Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 2. Berlin, 1762.

Bild:
<< vorherige Seite

des Blutes, in den Blutadern.
den Blutadern der Schienenröhre; liegt der Mensch, so
läuft das Blut langsamer in den Blutadern des Rükkens,
und wenn deren ihre Bewegung aufgehoben worden, so
entsteht daraus der heisse Brand. Ueberhaupt ist es also
kein Wunder, wenn ohne den hülfreichen Beistand der
Muskeln, in Personen, die lange stehen, an den Beinen
sehr leicht Blutaderknoten (varix) entstehen, die Beine
schwellen (i), der Unterleib mit Blute angefüllt wird,
und die güldne Ader zu schwellen pflegt (k).

Die Blutadern des Kopfes sind fast die einzigen, de-
nen im Menschen ihr Gewichte zu statten kömmt, welches
bei den Thieren nicht eben so| geschicht, und sie geniessen
in der That die Bequemlichkeit nicht, daß sie das mit an-
gehäuftem Blute überschwemmte Gehirn, fast ohne allen
Beistand der Muskeln, hurtig ausleeren können. Es
weis es jedermann, wie unerträglich das Liegen auf dem
Rükken ist, da doch nicht viel mehr Blut oder Geschwin-
digkeit zu der Zeit in den Gefässen statt findet. Es stürzt
sich nämlich in dieser Lage das Schlagaderblut, da der
Wiederstand seiner Schwere gehoben worden, schneller
ins Gehirn hinein, und es flist das Blutaderblut, da die
helfende Kraft der Schwere fortgeschaft worden, träger
wieder ab.

Da nun aber die Geschwindigkeit des Blutaderblu-
tes von so vielen Ursachen verändert wird, und da diese
Ursachen so plözlich entstehen, und wieder vergehen, be-
sonders die Schwere, die Muskelbewegung und das
Atemholen. Da ferner eben diese Ursachen über das
Schlagaderblut (l) eine viel kleinere Herrschaft ausüben;
so mus man sich durchaus nicht wundern, daß die Ge-
schwindigkeit des Blutaderblutes an sich viel ungewisser
sey, als des Schlagaderbluts seine, und daß solches bald

durch
(i) [Spaltenumbruch] An den Buchdrukkern.
(k) Diese finden sich auch an siz-
zenden Personen.
(l) [Spaltenumbruch] Von dem Gewichte 6. Buch.
1. Abschn. §. 33. Von den Muskeln.
6. Buch. 1. Abschn. §. 41.
M m 5

des Blutes, in den Blutadern.
den Blutadern der Schienenroͤhre; liegt der Menſch, ſo
laͤuft das Blut langſamer in den Blutadern des Ruͤkkens,
und wenn deren ihre Bewegung aufgehoben worden, ſo
entſteht daraus der heiſſe Brand. Ueberhaupt iſt es alſo
kein Wunder, wenn ohne den huͤlfreichen Beiſtand der
Muskeln, in Perſonen, die lange ſtehen, an den Beinen
ſehr leicht Blutaderknoten (varix) entſtehen, die Beine
ſchwellen (i), der Unterleib mit Blute angefuͤllt wird,
und die guͤldne Ader zu ſchwellen pflegt (k).

Die Blutadern des Kopfes ſind faſt die einzigen, de-
nen im Menſchen ihr Gewichte zu ſtatten koͤmmt, welches
bei den Thieren nicht eben ſo| geſchicht, und ſie genieſſen
in der That die Bequemlichkeit nicht, daß ſie das mit an-
gehaͤuftem Blute uͤberſchwemmte Gehirn, faſt ohne allen
Beiſtand der Muskeln, hurtig ausleeren koͤnnen. Es
weis es jedermann, wie unertraͤglich das Liegen auf dem
Ruͤkken iſt, da doch nicht viel mehr Blut oder Geſchwin-
digkeit zu der Zeit in den Gefaͤſſen ſtatt findet. Es ſtuͤrzt
ſich naͤmlich in dieſer Lage das Schlagaderblut, da der
Wiederſtand ſeiner Schwere gehoben worden, ſchneller
ins Gehirn hinein, und es fliſt das Blutaderblut, da die
helfende Kraft der Schwere fortgeſchaft worden, traͤger
wieder ab.

