gehen, indem dieses ein Versuch ist, den die Natur selbst an die Hand gibt, und der von äusserster Wichtigkeit ist.
Es hat bereits Hippokrates von den wäßrigen Flüßigkeiten angemerkt, daß sich die Ausdünstungsma- terie aufs Gedärme hinzieht, und, wie er sagt (g), der Leib bei solchen trokken sey, deren Haut weich ist. Es ist nämlich gar gewönlich, daß wenn die Haut von der Kälte getroffen, und die Kleider abgelegt worden, daß man in dem Augenblikke schnell einen Reiz in sich em- finde, als ob man den Harn lassen müste, und daß auch wirklich der Harn weggeht. Michael le Vayer konnte sich niemals die Hände waschen, daß er nicht den Harn lies. Die Sache ist an hipochondrischen und histeri- schen Personen ganz gemein, daß sich mit einer trokknen und kalten Haut, ein zu häufiges und entkräftendes Harnlassen verbindet. Sobald die Ausdünstung auf die Nase zurükkefällt, so erregt selbige das bekannte Nasentröpfeln zur Winterzeit (g*).
Doch man weis auch, daß eine gehemmte Ausdün- stung offnen Leib macht (g**), es mag derselbe von Furcht, oder der ersten Herbstkälte verstopft gewesen seyn, oder man mag die Füsse auf ein küles Plaster sezzen (h), wel- ches ein Mittel ist, das man, wenn der Leib lange Zeit verstopft gewesen, vor eins der nachdrükklichsten hält (h*). Etwas seltner, aber doch den Alten bekannt, ist dasjenige Hülfsmittel, dadurch man die Wassersucht heilet, indem man nämlich die Haut überall genau mit Pech überzieht, damit die zurükkgetriebne Ausdünstung
einen
(g)[Spaltenumbruch]Epidem. L. VI. die übrigen Abfürungen der Ausdünstung und des Schweisses wechseln mit ein- ander ab. bouvart in thes. 1737. Ein Durchlauf mindert die Aus- dünstung. robinson Discharg. S. 80.
(g*)kaauw Perspirat. n. 18.
(g**)[Spaltenumbruch]
Auf Barbados entsteht die Wasserfucht von zurükkgetriebner Ausdünstung. hvghes Hist. nat. S. 35.
(h)innes de ileo S. 35.
(h*)stevenson Essays of Edimb. T. V. S. 895.
Siebendes Buch. Die Abſonderung.
gehen, indem dieſes ein Verſuch iſt, den die Natur ſelbſt an die Hand gibt, und der von aͤuſſerſter Wichtigkeit iſt.
Es hat bereits Hippokrates von den waͤßrigen Fluͤßigkeiten angemerkt, daß ſich die Ausduͤnſtungsma- terie aufs Gedaͤrme hinzieht, und, wie er ſagt (g), der Leib bei ſolchen trokken ſey, deren Haut weich iſt. Es iſt naͤmlich gar gewoͤnlich, daß wenn die Haut von der Kaͤlte getroffen, und die Kleider abgelegt worden, daß man in dem Augenblikke ſchnell einen Reiz in ſich em- finde, als ob man den Harn laſſen muͤſte, und daß auch wirklich der Harn weggeht. Michael le Vayer konnte ſich niemals die Haͤnde waſchen, daß er nicht den Harn lies. Die Sache iſt an hipochondriſchen und hiſteri- ſchen Perſonen ganz gemein, daß ſich mit einer trokknen und kalten Haut, ein zu haͤufiges und entkraͤftendes Harnlaſſen verbindet. Sobald die Ausduͤnſtung auf die Naſe zuruͤkkefaͤllt, ſo erregt ſelbige das bekannte Naſentroͤpfeln zur Winterzeit (g*).
