Gange des Kinbakkens herbeiflisset. Ein anderes Bei- spiel geben die Trähnen, als deren Absonderung von einer traurigen, oder von einer über alles Erwarten freu- digen Nachricht eben so, als durch die bekante Zwiebeln, oder beissenden Rauch beschleunigt wird. Es erregen aber auch die verliebte Gedanken im Träumenden öfter- mals die sonst beschwerliche Ergissung des Saamens, indem zugleich ohnezweifel die mäßige Flüßigkeit der Vorsteher angewachsen, welche in gesunden Männern, so bald sie sich erzeugt, wieder eingesogen wird, und nun plötzlich Ueberhand nimmt und deutlich hervordringt (q): denn es ist der gröste Theil von dem, was man Saamen nennt, eine Hervorbringung des Vorstehers (Saamen- drüse). Ferner so pflegt in furchtsamen Personen, und auch in unvernünftigen Thieren, wenn man diese grau- samen Martern unterwirft, das Schrekken plözlich, die in der Haut zurükkegetretne Ausdünstungsmaterie, aufs Gedärme zu ziehen, so daß davon der vorrätige Unrat völlig verdünnt wird. Der Zorn wendet den Flus der Galle (r) ebenfalls aufs Gedärme, oft stösset er das Blut (s) durch die Nase aus, so daß selbiges die Ge- fässe des Schleimes, oder der Damfmündungen durch- brechen mus.
Hiernächst gehöret noch zu der nähern Beherrschung dieser Scheidungswege diejenige wundernswürdige Ver- änderung des Harns, welche in hipochondrischen Perso- nen, bei einer unangenemen Nachricht, wie ich selbst ge- sehen, die Harnblafe plözlich reizet, daß derselbe seine Farbe verliert, und wie ein klares Wasser zum Vor- schein kömmt (t), so gar wärt dieser felerhafte Zufall
lange
(q)[Spaltenumbruch]
Die weisse Farbe des Saa- mens rühret von der Milch der Vorsteher her.
(r)pechlin Obs. 25. L. III.
(s)[Spaltenumbruch]Comment. ad Praelect. roerhaavii T. IV. S. 447.
(t)kühn Motus musoul. mo- menta aliqua. S. 15.
Siebendes Buch. Die Urſachen
Gange des Kinbakkens herbeifliſſet. Ein anderes Bei- ſpiel geben die Traͤhnen, als deren Abſonderung von einer traurigen, oder von einer uͤber alles Erwarten freu- digen Nachricht eben ſo, als durch die bekante Zwiebeln, oder beiſſenden Rauch beſchleunigt wird. Es erregen aber auch die verliebte Gedanken im Traͤumenden oͤfter- mals die ſonſt beſchwerliche Ergiſſung des Saamens, indem zugleich ohnezweifel die maͤßige Fluͤßigkeit der Vorſteher angewachſen, welche in geſunden Maͤnnern, ſo bald ſie ſich erzeugt, wieder eingeſogen wird, und nun ploͤtzlich Ueberhand nimmt und deutlich hervordringt (q): denn es iſt der groͤſte Theil von dem, was man Saamen nennt, eine Hervorbringung des Vorſtehers (Saamen- druͤſe). Ferner ſo pflegt in furchtſamen Perſonen, und auch in unvernuͤnftigen Thieren, wenn man dieſe grau- ſamen Martern unterwirft, das Schrekken ploͤzlich, die in der Haut zuruͤkkegetretne Ausduͤnſtungsmaterie, aufs Gedaͤrme zu ziehen, ſo daß davon der vorraͤtige Unrat voͤllig verduͤnnt wird. Der Zorn wendet den Flus der Galle (r) ebenfalls aufs Gedaͤrme, oft ſtoͤſſet er das Blut (s) durch die Naſe aus, ſo daß ſelbiges die Ge- faͤſſe des Schleimes, oder der Damfmuͤndungen durch- brechen mus.
Hiernaͤchſt gehoͤret noch zu der naͤhern Beherrſchung dieſer Scheidungswege diejenige wundernswuͤrdige Ver- aͤnderung des Harns, welche in hipochondriſchen Perſo- nen, bei einer unangenemen Nachricht, wie ich ſelbſt ge- ſehen, die Harnblafe ploͤzlich reizet, daß derſelbe ſeine Farbe verliert, und wie ein klares Waſſer zum Vor- ſchein koͤmmt (t), ſo gar waͤrt dieſer felerhafte Zufall
lange
(q)[Spaltenumbruch]
Die weiſſe Farbe des Saa- mens ruͤhret von der Milch der Vorſteher her.
(r)pechlin Obſ. 25. L. III.
(s)[Spaltenumbruch]Comment. ad Praelect. roerhaavii T. IV. S. 447.
(t)kühn Motus muſoul. mo- menta aliqua. S. 15.
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Siebendes Buch. Die Urſachen
Gange des Kinbakkens herbeifliſſet. Ein anderes Bei-
ſpiel geben die Traͤhnen, als deren Abſonderung von
einer traurigen, oder von einer uͤber alles Erwarten freu-
digen Nachricht eben ſo, als durch die bekante Zwiebeln,
oder beiſſenden Rauch beſchleunigt wird. Es erregen
aber auch die verliebte Gedanken im Traͤumenden oͤfter-
mals die ſonſt beſchwerliche Ergiſſung des Saamens,
indem zugleich ohnezweifel die maͤßige Fluͤßigkeit der
Vorſteher angewachſen, welche in geſunden Maͤnnern,
ſo bald ſie ſich erzeugt, wieder eingeſogen wird, und nun
ploͤtzlich Ueberhand nimmt und deutlich hervordringt (q):
denn es iſt der groͤſte Theil von dem, was man Saamen
nennt, eine Hervorbringung des Vorſtehers (Saamen-
druͤſe). Ferner ſo pflegt in furchtſamen Perſonen, und
auch in unvernuͤnftigen Thieren, wenn man dieſe grau-
ſamen Martern unterwirft, das Schrekken ploͤzlich, die
in der Haut zuruͤkkegetretne Ausduͤnſtungsmaterie, aufs
Gedaͤrme zu ziehen, ſo daß davon der vorraͤtige Unrat
voͤllig verduͤnnt wird. Der Zorn wendet den Flus der
Galle (r) ebenfalls aufs Gedaͤrme, oft ſtoͤſſet er das
Blut (s) durch die Naſe aus, ſo daß ſelbiges die Ge-
faͤſſe des Schleimes, oder der Damfmuͤndungen durch-
brechen mus.
Hiernaͤchſt gehoͤret noch zu der naͤhern Beherrſchung
dieſer Scheidungswege diejenige wundernswuͤrdige Ver-
aͤnderung des Harns, welche in hipochondriſchen Perſo-
nen, bei einer unangenemen Nachricht, wie ich ſelbſt ge-
ſehen, die Harnblafe ploͤzlich reizet, daß derſelbe ſeine
Farbe verliert, und wie ein klares Waſſer zum Vor-
ſchein koͤmmt (t), ſo gar waͤrt dieſer felerhafte Zufall
lange
(q)
Die weiſſe Farbe des Saa-
mens ruͤhret von der Milch der
Vorſteher her.
(r) pechlin Obſ. 25. L. III.
(s)
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(t) kühn Motus muſoul. mo-
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 2. Berlin, 1762, S. 718. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende02_1762/738>, abgerufen am 16.02.2025.
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