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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 2. Berlin, 1762.

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der Verschiedenheit der Säfte.
als Wasser. Jch habe oft mit Augen gesehen, daß,
wenn man diesen sehr heftigen Husten mit warmer Milch
besänftigt gehabt, das Uebel auf der Stelle nachge-
lassen, sobald auch nur ein ganz weniges von ordentli-
chem Schleime ausgeworfen worden. Es zeiget dieses
nämlich an, daß nunmehr die Gewalt der Schärfe stumf
gemacht ist und der Schleim in seinen Bläschen ge-
wönlicher Maassen Zeit zu verweilen bekommen hat.
Eben so sind die Gedärme mit einem sehr zähen Schleime
überzogen. Doch sobald ein scharfes Klistir durch den
Mastdarm heraufgetrieben und die emfindliche Beschaf-
fenheit des Darms rege gemacht worden, so entstehet so-
gleich ein solches dünnes Wasser darinnen, dergleichen,
wie ich gesehen, von der Furcht oder dem Zorne durch
den Stul abgefürt wird. Von der Harnröhre habe ich
ebenfalls gesagt (l), daß diese ein gelbliches Wasser nicht
ohne Schmerzen von sich gibt, wenn man in dieselbe ei-
ne scharfe Flüßigkeit sprizzet. Selbst das so zähe Oh-
renschmalz wird nicht anders, als flüßig befunden, wenn
das Ohr eine Weile gereizt worden und das Schmalz,
wie es entsteht, hervordringt. Jch habe gesehen, daß
selbiges weder bitter, noch dikk, sondern bleichgelb und
wie ein weiches Oel zum Vorschein gekommen. Statt
des Saamens pfleget sich nach übertriebnem Beischla-
fe, oder in demjenigen Saamenflusse, welcher nach einer
giftartigen Verschwürung dieser Werkzeuge erfolgt, ein
Tropfen von unkräftigem Wasser nach dem andern zu er-
gissen. Die Galle flisset wie ein Flieswasser aus der Le-
ber heraus (m): sie wird aber in der Gallenblase so dikk,
daß sie sich zu Fäden ziehen lässet, nachdem sie eine Zeit-
lang in diesem Behälter stille gestanden.

Es ist also kein Zweifel, daß nicht ein Saft in sei-
nen Bläschen dikk werden sollte. Man braucht keine

Mühe,
(l) [Spaltenumbruch] 7. Buch. 3. Abschn. §. 12.
(m) [Spaltenumbruch] 7. B. 3. Abschn. §. 13.

der Verſchiedenheit der Saͤfte.
als Waſſer. Jch habe oft mit Augen geſehen, daß,
wenn man dieſen ſehr heftigen Huſten mit warmer Milch
beſaͤnftigt gehabt, das Uebel auf der Stelle nachge-
laſſen, ſobald auch nur ein ganz weniges von ordentli-
chem Schleime ausgeworfen worden. Es zeiget dieſes
naͤmlich an, daß nunmehr die Gewalt der Schaͤrfe ſtumf
gemacht iſt und der Schleim in ſeinen Blaͤschen ge-
woͤnlicher Maaſſen Zeit zu verweilen bekommen hat.
Eben ſo ſind die Gedaͤrme mit einem ſehr zaͤhen Schleime
uͤberzogen. Doch ſobald ein ſcharfes Kliſtir durch den
Maſtdarm heraufgetrieben und die emfindliche Beſchaf-
fenheit des Darms rege gemacht worden, ſo entſtehet ſo-
gleich ein ſolches duͤnnes Waſſer darinnen, dergleichen,
wie ich geſehen, von der Furcht oder dem Zorne durch
den Stul abgefuͤrt wird. Von der Harnroͤhre habe ich
ebenfalls geſagt (l), daß dieſe ein gelbliches Waſſer nicht
ohne Schmerzen von ſich gibt, wenn man in dieſelbe ei-
ne ſcharfe Fluͤßigkeit ſprizzet. Selbſt das ſo zaͤhe Oh-
renſchmalz wird nicht anders, als fluͤßig befunden, wenn
das Ohr eine Weile gereizt worden und das Schmalz,
wie es entſteht, hervordringt. Jch habe geſehen, daß
ſelbiges weder bitter, noch dikk, ſondern bleichgelb und
wie ein weiches Oel zum Vorſchein gekommen. Statt
des Saamens pfleget ſich nach uͤbertriebnem Beiſchla-
fe, oder in demjenigen Saamenfluſſe, welcher nach einer
giftartigen Verſchwuͤrung dieſer Werkzeuge erfolgt, ein
Tropfen von unkraͤftigem Waſſer nach dem andern zu er-
giſſen. Die Galle fliſſet wie ein Flieswaſſer aus der Le-
ber heraus (m): ſie wird aber in der Gallenblaſe ſo dikk,
daß ſie ſich zu Faͤden ziehen laͤſſet, nachdem ſie eine Zeit-
lang in dieſem Behaͤlter ſtille geſtanden.