Doch man weis auch, daß eine gehemmte Ausduͤn- ſtung offnen Leib macht (g**), es mag derſelbe von Furcht, oder der erſten Herbſtkaͤlte verſtopft geweſen ſeyn, oder man mag die Fuͤſſe auf ein kuͤles Plaſter ſezzen (h), wel- ches ein Mittel iſt, das man, wenn der Leib lange Zeit verſtopft geweſen, vor eins der nachdruͤkklichſten haͤlt (h*). Etwas ſeltner, aber doch den Alten bekannt, iſt dasjenige Huͤlfsmittel, dadurch man die Waſſerſucht heilet, indem man naͤmlich die Haut uͤberall genau mit Pech uͤberzieht, damit die zuruͤkkgetriebne Ausduͤnſtung
einen
(g)[Spaltenumbruch]Epidem. L. VI. die uͤbrigen Abfuͤrungen der Ausduͤnſtung und des Schweiſſes wechſeln mit ein- ander ab. bouvart in theſ. 1737. Ein Durchlauf mindert die Aus- duͤnſtung. robinſon Diſcharg. S. 80.
(g*)kaauw Perſpirat. n. 18.
(g**)[Spaltenumbruch]
Auf Barbados entſteht die Waſſerfucht von zuruͤkkgetriebner Ausduͤnſtung. hvgheſ Hiſt. nat. S. 35.
(h)inneſ de ileo S. 35.
(h*)ſtevenſon Eſſays of Edimb. T. V. S. 895.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0618"n="598"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Siebendes Buch. Die Abſonderung.</hi></fw><lb/>
gehen, indem dieſes ein Verſuch iſt, den die Natur ſelbſt<lb/>
an die Hand gibt, und der von aͤuſſerſter Wichtigkeit iſt.</p><lb/><p>Es hat bereits <hirendition="#fr">Hippokrates</hi> von den waͤßrigen<lb/>
Fluͤßigkeiten angemerkt, daß ſich die Ausduͤnſtungsma-<lb/>
terie aufs Gedaͤrme hinzieht, und, wie er ſagt <noteplace="foot"n="(g)"><cb/><hirendition="#aq">Epidem. L. VI.</hi> die uͤbrigen<lb/>
Abfuͤrungen der Ausduͤnſtung und<lb/>
des Schweiſſes wechſeln mit ein-<lb/>
ander ab. <hirendition="#aq"><hirendition="#k">bouvart</hi> in theſ.</hi> 1737.<lb/>
Ein Durchlauf mindert die Aus-<lb/>
duͤnſtung. <hirendition="#aq"><hirendition="#k">robinſon</hi> Diſcharg.</hi> S.<lb/>
80.</note>, der<lb/>
Leib bei ſolchen trokken ſey, deren Haut weich iſt. Es<lb/>
iſt naͤmlich gar gewoͤnlich, daß wenn die Haut von der<lb/>
Kaͤlte getroffen, und die Kleider abgelegt worden, daß<lb/>
man in dem Augenblikke ſchnell einen Reiz in ſich em-<lb/>
finde, als ob man den Harn laſſen muͤſte, und daß auch<lb/>
wirklich der Harn weggeht. Michael le <hirendition="#fr">Vayer</hi> konnte<lb/>ſich niemals die Haͤnde waſchen, daß er nicht den Harn<lb/>
lies. Die Sache iſt an hipochondriſchen und hiſteri-<lb/>ſchen Perſonen ganz gemein, daß ſich mit einer trokknen<lb/>
und kalten Haut, ein zu haͤufiges und entkraͤftendes<lb/>
Harnlaſſen verbindet. Sobald die Ausduͤnſtung auf<lb/>
die Naſe zuruͤkkefaͤllt, ſo erregt ſelbige das bekannte<lb/>
Naſentroͤpfeln zur Winterzeit <noteplace="foot"n="(g*)"><hirendition="#aq"><hirendition="#k">kaauw</hi> Perſpirat. n.</hi> 18.</note>.</p><lb/><p>Doch man weis auch, daß eine gehemmte Ausduͤn-<lb/>ſtung offnen Leib macht <noteplace="foot"n="(g**)"><cb/>
Auf Barbados entſteht die<lb/>
Waſſerfucht von zuruͤkkgetriebner<lb/>
Ausduͤnſtung. <hirendition="#aq"><hirendition="#k">hvgheſ</hi> Hiſt. nat.</hi><lb/>
S. 35.</note>, es mag derſelbe von Furcht,<lb/>
oder der erſten Herbſtkaͤlte verſtopft geweſen ſeyn, oder<lb/>
man mag die Fuͤſſe auf ein kuͤles Plaſter ſezzen <noteplace="foot"n="(h)"><hirendition="#aq"><hirendition="#k">inneſ</hi> de ileo</hi> S. 35.</note>, wel-<lb/>
ches ein Mittel iſt, das man, wenn der Leib lange Zeit<lb/>
verſtopft geweſen, vor eins der nachdruͤkklichſten<lb/>
haͤlt <noteplace="foot"n="(h*)"><hirendition="#aq"><hirendition="#k">ſtevenſon</hi> Eſſays of<lb/>
Edimb. T. V.</hi> S. 895.</note>. Etwas ſeltner, aber doch den Alten bekannt,<lb/>
iſt dasjenige Huͤlfsmittel, dadurch man die Waſſerſucht<lb/>
heilet, indem man naͤmlich die Haut uͤberall genau mit<lb/>
Pech uͤberzieht, damit die zuruͤkkgetriebne Ausduͤnſtung<lb/><fwplace="bottom"type="catch">einen</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[598/0618]
Siebendes Buch. Die Abſonderung.
