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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 3. Berlin, 1766.

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IIII Abschn. dessen Erscheinnngen.

Ueberdem fliest das Blut in lebendigen Thieren,
deren Herz sich zusammenzieht, und mit Gewalt das
Blut in die Lungenschlagadern ausschüttet, nunmehr
viel leichter in die Schlagadern, und folglich auch schnel-
ler, weil die verweilende Falten aufhören, und nun al-
les gerade ist. Besonders aber wird denen Schlagadern
die gröste Kraft des Drukkes, die sie vor dem Einat-
men empfinden musten, nunmehr benommen, nachdem
die ganze Lunge von allen Seiten erweitert ist, und sich
eine Menge Luft aller Orten, um das aus Gefässen ge-
flochtene Nezz herumlegt (k). Denn da die Lunge in
der engen Brust, von den Wänden ihrer Hölung allent-
halben gedrükkt wurde, und Gefässe auf Gefässe, in eine
dichte Nachbarschaft, und die Membranen der Gefässe
auf Membranen gedrengt wurden, so hört nun im Ge-
gentheil, da zwischen den benachbarten Gefässen, und
um dem Peripherien der Gefässe eine Menge leichter Luft
angehäufet wird, der Drukk der Brustwände, und das
Gewichte, der auf einander liegenden nachbarlicher Gefässe
auf, und es ist weiter nichts als Luft vorhanden, welches
auf diese Gefässe drükken könnte.

Hier ist also eine ganz leichte Luft, ein ganz leichter
Drukk da, und dieser Drukk ist nicht grösser, als der
Drukk von 40 Kubikzoll Luft auf die ganze Lunge, oder
der Drukk von 15 Gran (l), die höchstens so geschwinde
bewegt werden, daß sie innerhalb einer Minute neun
Fus durchlaufen, wenn man oben von der Luftröhre, bis
ganz unten in die Lunge hinab, einen Fus zur Entfernung
sezzt, und wenn man annimmt, daß die Luft in einem
einzigen Atemzuge von der untersten Luftröhre, bis zu
den äussersten Bläschen hingelangt.

Doch es ist dergleichen Zusammendrükkung fast für
nichts zu rechnen, wenn man sie mit der Kraft des Her-

zens
(k) [Spaltenumbruch] Kurz zuvor.
(l) [Spaltenumbruch] §. 6. vorherg.
IIII Abſchn. deſſen Erſcheinnngen.

Ueberdem flieſt das Blut in lebendigen Thieren,
deren Herz ſich zuſammenzieht, und mit Gewalt das
Blut in die Lungenſchlagadern ausſchuͤttet, nunmehr
viel leichter in die Schlagadern, und folglich auch ſchnel-
ler, weil die verweilende Falten aufhoͤren, und nun al-
les gerade iſt. Beſonders aber wird denen Schlagadern
die groͤſte Kraft des Drukkes, die ſie vor dem Einat-
men empfinden muſten, nunmehr benommen, nachdem
die ganze Lunge von allen Seiten erweitert iſt, und ſich
eine Menge Luft aller Orten, um das aus Gefaͤſſen ge-
flochtene Nezz herumlegt (k). Denn da die Lunge in
der engen Bruſt, von den Waͤnden ihrer Hoͤlung allent-
halben gedruͤkkt wurde, und Gefaͤſſe auf Gefaͤſſe, in eine
dichte Nachbarſchaft, und die Membranen der Gefaͤſſe
auf Membranen gedrengt wurden, ſo hoͤrt nun im Ge-
gentheil, da zwiſchen den benachbarten Gefaͤſſen, und
um dem Peripherien der Gefaͤſſe eine Menge leichter Luft
angehaͤufet wird, der Drukk der Bruſtwaͤnde, und das
Gewichte, der auf einander liegenden nachbarlicher Gefaͤſſe
auf, und es iſt weiter nichts als Luft vorhanden, welches
auf dieſe Gefaͤſſe druͤkken koͤnnte.

Hier iſt alſo eine ganz leichte Luft, ein ganz leichter
Drukk da, und dieſer Drukk iſt nicht groͤſſer, als der
Drukk von 40 Kubikzoll Luft auf die ganze Lunge, oder
der Drukk von 15 Gran (l), die hoͤchſtens ſo geſchwinde
bewegt werden, daß ſie innerhalb einer Minute neun
Fus durchlaufen, wenn man oben von der Luftroͤhre, bis
ganz unten in die Lunge hinab, einen Fus zur Entfernung
ſezzt, und wenn man annimmt, daß die Luft in einem
einzigen Atemzuge von der unterſten Luftroͤhre, bis zu
den aͤuſſerſten Blaͤschen hingelangt.

Doch es iſt dergleichen Zuſammendruͤkkung faſt fuͤr
nichts zu rechnen, wenn man ſie mit der Kraft des Her-

zens
(k) [Spaltenumbruch] Kurz zuvor.
(l) [Spaltenumbruch] §. 6. vorherg.
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[383/0389] IIII Abſchn. deſſen Erſcheinnngen. Ueberdem flieſt das Blut in lebendigen Thieren, deren Herz ſich zuſammenzieht, und mit Gewalt das Blut in die Lungenſchlagadern ausſchuͤttet, nunmehr viel leichter in die Schlagadern, und folglich auch ſchnel- ler, weil die verweilende Falten aufhoͤren, und nun al- les gerade iſt. Beſonders aber wird denen Schlagadern die groͤſte Kraft des Drukkes, die ſie vor dem Einat- men empfinden muſten, nunmehr benommen, nachdem die ganze Lunge von allen Seiten erweitert iſt, und ſich eine Menge Luft aller Orten, um das aus Gefaͤſſen ge- flochtene Nezz herumlegt (k). Denn da die Lunge in der engen Bruſt, von den Waͤnden ihrer Hoͤlung allent- halben gedruͤkkt wurde, und Gefaͤſſe auf Gefaͤſſe, in eine dichte Nachbarſchaft, und die Membranen der Gefaͤſſe auf Membranen gedrengt wurden, ſo hoͤrt nun im Ge- gentheil, da zwiſchen den benachbarten Gefaͤſſen, und um dem Peripherien der Gefaͤſſe eine Menge leichter Luft angehaͤufet wird, der Drukk der Bruſtwaͤnde, und das Gewichte, der auf einander liegenden nachbarlicher Gefaͤſſe auf, und es iſt weiter nichts als Luft vorhanden, welches auf dieſe Gefaͤſſe druͤkken koͤnnte. Hier iſt alſo eine ganz leichte Luft, ein ganz leichter Drukk da, und dieſer Drukk iſt nicht groͤſſer, als der Drukk von 40 Kubikzoll Luft auf die ganze Lunge, oder der Drukk von 15 Gran (l), die hoͤchſtens ſo geſchwinde bewegt werden, daß ſie innerhalb einer Minute neun Fus durchlaufen, wenn man oben von der Luftroͤhre, bis ganz unten in die Lunge hinab, einen Fus zur Entfernung ſezzt, und wenn man annimmt, daß die Luft in einem einzigen Atemzuge von der unterſten Luftroͤhre, bis zu den aͤuſſerſten Blaͤschen hingelangt. Doch es iſt dergleichen Zuſammendruͤkkung faſt fuͤr nichts zu rechnen, wenn man ſie mit der Kraft des Her- zens (k) Kurz zuvor. (l) §. 6. vorherg.

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Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 3. Berlin, 1766, S. 383. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende03_1766/389>, abgerufen am 25.11.2024.