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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 2. Berlin, 1762.

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der Verschiedenheit der Säfte.
und welches die Schläge öfterer wiederholt (m). So
sezzen also die kleinsten gleich weiten Gefässe diesem Her-
zen einen |tausendmal kleinern Wiederstand, als im er-
wachsnen Menschen entgegen: Da also die ausdehnende
Kräfte mächtiger sind, und der Wiederstand um ein vie-
les kleiner ist, so müssen diese Gefässe der Frucht erwei-
tert werden, es kann der Durchmesser, wie er in Män-
nern ist, nicht länger so bleiben, und es werden die
Absondrungsgefässe in der Frucht grösser, als im Man-
ne werden müssen, welches gerade wieder die Hipotese
hinausläuft. Denn es gestattet der berümte Mann den
Absondrungsgefässen der Frucht kein Wachsen.

Doch es leret auch ausserdem das Auge schon, daß
die kleinste Absondrungsgefässe in der Frucht nicht so
gros, als im erwachsnen Menschen seyn können. Schon
der einzige Auswurfporus des Harns, den man in der
That mit blossen Augen sehen kann, hat in Männern
einen solchen Durchmesser, daß die ganze Niere einer
kleinen Leibesfrucht nicht grösser ist, indem man diese
aus einem einzigen solchen harnleitenden Schweislöch-
chen zusammensezzen könnte, da sie doch ausser diesem
Porus notwendiger Weise noch eine Schlagader, und
Blutader in sich fassen mus. Es mus eine Zeit gege-
ben haben, da diese, in bebrüteten Eiern sichtbare, Frucht
gelebt und wirklich dergleichen Niere gehabt hat, und
es war die Leber nicht grösser als ein einziger Ast vom
Gallengange eines erwachsnen Vogels, dergleichen man
mit dem feinsten Auge entdekken könnte. Folglich sind
die Absondrungsgefässe in der Frucht nicht so gros, als
sie im Manne sind.

Ferner, so stimmet diese beständige Entwikklung der
neuen Absondrungskanäle im wachsenden Menschen, gar
nicht mit den Versuchen und der Sache selbst überein.

Man
(m) 4. Buch.
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der Verſchiedenheit der Saͤfte.
und welches die Schlaͤge oͤfterer wiederholt (m). So
ſezzen alſo die kleinſten gleich weiten Gefaͤſſe dieſem Her-
zen einen |tauſendmal kleinern Wiederſtand, als im er-
wachſnen Menſchen entgegen: Da alſo die ausdehnende
Kraͤfte maͤchtiger ſind, und der Wiederſtand um ein vie-
les kleiner iſt, ſo muͤſſen dieſe Gefaͤſſe der Frucht erwei-
tert werden, es kann der Durchmeſſer, wie er in Maͤn-
nern iſt, nicht laͤnger ſo bleiben, und es werden die
Abſondrungsgefaͤſſe in der Frucht groͤſſer, als im Man-
ne werden muͤſſen, welches gerade wieder die Hipoteſe
hinauslaͤuft. Denn es geſtattet der beruͤmte Mann den
Abſondrungsgefaͤſſen der Frucht kein Wachſen.

Doch es leret auch auſſerdem das Auge ſchon, daß
die kleinſte Abſondrungsgefaͤſſe in der Frucht nicht ſo
gros, als im erwachſnen Menſchen ſeyn koͤnnen. Schon
der einzige Auswurfporus des Harns, den man in der
That mit bloſſen Augen ſehen kann, hat in Maͤnnern
einen ſolchen Durchmeſſer, daß die ganze Niere einer
kleinen Leibesfrucht nicht groͤſſer iſt, indem man dieſe
aus einem einzigen ſolchen harnleitenden Schweisloͤch-
chen zuſammenſezzen koͤnnte, da ſie doch auſſer dieſem
Porus notwendiger Weiſe noch eine Schlagader, und
Blutader in ſich faſſen mus. Es mus eine Zeit gege-
ben haben, da dieſe, in bebruͤteten Eiern ſichtbare, Frucht
gelebt und wirklich dergleichen Niere gehabt hat, und
es war die Leber nicht groͤſſer als ein einziger Aſt vom
Gallengange eines erwachſnen Vogels, dergleichen man
mit dem feinſten Auge entdekken koͤnnte. Folglich ſind
die Abſondrungsgefaͤſſe in der Frucht nicht ſo gros, als
ſie im Manne ſind.

Ferner, ſo ſtimmet dieſe beſtaͤndige Entwikklung der
neuen Abſondrungskanaͤle im wachſenden Menſchen, gar
nicht mit den Verſuchen und der Sache ſelbſt uͤberein.

Man
(m) 4. Buch.
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[707/0727] der Verſchiedenheit der Saͤfte. und welches die Schlaͤge oͤfterer wiederholt (m). So ſezzen alſo die kleinſten gleich weiten Gefaͤſſe dieſem Her- zen einen |tauſendmal kleinern Wiederſtand, als im er- wachſnen Menſchen entgegen: Da alſo die ausdehnende Kraͤfte maͤchtiger ſind, und der Wiederſtand um ein vie- les kleiner iſt, ſo muͤſſen dieſe Gefaͤſſe der Frucht erwei- tert werden, es kann der Durchmeſſer, wie er in Maͤn- nern iſt, nicht laͤnger ſo bleiben, und es werden die Abſondrungsgefaͤſſe in der Frucht groͤſſer, als im Man- ne werden muͤſſen, welches gerade wieder die Hipoteſe hinauslaͤuft. Denn es geſtattet der beruͤmte Mann den Abſondrungsgefaͤſſen der Frucht kein Wachſen. Doch es leret auch auſſerdem das Auge ſchon, daß die kleinſte Abſondrungsgefaͤſſe in der Frucht nicht ſo gros, als im erwachſnen Menſchen ſeyn koͤnnen. Schon der einzige Auswurfporus des Harns, den man in der That mit bloſſen Augen ſehen kann, hat in Maͤnnern einen ſolchen Durchmeſſer, daß die ganze Niere einer kleinen Leibesfrucht nicht groͤſſer iſt, indem man dieſe aus einem einzigen ſolchen harnleitenden Schweisloͤch- chen zuſammenſezzen koͤnnte, da ſie doch auſſer dieſem Porus notwendiger Weiſe noch eine Schlagader, und Blutader in ſich faſſen mus. Es mus eine Zeit gege- ben haben, da dieſe, in bebruͤteten Eiern ſichtbare, Frucht gelebt und wirklich dergleichen Niere gehabt hat, und es war die Leber nicht groͤſſer als ein einziger Aſt vom Gallengange eines erwachſnen Vogels, dergleichen man mit dem feinſten Auge entdekken koͤnnte. Folglich ſind die Abſondrungsgefaͤſſe in der Frucht nicht ſo gros, als ſie im Manne ſind. Ferner, ſo ſtimmet dieſe beſtaͤndige Entwikklung der neuen Abſondrungskanaͤle im wachſenden Menſchen, gar nicht mit den Verſuchen und der Sache ſelbſt uͤberein. Man (m) 4. Buch. Y y 2

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Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 2. Berlin, 1762, S. 707. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende02_1762/727>, abgerufen am 22.11.2024.