gehen, indem dieſes ein Verſuch iſt, den die Natur ſelbſt
an die Hand gibt, und der von aͤuſſerſter Wichtigkeit iſt.
Es hat bereits Hippokrates von den waͤßrigen
Fluͤßigkeiten angemerkt, daß ſich die Ausduͤnſtungsma-
terie aufs Gedaͤrme hinzieht, und, wie er ſagt (g), der
Leib bei ſolchen trokken ſey, deren Haut weich iſt. Es
iſt naͤmlich gar gewoͤnlich, daß wenn die Haut von der
Kaͤlte getroffen, und die Kleider abgelegt worden, daß
man in dem Augenblikke ſchnell einen Reiz in ſich em-
finde, als ob man den Harn laſſen muͤſte, und daß auch
wirklich der Harn weggeht. Michael le Vayer konnte
ſich niemals die Haͤnde waſchen, daß er nicht den Harn
lies. Die Sache iſt an hipochondriſchen und hiſteri-
ſchen Perſonen ganz gemein, daß ſich mit einer trokknen
und kalten Haut, ein zu haͤufiges und entkraͤftendes
Harnlaſſen verbindet. Sobald die Ausduͤnſtung auf
die Naſe zuruͤkkefaͤllt, ſo erregt ſelbige das bekannte
Naſentroͤpfeln zur Winterzeit (g*).
Doch man weis auch, daß eine gehemmte Ausduͤn-
ſtung offnen Leib macht (g**), es mag derſelbe von Furcht,
oder der erſten Herbſtkaͤlte verſtopft geweſen ſeyn, oder
man mag die Fuͤſſe auf ein kuͤles Plaſter ſezzen (h), wel-
ches ein Mittel iſt, das man, wenn der Leib lange Zeit
verſtopft geweſen, vor eins der nachdruͤkklichſten
haͤlt (h*). Etwas ſeltner, aber doch den Alten bekannt,
iſt dasjenige Huͤlfsmittel, dadurch man die Waſſerſucht
heilet, indem man naͤmlich die Haut uͤberall genau mit
Pech uͤberzieht, damit die zuruͤkkgetriebne Ausduͤnſtung
einen
(g)
Epidem. L. VI. die uͤbrigen
Abfuͤrungen der Ausduͤnſtung und
des Schweiſſes wechſeln mit ein-
ander ab. bouvart in theſ. 1737.
Ein Durchlauf mindert die Aus-
duͤnſtung. robinſon Diſcharg. S.
80.
(g*) kaauw Perſpirat. n. 18.
(g**)
Auf Barbados entſteht die
Waſſerfucht von zuruͤkkgetriebner
Ausduͤnſtung. hvgheſ Hiſt. nat.
S. 35.
(h) inneſ de ileo S. 35.
(h*) ſtevenſon Eſſays of
Edimb. T. V. S. 895.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 2. Berlin, 1762, S. 598. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende02_1762/618>, abgerufen am 29.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.