Körpers, und was dieser Mann sonst von dergleichen Aus- drükken mehr schriftlich hinterlassen hat.
Endlich so verlangte Lorenz Bellin(x), daß man ihm ein Ferment einräumen sollte, welches Blut und Narungsmilch auflöse, und beide Auflösungen den ab- sondernden Organen überliefre. Jndessen wiederlegte doch eben dieser Gelerte die besondren Fermenten, und er ist der erste, der mit grossem Nuzzen die Ursachen er- klärt hat, warum diese chimische Kezzerei keinen Be- stand haben könnte. Wenn man nämlich sezzet, daß fich im Eingeweide ein Ferment aufhält, welches das Geblüte dieses Eingeweides in dessen Natur verwandelt, so mus man auch den Ursprung dieses Ferments ange- ben können. Man sezze, es sey ein schon fertiges im Blute zugegen, so wird man noch nicht klug werden können, warum jede einzelne Säfte, in jeden einzelnen Theilen des menschlichen Körpers, von der allgemeinen Blutmasse abgeschieden werden. Verlangt man lieber, daß das Ferment erst im Eingeweide von dem Blute erzeugt werde, so hat man wieder die alte Frage zu beantworten. Denn man hat einmal darauf bestanden, daß die Veränderungen der Säfte von einem Fermente herrühren sollen; nun gesteht man, daß das Blut im gegebnen Eingeweide in ein Ferment verwandelt wor- den; folglich bleibt nichts übrig, als ein anderes Fer- ment anzuweisen, wodurch das Blut die Natur eines Ferments erhalten könne; und auf diese Art würde man immer Fermenten von Fermenten nötig haben und in diesen Bedürfnissen kein Ende finden (x*).
Befindet man es vor besser, in jedem Eingeweide Fermenten anzunehmen, die zugleich mit dem Menschen entsprungen seyn sollen, welches beinahe die Meinung des Helmonts und Paskals war, so entstehet wieder
eine
(x)[Spaltenumbruch]Propos. XXXVII.
(x*)[Spaltenumbruch]Propos. XXXIX.
der Verſchiedenheit der Saͤfte.
Koͤrpers, und was dieſer Mann ſonſt von dergleichen Aus- druͤkken mehr ſchriftlich hinterlaſſen hat.
Endlich ſo verlangte Lorenz Bellin(x), daß man ihm ein Ferment einraͤumen ſollte, welches Blut und Narungsmilch aufloͤſe, und beide Aufloͤſungen den ab- ſondernden Organen uͤberliefre. Jndeſſen wiederlegte doch eben dieſer Gelerte die beſondren Fermenten, und er iſt der erſte, der mit groſſem Nuzzen die Urſachen er- klaͤrt hat, warum dieſe chimiſche Kezzerei keinen Be- ſtand haben koͤnnte. Wenn man naͤmlich ſezzet, daß fich im Eingeweide ein Ferment aufhaͤlt, welches das Gebluͤte dieſes Eingeweides in deſſen Natur verwandelt, ſo mus man auch den Urſprung dieſes Ferments ange- ben koͤnnen. Man ſezze, es ſey ein ſchon fertiges im Blute zugegen, ſo wird man noch nicht klug werden koͤnnen, warum jede einzelne Saͤfte, in jeden einzelnen Theilen des menſchlichen Koͤrpers, von der allgemeinen Blutmaſſe abgeſchieden werden. Verlangt man lieber, daß das Ferment erſt im Eingeweide von dem Blute erzeugt werde, ſo hat man wieder die alte Frage zu beantworten. Denn man hat einmal darauf beſtanden, daß die Veraͤnderungen der Saͤfte von einem Fermente herruͤhren ſollen; nun geſteht man, daß das Blut im gegebnen Eingeweide in ein Ferment verwandelt wor- den; folglich bleibt nichts uͤbrig, als ein anderes Fer- ment anzuweiſen, wodurch das Blut die Natur eines Ferments erhalten koͤnne; und auf dieſe Art wuͤrde man immer Fermenten von Fermenten noͤtig haben und in dieſen Beduͤrfniſſen kein Ende finden (x*).
Befindet man es vor beſſer, in jedem Eingeweide Fermenten anzunehmen, die zugleich mit dem Menſchen entſprungen ſeyn ſollen, welches beinahe die Meinung des Helmonts und Paskals war, ſo entſtehet wieder
eine
(x)[Spaltenumbruch]Propoſ. XXXVII.
(x*)[Spaltenumbruch]Propoſ. XXXIX.
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der Verſchiedenheit der Saͤfte.
Koͤrpers, und was dieſer Mann ſonſt von dergleichen Aus-
druͤkken mehr ſchriftlich hinterlaſſen hat.
Endlich ſo verlangte Lorenz Bellin (x), daß man
ihm ein Ferment einraͤumen ſollte, welches Blut und
Narungsmilch aufloͤſe, und beide Aufloͤſungen den ab-
ſondernden Organen uͤberliefre. Jndeſſen wiederlegte
doch eben dieſer Gelerte die beſondren Fermenten, und
er iſt der erſte, der mit groſſem Nuzzen die Urſachen er-
klaͤrt hat, warum dieſe chimiſche Kezzerei keinen Be-
ſtand haben koͤnnte. Wenn man naͤmlich ſezzet, daß
fich im Eingeweide ein Ferment aufhaͤlt, welches das
Gebluͤte dieſes Eingeweides in deſſen Natur verwandelt,
ſo mus man auch den Urſprung dieſes Ferments ange-
ben koͤnnen. Man ſezze, es ſey ein ſchon fertiges im
Blute zugegen, ſo wird man noch nicht klug werden
koͤnnen, warum jede einzelne Saͤfte, in jeden einzelnen
Theilen des menſchlichen Koͤrpers, von der allgemeinen
Blutmaſſe abgeſchieden werden. Verlangt man lieber,
daß das Ferment erſt im Eingeweide von dem Blute
erzeugt werde, ſo hat man wieder die alte Frage zu
beantworten. Denn man hat einmal darauf beſtanden,
daß die Veraͤnderungen der Saͤfte von einem Fermente
herruͤhren ſollen; nun geſteht man, daß das Blut im
gegebnen Eingeweide in ein Ferment verwandelt wor-
den; folglich bleibt nichts uͤbrig, als ein anderes Fer-
ment anzuweiſen, wodurch das Blut die Natur eines
Ferments erhalten koͤnne; und auf dieſe Art wuͤrde man
immer Fermenten von Fermenten noͤtig haben und in
dieſen Beduͤrfniſſen kein Ende finden (x*).
Befindet man es vor beſſer, in jedem Eingeweide
Fermenten anzunehmen, die zugleich mit dem Menſchen
entſprungen ſeyn ſollen, welches beinahe die Meinung
des Helmonts und Paskals war, ſo entſtehet wieder
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Propoſ. XXXVII.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 2. Berlin, 1762, S. 765. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende02_1762/785>, abgerufen am 22.11.2024.
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