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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 2. Berlin, 1762.

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Siebendes Buch. Die Absonderung.
von unzälichen Gefässen durchlaufen werden, und daß
in der That der gröste Theil der Eingeweiden von einer
talgartigen Materie erfüllt, aber von einer langen Er-
weichung in schlechtem Wasser zu Gefäschen aufgelöst
wird, so änderte selbiger nach und nach seine Meinung,
und er richtete ohngefehr seit dem Jare 1696 (r) seine
Gedanken dahin, daß er behauptete, daß nicht nur die
Eingeweide, sondern auch die zusammengesezzten (s),
und die meisten einfachen Drüsen ebenfalls (t) überall
durch und durch aus nichts, als Gefäschen bestünden;
er lies also im menschlichen Körper wenig Winkel (u),
wo ein wirklicher Drüsenbau statt finden könnte, übrig.
Sein Hauptgrund lautete so: Es ist nach den Gesezzen
der Hidrostatik bekannt, daß eine Flüßigkeit, die aus
einer kleinen Röhre in ein weites Behältnis herabfällt,
sich in diesem Behältnisse sehr verspäte, und weil daher
die Fortrükkungskraft gemindert, der Seitendrukk aber
grösser wird (x), so werde davon dieses Behältnis ausein-
ander gedrengt. Mit dieser Betrachtung ist der Ver-
such einstimmig, da Wachs oder Talch, welches man
durch schlagaderhafte oder andre Gefässe, in erst welche
Hölung hintreibt, nachdem es seine Geschwindigkeit ver-
loren, mit äusserster Mühe in die kleine Löcherchen tritt,
die sich in dieses Behältnis öffnen, wenn es aber die
Wände des Behältnis erweitert, so verliert es die Ge-
stalt eines Fadens, und verwandelt sich in kleine Knoten
oder Flekken (y). Jn den Eingeweiden aber, füllt die
in die vornemste Schlagader eingesprizzte Talchmaterie,

auch
(r) [Spaltenumbruch] Epist. problem. 1111. darin-
nen er Malpighens Kernchen
verwirft, und zur Ursache angibt,
weil sie von ihrer eignen Beklei-
dung wiederhergestellt worden.
(s) Epist. anat. XV. S. 7. von
den Brüsten.
(t) Von den Drüsen in der Nase
Thes. VI. n. 3. des Magens, eben-
[Spaltenumbruch] das. n. 33. von den Darmdrüsen.
ebendas.
(u) Vergleichet damit den 18. §.
dieses Abschnittes.
(x) Advers. anat. II. n. 3. de fa-
bric. glandul. 52. 54. Thes. X. n.
37.
(y) De glandul. intestinor. peye-
rianis. boerhaave de fabric. glan-
dul.
S. 37.

Siebendes Buch. Die Abſonderung.
von unzaͤlichen Gefaͤſſen durchlaufen werden, und daß
in der That der groͤſte Theil der Eingeweiden von einer
talgartigen Materie erfuͤllt, aber von einer langen Er-
weichung in ſchlechtem Waſſer zu Gefaͤschen aufgeloͤſt
wird, ſo aͤnderte ſelbiger nach und nach ſeine Meinung,
und er richtete ohngefehr ſeit dem Jare 1696 (r) ſeine
Gedanken dahin, daß er behauptete, daß nicht nur die
Eingeweide, ſondern auch die zuſammengeſezzten (s),
und die meiſten einfachen Druͤſen ebenfalls (t) uͤberall
durch und durch aus nichts, als Gefaͤschen beſtuͤnden;
er lies alſo im menſchlichen Koͤrper wenig Winkel (u),
wo ein wirklicher Druͤſenbau ſtatt finden koͤnnte, uͤbrig.
Sein Hauptgrund lautete ſo: Es iſt nach den Geſezzen
der Hidroſtatik bekannt, daß eine Fluͤßigkeit, die aus
einer kleinen Roͤhre in ein weites Behaͤltnis herabfaͤllt,
ſich in dieſem Behaͤltniſſe ſehr verſpaͤte, und weil daher
die Fortruͤkkungskraft gemindert, der Seitendrukk aber
groͤſſer wird (x), ſo werde davon dieſes Behaͤltnis ausein-
ander gedrengt. Mit dieſer Betrachtung iſt der Ver-
ſuch einſtimmig, da Wachs oder Talch, welches man
durch ſchlagaderhafte oder andre Gefaͤſſe, in erſt welche
Hoͤlung hintreibt, nachdem es ſeine Geſchwindigkeit ver-
loren, mit aͤuſſerſter Muͤhe in die kleine Loͤcherchen tritt,
die ſich in dieſes Behaͤltnis oͤffnen, wenn es aber die
Waͤnde des Behaͤltnis erweitert, ſo verliert es die Ge-
ſtalt eines Fadens, und verwandelt ſich in kleine Knoten
oder Flekken (y). Jn den Eingeweiden aber, fuͤllt die
in die vornemſte Schlagader eingeſprizzte Talchmaterie,

