es mit den Vögeln beschaffen, wenn kein Theil an ihrer Brust verlezzt worden.
Doch an den Vierfüssigen, und im Menschen, verän- dert sich die Gestalt der Sache. Man mus hier, um vergleichen zu können, die Ribbenhaut entblössen. Die- ses geschicht, entweder wenn man die Zwischenribbenmus- keln auf eine artige Weise wegräumt, damit man nicht die Ribbenhaut verlezze; oder so, daß man den Bauch öfnet, oder man öfnet die rechte Höle der Brust, so daß die linke verschlossen bleibt, und man richtet hierauf die Augen auf das Mittelfell, welches eben die Ribbenhaut ist. Man mag die Ribbenhaut, auf welche Art man will, entblössen, so sieht man an dem Körper eines Menschen, vierfüssigen Thieres, an der Frucht, wie am Erwachsnen, wie die Lunge auf der Ribbenhaut liegt, mit ihrem blauen Netze durch die Ribbenhaut durchscheint, und die ganze Brust von allen Seiten, keinen einzigen Theil ausgenom- men, genau ausfüllt. Aus der Ursache drükkt sich die Lunge gleichsam nach der Form der Brust genau ab, sie ist oberwerts erhaben, welches der berühmte Benjamin Hoadley(c) über diesen Punkt selbst eingesteht; zugleich wird aber auch die Lunge unterwerts ein wenig hol, und sie lieget, mit schief verschnittner Grundfläche, auf dem Zwerchfelle auf. Es läst sich dieser Versuch am Men- schen leichter machen, indem dessen flache, und breite Brust den Handgriff erleichtert. Schon längst hat Nicolaus Massa gelehrt, daß die Lunge die Brust genau ausfülle (d), zu einer Zeit, als man über diese Sache noch nicht strei- tig war. Eben das thaten Felix Plater(e), Franz Sylvius(f)Johann Swammerdam(g)J. Al- fons Borell(h). Dieser nicht ungeübte mechanische
Arzt,
(c)[Spaltenumbruch]
Angef. Ort. app. 6.
(d)Introduct. anat. S. 58. b.
(e)Anat. S. 172. Da er eben das, nur mit grössrer Wirksamkeit, wie- [Spaltenumbruch]
derholet.
(f)Dissert. med. VII. n. 24.
(g) S. 25.
(h) Angef. Ort. Prop. 94.
II. Abſchn. Die Theile in der Bruſt.
es mit den Voͤgeln beſchaffen, wenn kein Theil an ihrer Bruſt verlezzt worden.
Doch an den Vierfuͤſſigen, und im Menſchen, veraͤn- dert ſich die Geſtalt der Sache. Man mus hier, um vergleichen zu koͤnnen, die Ribbenhaut entbloͤſſen. Die- ſes geſchicht, entweder wenn man die Zwiſchenribbenmus- keln auf eine artige Weiſe wegraͤumt, damit man nicht die Ribbenhaut verlezze; oder ſo, daß man den Bauch oͤfnet, oder man oͤfnet die rechte Hoͤle der Bruſt, ſo daß die linke verſchloſſen bleibt, und man richtet hierauf die Augen auf das Mittelfell, welches eben die Ribbenhaut iſt. Man mag die Ribbenhaut, auf welche Art man will, entbloͤſſen, ſo ſieht man an dem Koͤrper eines Menſchen, vierfuͤſſigen Thieres, an der Frucht, wie am Erwachſnen, wie die Lunge auf der Ribbenhaut liegt, mit ihrem blauen Netze durch die Ribbenhaut durchſcheint, und die ganze Bruſt von allen Seiten, keinen einzigen Theil ausgenom- men, genau ausfuͤllt. Aus der Urſache druͤkkt ſich die Lunge gleichſam nach der Form der Bruſt genau ab, ſie iſt oberwerts erhaben, welches der beruͤhmte Benjamin Hoadley(c) uͤber dieſen Punkt ſelbſt eingeſteht; zugleich wird aber auch die Lunge unterwerts ein wenig hol, und ſie lieget, mit ſchief verſchnittner Grundflaͤche, auf dem Zwerchfelle auf. Es laͤſt ſich dieſer Verſuch am Men- ſchen leichter machen, indem deſſen flache, und breite Bruſt den Handgriff erleichtert. Schon laͤngſt hat Nicolaus Maſſa gelehrt, daß die Lunge die Bruſt genau ausfuͤlle (d), zu einer Zeit, als man uͤber dieſe Sache noch nicht ſtrei- tig war. Eben das thaten Felix Plater(e), Franz Sylvius(f)Johann Swammerdam(g)J. Al- fons Borell(h). Dieſer nicht ungeuͤbte mechaniſche
Arzt,
(c)[Spaltenumbruch]
Angef. Ort. app. 6.
