den Blutadern der Schienenröhre; liegt der Mensch, so läuft das Blut langsamer in den Blutadern des Rükkens, und wenn deren ihre Bewegung aufgehoben worden, so entsteht daraus der heisse Brand. Ueberhaupt ist es also kein Wunder, wenn ohne den hülfreichen Beistand der Muskeln, in Personen, die lange stehen, an den Beinen sehr leicht Blutaderknoten (varix) entstehen, die Beine schwellen (i), der Unterleib mit Blute angefüllt wird, und die güldne Ader zu schwellen pflegt (k).
Die Blutadern des Kopfes sind fast die einzigen, de- nen im Menschen ihr Gewichte zu statten kömmt, welches bei den Thieren nicht eben so| geschicht, und sie geniessen in der That die Bequemlichkeit nicht, daß sie das mit an- gehäuftem Blute überschwemmte Gehirn, fast ohne allen Beistand der Muskeln, hurtig ausleeren können. Es weis es jedermann, wie unerträglich das Liegen auf dem Rükken ist, da doch nicht viel mehr Blut oder Geschwin- digkeit zu der Zeit in den Gefässen statt findet. Es stürzt sich nämlich in dieser Lage das Schlagaderblut, da der Wiederstand seiner Schwere gehoben worden, schneller ins Gehirn hinein, und es flist das Blutaderblut, da die helfende Kraft der Schwere fortgeschaft worden, träger wieder ab.
Da nun aber die Geschwindigkeit des Blutaderblu- tes von so vielen Ursachen verändert wird, und da diese Ursachen so plözlich entstehen, und wieder vergehen, be- sonders die Schwere, die Muskelbewegung und das Atemholen. Da ferner eben diese Ursachen über das Schlagaderblut (l) eine viel kleinere Herrschaft ausüben; so mus man sich durchaus nicht wundern, daß die Ge- schwindigkeit des Blutaderblutes an sich viel ungewisser sey, als des Schlagaderbluts seine, und daß solches bald
durch
(i)[Spaltenumbruch]
An den Buchdrukkern.
(k) Diese finden sich auch an siz- zenden Personen.
(l)[Spaltenumbruch]
Von dem Gewichte 6. Buch. 1. Abschn. §. 33. Von den Muskeln. 6. Buch. 1. Abschn. §. 41.
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des Blutes, in den Blutadern.
den Blutadern der Schienenroͤhre; liegt der Menſch, ſo laͤuft das Blut langſamer in den Blutadern des Ruͤkkens, und wenn deren ihre Bewegung aufgehoben worden, ſo entſteht daraus der heiſſe Brand. Ueberhaupt iſt es alſo kein Wunder, wenn ohne den huͤlfreichen Beiſtand der Muskeln, in Perſonen, die lange ſtehen, an den Beinen ſehr leicht Blutaderknoten (varix) entſtehen, die Beine ſchwellen (i), der Unterleib mit Blute angefuͤllt wird, und die guͤldne Ader zu ſchwellen pflegt (k).
Die Blutadern des Kopfes ſind faſt die einzigen, de- nen im Menſchen ihr Gewichte zu ſtatten koͤmmt, welches bei den Thieren nicht eben ſo| geſchicht, und ſie genieſſen in der That die Bequemlichkeit nicht, daß ſie das mit an- gehaͤuftem Blute uͤberſchwemmte Gehirn, faſt ohne allen Beiſtand der Muskeln, hurtig ausleeren koͤnnen. Es weis es jedermann, wie unertraͤglich das Liegen auf dem Ruͤkken iſt, da doch nicht viel mehr Blut oder Geſchwin- digkeit zu der Zeit in den Gefaͤſſen ſtatt findet. Es ſtuͤrzt ſich naͤmlich in dieſer Lage das Schlagaderblut, da der Wiederſtand ſeiner Schwere gehoben worden, ſchneller ins Gehirn hinein, und es fliſt das Blutaderblut, da die helfende Kraft der Schwere fortgeſchaft worden, traͤger wieder ab.