auch
(r) [Spaltenumbruch] Epiſt. problem. 1111. darin-
nen er Malpighens Kernchen
verwirft, und zur Urſache angibt,
weil ſie von ihrer eignen Beklei-
dung wiederhergeſtellt worden.
(s) Epiſt. anat. XV. S. 7. von
den Bruͤſten.
(t) Von den Druͤſen in der Naſe
Theſ. VI. n. 3. des Magens, eben-
[Spaltenumbruch] daſ. n. 33. von den Darmdruͤſen.
ebendaſ.
(u) Vergleichet damit den 18. §.
dieſes Abſchnittes.
(x) Adverſ. anat. II. n. 3. de fa-
bric. glandul. 52. 54. Theſ. X. n.
37.
(y) De glandul. inteſtinor. peye-
rianis. boerhaave de fabric. glan-
dul.
S. 37.
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[626/0646] Siebendes Buch. Die Abſonderung. von unzaͤlichen Gefaͤſſen durchlaufen werden, und daß in der That der groͤſte Theil der Eingeweiden von einer talgartigen Materie erfuͤllt, aber von einer langen Er- weichung in ſchlechtem Waſſer zu Gefaͤschen aufgeloͤſt wird, ſo aͤnderte ſelbiger nach und nach ſeine Meinung, und er richtete ohngefehr ſeit dem Jare 1696 (r) ſeine Gedanken dahin, daß er behauptete, daß nicht nur die Eingeweide, ſondern auch die zuſammengeſezzten (s), und die meiſten einfachen Druͤſen ebenfalls (t) uͤberall durch und durch aus nichts, als Gefaͤschen beſtuͤnden; er lies alſo im menſchlichen Koͤrper wenig Winkel (u), wo ein wirklicher Druͤſenbau ſtatt finden koͤnnte, uͤbrig. Sein Hauptgrund lautete ſo: Es iſt nach den Geſezzen der Hidroſtatik bekannt, daß eine Fluͤßigkeit, die aus einer kleinen Roͤhre in ein weites Behaͤltnis herabfaͤllt, ſich in dieſem Behaͤltniſſe ſehr verſpaͤte, und weil daher die Fortruͤkkungskraft gemindert, der Seitendrukk aber groͤſſer wird (x), ſo werde davon dieſes Behaͤltnis ausein- ander gedrengt. Mit dieſer Betrachtung iſt der Ver- ſuch einſtimmig, da Wachs oder Talch, welches man durch ſchlagaderhafte oder andre Gefaͤſſe, in erſt welche Hoͤlung hintreibt, nachdem es ſeine Geſchwindigkeit ver- loren, mit aͤuſſerſter Muͤhe in die kleine Loͤcherchen tritt, die ſich in dieſes Behaͤltnis oͤffnen, wenn es aber die Waͤnde des Behaͤltnis erweitert, ſo verliert es die Ge- ſtalt eines Fadens, und verwandelt ſich in kleine Knoten oder Flekken (y). Jn den Eingeweiden aber, fuͤllt die in die vornemſte Schlagader eingeſprizzte Talchmaterie, auch (r) Epiſt. problem. 1111. darin- nen er Malpighens Kernchen verwirft, und zur Urſache angibt, weil ſie von ihrer eignen Beklei- dung wiederhergeſtellt worden. (s) Epiſt. anat. XV. S. 7. von den Bruͤſten. (t) Von den Druͤſen in der Naſe Theſ. VI. n. 3. des Magens, eben- daſ. n. 33. von den Darmdruͤſen. ebendaſ. (u) Vergleichet damit den 18. §. dieſes Abſchnittes. (x) Adverſ. anat. II. n. 3. de fa- bric. glandul. 52. 54. Theſ. X. n. 37. (y) De glandul. inteſtinor. peye- rianis. boerhaave de fabric. glan- dul. S. 37.

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Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 2. Berlin, 1762, S. 626. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende02_1762/646>, abgerufen am 23.11.2024.