Da nun aber die Geſchwindigkeit des Blutaderblu-
tes von ſo vielen Urſachen veraͤndert wird, und da dieſe
Urſachen ſo ploͤzlich entſtehen, und wieder vergehen, be-
ſonders die Schwere, die Muskelbewegung und das
Atemholen. Da ferner eben dieſe Urſachen uͤber das
Schlagaderblut (l) eine viel kleinere Herrſchaft ausuͤben;
ſo mus man ſich durchaus nicht wundern, daß die Ge-
ſchwindigkeit des Blutaderblutes an ſich viel ungewiſſer
ſey, als des Schlagaderbluts ſeine, und daß ſolches bald

durch
(i) [Spaltenumbruch] An den Buchdrukkern.
(k) Dieſe finden ſich auch an ſiz-
zenden Perſonen.
(l) [Spaltenumbruch] Von dem Gewichte 6. Buch.
1. Abſchn. §. 33. Von den Muskeln.
6. Buch. 1. Abſchn. §. 41.
M m 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0573" n="553"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">des Blutes, in den Blutadern.</hi></fw><lb/>
den Blutadern der Schienenro&#x0364;hre; liegt der Men&#x017F;ch, &#x017F;o<lb/>
la&#x0364;uft das Blut lang&#x017F;amer in den Blutadern des Ru&#x0364;kkens,<lb/>
und wenn deren ihre Bewegung aufgehoben worden, &#x017F;o<lb/>
ent&#x017F;teht daraus der hei&#x017F;&#x017F;e Brand. Ueberhaupt i&#x017F;t es al&#x017F;o<lb/>
kein Wunder, wenn ohne den hu&#x0364;lfreichen Bei&#x017F;tand der<lb/>
Muskeln, in Per&#x017F;onen, die lange &#x017F;tehen, an den Beinen<lb/>
&#x017F;ehr leicht Blutaderknoten (<hi rendition="#aq">varix</hi>) ent&#x017F;tehen, die Beine<lb/>
&#x017F;chwellen <note place="foot" n="(i)"><cb/>
An den Buchdrukkern.</note>, der Unterleib mit Blute angefu&#x0364;llt wird,<lb/>
und die gu&#x0364;ldne Ader zu &#x017F;chwellen pflegt <note place="foot" n="(k)">Die&#x017F;e finden &#x017F;ich auch an &#x017F;iz-<lb/>
zenden Per&#x017F;onen.</note>.</p><lb/>
            <p>Die Blutadern des Kopfes &#x017F;ind fa&#x017F;t die einzigen, de-<lb/>
nen im Men&#x017F;chen ihr Gewichte zu &#x017F;tatten ko&#x0364;mmt, welches<lb/>
bei den Thieren nicht eben &#x017F;o| ge&#x017F;chicht, und &#x017F;ie genie&#x017F;&#x017F;en<lb/>
in der That die Bequemlichkeit nicht, daß &#x017F;ie das mit an-<lb/>
geha&#x0364;uftem Blute u&#x0364;ber&#x017F;chwemmte Gehirn, fa&#x017F;t ohne allen<lb/>
Bei&#x017F;tand der Muskeln, hurtig ausleeren ko&#x0364;nnen. Es<lb/>
weis es jedermann, wie unertra&#x0364;glich das Liegen auf dem<lb/>
Ru&#x0364;kken i&#x017F;t, da doch nicht viel mehr Blut oder Ge&#x017F;chwin-<lb/>
digkeit zu der Zeit in den Gefa&#x0364;&#x017F;&#x017F;en &#x017F;tatt findet. Es &#x017F;tu&#x0364;rzt<lb/>
&#x017F;ich na&#x0364;mlich in die&#x017F;er Lage das Schlagaderblut, da der<lb/>
Wieder&#x017F;tand &#x017F;einer Schwere gehoben worden, &#x017F;chneller<lb/>
ins Gehirn hinein, und es fli&#x017F;t das Blutaderblut, da die<lb/>
helfende Kraft der Schwere fortge&#x017F;chaft worden, tra&#x0364;ger<lb/>
wieder ab.</p><lb/>
            <p>Da nun aber die Ge&#x017F;chwindigkeit des Blutaderblu-<lb/>
tes von &#x017F;o vielen Ur&#x017F;achen vera&#x0364;ndert wird, und da die&#x017F;e<lb/>
Ur&#x017F;achen &#x017F;o plo&#x0364;zlich ent&#x017F;tehen, und wieder vergehen, be-<lb/>