Da nun aber die Geſchwindigkeit des Blutaderblu- tes von ſo vielen Urſachen veraͤndert wird, und da dieſe Urſachen ſo ploͤzlich entſtehen, und wieder vergehen, be- ſonders die Schwere, die Muskelbewegung und das Atemholen. Da ferner eben dieſe Urſachen uͤber das Schlagaderblut (l) eine viel kleinere Herrſchaft ausuͤben; ſo mus man ſich durchaus nicht wundern, daß die Ge- ſchwindigkeit des Blutaderblutes an ſich viel ungewiſſer ſey, als des Schlagaderbluts ſeine, und daß ſolches bald
durch
(i)[Spaltenumbruch]
An den Buchdrukkern.
(k) Dieſe finden ſich auch an ſiz- zenden Perſonen.
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Von dem Gewichte 6. Buch. 1. Abſchn. §. 33. Von den Muskeln. 6. Buch. 1. Abſchn. §. 41.
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[553/0573]
des Blutes, in den Blutadern.
den Blutadern der Schienenroͤhre; liegt der Menſch, ſo
laͤuft das Blut langſamer in den Blutadern des Ruͤkkens,
und wenn deren ihre Bewegung aufgehoben worden, ſo
entſteht daraus der heiſſe Brand. Ueberhaupt iſt es alſo
kein Wunder, wenn ohne den huͤlfreichen Beiſtand der
Muskeln, in Perſonen, die lange ſtehen, an den Beinen
ſehr leicht Blutaderknoten (varix) entſtehen, die Beine
ſchwellen (i), der Unterleib mit Blute angefuͤllt wird,
und die guͤldne Ader zu ſchwellen pflegt (k).
Die Blutadern des Kopfes ſind faſt die einzigen, de-
nen im Menſchen ihr Gewichte zu ſtatten koͤmmt, welches
bei den Thieren nicht eben ſo| geſchicht, und ſie genieſſen
in der That die Bequemlichkeit nicht, daß ſie das mit an-
gehaͤuftem Blute uͤberſchwemmte Gehirn, faſt ohne allen
Beiſtand der Muskeln, hurtig ausleeren koͤnnen. Es
weis es jedermann, wie unertraͤglich das Liegen auf dem
Ruͤkken iſt, da doch nicht viel mehr Blut oder Geſchwin-
digkeit zu der Zeit in den Gefaͤſſen ſtatt findet. Es ſtuͤrzt
ſich naͤmlich in dieſer Lage das Schlagaderblut, da der
Wiederſtand ſeiner Schwere gehoben worden, ſchneller
ins Gehirn hinein, und es fliſt das Blutaderblut, da die
helfende Kraft der Schwere fortgeſchaft worden, traͤger
wieder ab.
Da nun aber die Geſchwindigkeit des Blutaderblu-
tes von ſo vielen Urſachen veraͤndert wird, und da dieſe
Urſachen ſo ploͤzlich entſtehen, und wieder vergehen, be-
ſonders die Schwere, die Muskelbewegung und das
Atemholen. Da ferner eben dieſe Urſachen uͤber das
Schlagaderblut (l) eine viel kleinere Herrſchaft ausuͤben;
ſo mus man ſich durchaus nicht wundern, daß die Ge-
ſchwindigkeit des Blutaderblutes an ſich viel ungewiſſer
ſey, als des Schlagaderbluts ſeine, und daß ſolches bald
durch
(i)
An den Buchdrukkern.
(k) Dieſe finden ſich auch an ſiz-
zenden Perſonen.
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Von dem Gewichte 6. Buch.
1. Abſchn. §. 33. Von den Muskeln.
6. Buch. 1. Abſchn. §. 41.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 2. Berlin, 1762, S. 553. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende02_1762/573>, abgerufen am 22.11.2024.
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