Mensch nicht hat, welches als ein besondrer Lappen der rechten Lunge, unter der Holader liegt, und diese trägt, sehen können. Denn dieses war, als man die rechte Höhle der Brust eröffnete, selbst voller Luft; es gehörte dieses aber zu eben der, und nicht zur andern linken Brust- höle, und es konnte folglich auch nicht dienen, um die Luft dieser linken Höle zu erweisen. Es ist auch möglich gewesen, daß das wahre Mittelfel, das die Vierfüßigen mit dem Menschen gemein haben, von den neugierigen Fingern der Zuschauer (c), indem man die rechte Brust eröffnete, zerrissen worden. Es ist mir bei meinen Ver- suchen dieses öfters begegnet, man hat aber den Fehler bald entdekkt, wenn ich durch die andre Höle, welche ich noch nicht berührt hatte, unb die folglich ganz seyn muste, Luft einblies. Denn es fuhr diese durch das Loch des zer- rissnen Mittelfells hindurch, und sie zeigte mir bald die Schleichwege (d).
Jch übergehe, was man ferner wieder die Theorie unsrer Gegner vorbringen könnte, z. E. des berühmten Felix(e) Anmerkung, welcher sagt, daß dergleichen in die Brust angenommene Luft, mit ihrer Federkraft, die aus der Atmosphaer in die Lunge niederfahrende Luft, auf- halten, und da solche mit der Lungenluft von einerlei Dichtheit seyn würde, ganz mit gleich grosser Kraft zu- rükke stossen müste. Uebrigens halte ich nicht davor, daß jemand, der von Hipothesen uneingenommen, und von der einmal öffentlich erklärten Meinung, nicht ein Sklafe ist, hierüber noch bei sich Zweifel spühren werde. So sind von den neusten Schriftstellern unsrer Meinung, die ich ehrenthalber nennen mus, J. Friedrich Schreiber(f), Christian Gottlieb Ludwig(g), ferner der sonst bei
man-
[Spaltenumbruch]
des Oribasius. S. 78. ist in der That derjenige Lappen, der allein unter der Holader liegt.
(c)Exp. 68. 69. 84. Vergl. 100. 102. 113. 115.
(d)[Spaltenumbruch]Exp. 65. 66. 84.
(e) Ueber den Arb uthnot. S. 188. u. f.
(f)Almagest. S. 313. u. f.
(g)Physiolog. n. 439.
II. Abſchn. Die Theile in der Bruſt.
Menſch nicht hat, welches als ein beſondrer Lappen der rechten Lunge, unter der Holader liegt, und dieſe traͤgt, ſehen koͤnnen. Denn dieſes war, als man die rechte Hoͤhle der Bruſt eroͤffnete, ſelbſt voller Luft; es gehoͤrte dieſes aber zu eben der, und nicht zur andern linken Bruſt- hoͤle, und es konnte folglich auch nicht dienen, um die Luft dieſer linken Hoͤle zu erweiſen. Es iſt auch moͤglich geweſen, daß das wahre Mittelfel, das die Vierfuͤßigen mit dem Menſchen gemein haben, von den neugierigen Fingern der Zuſchauer (c), indem man die rechte Bruſt eroͤffnete, zerriſſen worden. Es iſt mir bei meinen Ver- ſuchen dieſes oͤfters begegnet, man hat aber den Fehler bald entdekkt, wenn ich durch die andre Hoͤle, welche ich noch nicht beruͤhrt hatte, unb die folglich ganz ſeyn muſte, Luft einblies. Denn es fuhr dieſe durch das Loch des zer- riſſnen Mittelfells hindurch, und ſie zeigte mir bald die Schleichwege (d).