&#x017F;onders die Schwere, die Muskelbewegung und das<lb/>
Atemholen. Da ferner eben die&#x017F;e Ur&#x017F;achen u&#x0364;ber das<lb/>
Schlagaderblut <note place="foot" n="(l)"><cb/>
Von dem Gewichte 6. Buch.<lb/>
1. Ab&#x017F;chn. §. 33. Von den Muskeln.<lb/>
6. Buch. 1. Ab&#x017F;chn. §. 41.</note> eine viel kleinere Herr&#x017F;chaft ausu&#x0364;ben;<lb/>
&#x017F;o mus man &#x017F;ich durchaus nicht wundern, daß die Ge-<lb/>
&#x017F;chwindigkeit des Blutaderblutes an &#x017F;ich viel ungewi&#x017F;&#x017F;er<lb/>
&#x017F;ey, als des Schlagaderbluts &#x017F;eine, und daß &#x017F;olches bald<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">M m 5</fw><fw place="bottom" type="catch">durch</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[553/0573] des Blutes, in den Blutadern. den Blutadern der Schienenroͤhre; liegt der Menſch, ſo laͤuft das Blut langſamer in den Blutadern des Ruͤkkens, und wenn deren ihre Bewegung aufgehoben worden, ſo entſteht daraus der heiſſe Brand. Ueberhaupt iſt es alſo kein Wunder, wenn ohne den huͤlfreichen Beiſtand der Muskeln, in Perſonen, die lange ſtehen, an den Beinen ſehr leicht Blutaderknoten (varix) entſtehen, die Beine ſchwellen (i), der Unterleib mit Blute angefuͤllt wird, und die guͤldne Ader zu ſchwellen pflegt (k). Die Blutadern des Kopfes ſind faſt die einzigen, de- nen im Menſchen ihr Gewichte zu ſtatten koͤmmt, welches bei den Thieren nicht eben ſo| geſchicht, und ſie genieſſen in der That die Bequemlichkeit nicht, daß ſie das mit an- gehaͤuftem Blute uͤberſchwemmte Gehirn, faſt ohne allen Beiſtand der Muskeln, hurtig ausleeren koͤnnen. Es weis es jedermann, wie unertraͤglich das Liegen auf dem Ruͤkken iſt, da doch nicht viel mehr Blut oder Geſchwin- digkeit zu der Zeit in den Gefaͤſſen ſtatt findet. Es ſtuͤrzt ſich naͤmlich in dieſer Lage das Schlagaderblut, da der Wiederſtand ſeiner Schwere gehoben worden, ſchneller ins Gehirn hinein, und es fliſt das Blutaderblut, da die helfende Kraft der Schwere fortgeſchaft worden, traͤger wieder ab. Da nun aber die Geſchwindigkeit des Blutaderblu- tes von ſo vielen Urſachen veraͤndert wird, und da dieſe Urſachen ſo ploͤzlich entſtehen, und wieder vergehen, be- ſonders die Schwere, die Muskelbewegung und das Atemholen. Da ferner eben dieſe Urſachen uͤber das Schlagaderblut (l) eine viel kleinere Herrſchaft ausuͤben; ſo mus man ſich durchaus nicht wundern, daß die Ge- ſchwindigkeit des Blutaderblutes an ſich viel ungewiſſer ſey, als des Schlagaderbluts ſeine, und daß ſolches bald durch (i) An den Buchdrukkern. (k) Dieſe finden ſich auch an ſiz- zenden Perſonen. (l) Von dem Gewichte 6. Buch. 1. Abſchn. §. 33. Von den Muskeln. 6. Buch. 1. Abſchn. §. 41. M m 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende02_1762
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende02_1762/573
Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 2. Berlin, 1762, S. 553. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende02_1762/573>, abgerufen am 22.11.2024.