Es iſt alſo kein Zweifel, daß nicht ein Saft in ſei-
nen Blaͤschen dikk werden ſollte. Man braucht keine

Muͤhe,
(l) [Spaltenumbruch] 7. Buch. 3. Abſchn. §. 12.
(m) [Spaltenumbruch] 7. B. 3. Abſchn. §. 13.
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[733/0753] der Verſchiedenheit der Saͤfte. als Waſſer. Jch habe oft mit Augen geſehen, daß, wenn man dieſen ſehr heftigen Huſten mit warmer Milch beſaͤnftigt gehabt, das Uebel auf der Stelle nachge- laſſen, ſobald auch nur ein ganz weniges von ordentli- chem Schleime ausgeworfen worden. Es zeiget dieſes naͤmlich an, daß nunmehr die Gewalt der Schaͤrfe ſtumf gemacht iſt und der Schleim in ſeinen Blaͤschen ge- woͤnlicher Maaſſen Zeit zu verweilen bekommen hat. Eben ſo ſind die Gedaͤrme mit einem ſehr zaͤhen Schleime uͤberzogen. Doch ſobald ein ſcharfes Kliſtir durch den Maſtdarm heraufgetrieben und die emfindliche Beſchaf- fenheit des Darms rege gemacht worden, ſo entſtehet ſo- gleich ein ſolches duͤnnes Waſſer darinnen, dergleichen, wie ich geſehen, von der Furcht oder dem Zorne durch den Stul abgefuͤrt wird. Von der Harnroͤhre habe ich ebenfalls geſagt (l), daß dieſe ein gelbliches Waſſer nicht ohne Schmerzen von ſich gibt, wenn man in dieſelbe ei- ne ſcharfe Fluͤßigkeit ſprizzet. Selbſt das ſo zaͤhe Oh- renſchmalz wird nicht anders, als fluͤßig befunden, wenn das Ohr eine Weile gereizt worden und das Schmalz, wie es entſteht, hervordringt. Jch habe geſehen, daß ſelbiges weder bitter, noch dikk, ſondern bleichgelb und wie ein weiches Oel zum Vorſchein gekommen. Statt des Saamens pfleget ſich nach uͤbertriebnem Beiſchla- fe, oder in demjenigen Saamenfluſſe, welcher nach einer giftartigen Verſchwuͤrung dieſer Werkzeuge erfolgt, ein Tropfen von unkraͤftigem Waſſer nach dem andern zu er- giſſen. Die Galle fliſſet wie ein Flieswaſſer aus der Le- ber heraus (m): ſie wird aber in der Gallenblaſe ſo dikk, daß ſie ſich zu Faͤden ziehen laͤſſet, nachdem ſie eine Zeit- lang in dieſem Behaͤlter ſtille geſtanden. Es iſt alſo kein Zweifel, daß nicht ein Saft in ſei- nen Blaͤschen dikk werden ſollte. Man braucht keine Muͤhe, (l) 7. Buch. 3. Abſchn. §. 12. (m) 7. B. 3. Abſchn. §. 13.

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Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 2. Berlin, 1762, S. 733. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende02_1762/753>, abgerufen am 22.11.2024.