Jch uͤbergehe, was man ferner wieder die Theorie unſrer Gegner vorbringen koͤnnte, z. E. des beruͤhmten Felix(e) Anmerkung, welcher ſagt, daß dergleichen in die Bruſt angenommene Luft, mit ihrer Federkraft, die aus der Atmoſphaer in die Lunge niederfahrende Luft, auf- halten, und da ſolche mit der Lungenluft von einerlei Dichtheit ſeyn wuͤrde, ganz mit gleich groſſer Kraft zu- ruͤkke ſtoſſen muͤſte. Uebrigens halte ich nicht davor, daß jemand, der von Hipotheſen uneingenommen, und von der einmal oͤffentlich erklaͤrten Meinung, nicht ein Sklafe iſt, hieruͤber noch bei ſich Zweifel ſpuͤhren werde. So ſind von den neuſten Schriftſtellern unſrer Meinung, die ich ehrenthalber nennen mus, J. Friedrich Schreiber(f), Chriſtian Gottlieb Ludwig(g), ferner der ſonſt bei
man-
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des Oribaſius. S. 78. iſt in der That derjenige Lappen, der allein unter der Holader liegt.
(c)Exp. 68. 69. 84. Vergl. 100. 102. 113. 115.
(d)[Spaltenumbruch]Exp. 65. 66. 84.
(e) Ueber den Arb uthnot. S. 188. u. f.
(f)Almageſt. S. 313. u. f.
(g)Phyſiolog. n. 439.
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II. Abſchn. Die Theile in der Bruſt.
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rechten Lunge, unter der Holader liegt, und dieſe traͤgt,
ſehen koͤnnen. Denn dieſes war, als man die rechte
Hoͤhle der Bruſt eroͤffnete, ſelbſt voller Luft; es gehoͤrte
dieſes aber zu eben der, und nicht zur andern linken Bruſt-
hoͤle, und es konnte folglich auch nicht dienen, um die
Luft dieſer linken Hoͤle zu erweiſen. Es iſt auch moͤglich
geweſen, daß das wahre Mittelfel, das die Vierfuͤßigen
mit dem Menſchen gemein haben, von den neugierigen
Fingern der Zuſchauer (c), indem man die rechte Bruſt
eroͤffnete, zerriſſen worden. Es iſt mir bei meinen Ver-
ſuchen dieſes oͤfters begegnet, man hat aber den Fehler
bald entdekkt, wenn ich durch die andre Hoͤle, welche ich
noch nicht beruͤhrt hatte, unb die folglich ganz ſeyn muſte,
Luft einblies. Denn es fuhr dieſe durch das Loch des zer-
riſſnen Mittelfells hindurch, und ſie zeigte mir bald die
Schleichwege (d).
Jch uͤbergehe, was man ferner wieder die Theorie
unſrer Gegner vorbringen koͤnnte, z. E. des beruͤhmten
Felix (e) Anmerkung, welcher ſagt, daß dergleichen in
die Bruſt angenommene Luft, mit ihrer Federkraft, die
aus der Atmoſphaer in die Lunge niederfahrende Luft, auf-
halten, und da ſolche mit der Lungenluft von einerlei
Dichtheit ſeyn wuͤrde, ganz mit gleich groſſer Kraft zu-
ruͤkke ſtoſſen muͤſte. Uebrigens halte ich nicht davor, daß
jemand, der von Hipotheſen uneingenommen, und von der
einmal oͤffentlich erklaͤrten Meinung, nicht ein Sklafe iſt,
hieruͤber noch bei ſich Zweifel ſpuͤhren werde. So ſind
von den neuſten Schriftſtellern unſrer Meinung, die ich
ehrenthalber nennen mus, J. Friedrich Schreiber (f),
Chriſtian Gottlieb Ludwig (g), ferner der ſonſt bei
man-
(b)
(c) Exp. 68. 69. 84. Vergl. 100.
102. 113. 115.
(d)
Exp. 65. 66. 84.
(e) Ueber den Arb uthnot. S.
188. u. f.
(f) Almageſt. S. 313. u. f.
(g) Phyſiolog. n. 439.
(b)
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That derjenige Lappen, der allein
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 3. Berlin, 1766, S. 221. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende03_1766/227>, abgerufen am 27.11.2024.
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