir an eine bedenkliche Frage, war-
um naͤmlich, nach dem Einatmen, das Ausatmen ſo
nothwendig ſei, und was vor wirkende Urſachen dieſen
neuen Zuſtand der Lunge hervorbringen?
Es haben einige beruͤhmte Maͤnner die Sache mecha-
niſch zu erklaͤren geſucht. Jndem naͤmlich die inwendi-
gen Ribbenmuskeln ihr Spiel verrichten, ſo wuͤrden
davon die aͤuſſern gezogen, ſie empfaͤnden davon eine
Beſchwerlichkeit, wenn alſo dieſes Spannen nachlieſſe,
ſo
(e) §. IV.
C c 4
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 3. Berlin, 1766, S. 407. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende03_1766/413>, abgerufen am 20.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.