(d)Introduct. anat. S. 58. b.
(e)Anat. S. 172. Da er eben das, nur mit groͤſſrer Wirkſamkeit, wie- [Spaltenumbruch]
derholet.
(f)Diſſert. med. VII. n. 24.
(g) S. 25.
(h) Angef. Ort. Prop. 94.
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[205/0211]
II. Abſchn. Die Theile in der Bruſt.
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Bruſt verlezzt worden.
Doch an den Vierfuͤſſigen, und im Menſchen, veraͤn-
dert ſich die Geſtalt der Sache. Man mus hier, um
vergleichen zu koͤnnen, die Ribbenhaut entbloͤſſen. Die-
ſes geſchicht, entweder wenn man die Zwiſchenribbenmus-
keln auf eine artige Weiſe wegraͤumt, damit man nicht
die Ribbenhaut verlezze; oder ſo, daß man den Bauch
oͤfnet, oder man oͤfnet die rechte Hoͤle der Bruſt, ſo daß
die linke verſchloſſen bleibt, und man richtet hierauf die
Augen auf das Mittelfell, welches eben die Ribbenhaut
iſt. Man mag die Ribbenhaut, auf welche Art man will,
entbloͤſſen, ſo ſieht man an dem Koͤrper eines Menſchen,
vierfuͤſſigen Thieres, an der Frucht, wie am Erwachſnen,
wie die Lunge auf der Ribbenhaut liegt, mit ihrem blauen
Netze durch die Ribbenhaut durchſcheint, und die ganze
Bruſt von allen Seiten, keinen einzigen Theil ausgenom-
men, genau ausfuͤllt. Aus der Urſache druͤkkt ſich die
Lunge gleichſam nach der Form der Bruſt genau ab, ſie
iſt oberwerts erhaben, welches der beruͤhmte Benjamin
Hoadley (c) uͤber dieſen Punkt ſelbſt eingeſteht; zugleich
wird aber auch die Lunge unterwerts ein wenig hol, und
ſie lieget, mit ſchief verſchnittner Grundflaͤche, auf dem
Zwerchfelle auf. Es laͤſt ſich dieſer Verſuch am Men-
ſchen leichter machen, indem deſſen flache, und breite Bruſt
den Handgriff erleichtert. Schon laͤngſt hat Nicolaus
Maſſa gelehrt, daß die Lunge die Bruſt genau ausfuͤlle (d),
zu einer Zeit, als man uͤber dieſe Sache noch nicht ſtrei-
tig war. Eben das thaten Felix Plater (e), Franz
Sylvius (f) Johann Swammerdam (g) J. Al-
fons Borell (h). Dieſer nicht ungeuͤbte mechaniſche
Arzt,
(c)
Angef. Ort. app. 6.
(d) Introduct. anat. S. 58. b.
(e) Anat. S. 172. Da er eben das,
nur mit groͤſſrer Wirkſamkeit, wie-
derholet.
(f) Diſſert. med. VII. n. 24.
(g) S. 25.
(h) Angef. Ort. Prop. 94.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 3. Berlin, 1766, S. 205. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende03_1766/211>, abgerufen am 23.11.2024.
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