nun nicht nur die Gerinnungen zerstreut (s), sondern es wendet sich auch das von diesen Schlagadern wegge- wante Blut in die Schlagadern, die von der verwandten Blutader Nebenadern sind (t), mit desto grössrer Heftig- keit hin (u). Ob nun gleich diese Ueberleitungskraft mehr von der Hand des Arztes, als von der Absicht der Natur, ihr Entstehen her hat, so muste man sie doch kennen lernen, da sehr viele Erscheinungen eines belebten Körpers einzig und allein aus diesem Gesezze zu erklären sind. Denn hierzu mus man allen Zusammenflus der Säfte in diejenige Theile rechnen, denen man den Wie- derstand benommen hat, zum Exempel in den Fusbä- dern, erweichenden Pflastern u. s. f.
Hieher gehört das plözliche Uebersteigen des Blutes gegen den Unterleib, den die Nadel des Wundarztes von der Last des Wassers befreit hat. Hieher gehören die Ohnmachten, die von allerlei starken Ausleerungen ent- stehen, indem so gar das Blut vom Herzen in solche Ge- gend herbeieilt. Unter andern habe ich auch diese Wirk- samkeit einer verlezzten Blutader aus der Ursache hier mit angehängt, weil man diese ganze Sache, besonders in Frankreich, in so vielen Schriften behandelt, und dieselbe von den berümtesten Männern in Untersuchung gezogen worden (x). Jndessen scheint es zur Zeit, laut unsern Versuchen, eine ausgemachte Sache zu seyn (y), daß die benachbarte Blutadern in der That ihr Blut ge- gen den Ort der Wunde, mit einer neuen Geschwindig- keit herbeifüren (z), und daß die Schlagadern, welche das Blut zu eben diesem Gliede hinleiten, das Blut mit
einer
(s)[Spaltenumbruch]
Angef. Ort. S. 301. Exp. 151. 155.
(x)[Spaltenumbruch]Premier Memoire sur le mou- vement du sang. Sect. V.
(y) Ebendas. und Second Me- moi. S. 300. u. f.
(z) S. 300. daß eben dieses in unbelebten Röhren geschehe, da- von lese man den helsham. Lect. S. 229.
Sechſtes Buch. Das Fortruͤkken
nun nicht nur die Gerinnungen zerſtreut (s), ſondern es wendet ſich auch das von dieſen Schlagadern wegge- wante Blut in die Schlagadern, die von der verwandten Blutader Nebenadern ſind (t), mit deſto groͤſſrer Heftig- keit hin (u). Ob nun gleich dieſe Ueberleitungskraft mehr von der Hand des Arztes, als von der Abſicht der Natur, ihr Entſtehen her hat, ſo muſte man ſie doch kennen lernen, da ſehr viele Erſcheinungen eines belebten Koͤrpers einzig und allein aus dieſem Geſezze zu erklaͤren ſind. Denn hierzu mus man allen Zuſammenflus der Saͤfte in diejenige Theile rechnen, denen man den Wie- derſtand benommen hat, zum Exempel in den Fusbaͤ- dern, erweichenden Pflaſtern u. ſ. f.
Hieher gehoͤrt das ploͤzliche Ueberſteigen des Blutes gegen den Unterleib, den die Nadel des Wundarztes von der Laſt des Waſſers befreit hat. Hieher gehoͤren die Ohnmachten, die von allerlei ſtarken Ausleerungen ent- ſtehen, indem ſo gar das Blut vom Herzen in ſolche Ge- gend herbeieilt. Unter andern habe ich auch dieſe Wirk- ſamkeit einer verlezzten Blutader aus der Urſache hier mit angehaͤngt, weil man dieſe ganze Sache, beſonders in Frankreich, in ſo vielen Schriften behandelt, und dieſelbe von den beruͤmteſten Maͤnnern in Unterſuchung gezogen worden (x). Jndeſſen ſcheint es zur Zeit, laut unſern Verſuchen, eine ausgemachte Sache zu ſeyn (y), daß die benachbarte Blutadern in der That ihr Blut ge- gen den Ort der Wunde, mit einer neuen Geſchwindig- keit herbeifuͤren (z), und daß die Schlagadern, welche das Blut zu eben dieſem Gliede hinleiten, das Blut mit
einer
(s)[Spaltenumbruch]
Angef. Ort. S. 301. Exp. 151. 155.
(x)[Spaltenumbruch]Premier Memoire ſur le mou- vement du ſang. Sect. V.
(y) Ebendaſ. und Second Me- moi. S. 300. u. f.
(z) S. 300. daß eben dieſes in unbelebten Roͤhren geſchehe, da- von leſe man den helſham. Lect. S. 229.
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Sechſtes Buch. Das Fortruͤkken
nun nicht nur die Gerinnungen zerſtreut (s), ſondern es
wendet ſich auch das von dieſen Schlagadern wegge-
wante Blut in die Schlagadern, die von der verwandten
Blutader Nebenadern ſind (t), mit deſto groͤſſrer Heftig-
keit hin (u). Ob nun gleich dieſe Ueberleitungskraft
mehr von der Hand des Arztes, als von der Abſicht der
Natur, ihr Entſtehen her hat, ſo muſte man ſie doch
kennen lernen, da ſehr viele Erſcheinungen eines belebten
Koͤrpers einzig und allein aus dieſem Geſezze zu erklaͤren
ſind. Denn hierzu mus man allen Zuſammenflus der
Saͤfte in diejenige Theile rechnen, denen man den Wie-
derſtand benommen hat, zum Exempel in den Fusbaͤ-
dern, erweichenden Pflaſtern u. ſ. f.
Hieher gehoͤrt das ploͤzliche Ueberſteigen des Blutes
gegen den Unterleib, den die Nadel des Wundarztes von
der Laſt des Waſſers befreit hat. Hieher gehoͤren die
Ohnmachten, die von allerlei ſtarken Ausleerungen ent-
ſtehen, indem ſo gar das Blut vom Herzen in ſolche Ge-
gend herbeieilt. Unter andern habe ich auch dieſe Wirk-
ſamkeit einer verlezzten Blutader aus der Urſache hier
mit angehaͤngt, weil man dieſe ganze Sache, beſonders
in Frankreich, in ſo vielen Schriften behandelt, und
dieſelbe von den beruͤmteſten Maͤnnern in Unterſuchung
gezogen worden (x). Jndeſſen ſcheint es zur Zeit, laut
unſern Verſuchen, eine ausgemachte Sache zu ſeyn (y),
daß die benachbarte Blutadern in der That ihr Blut ge-
gen den Ort der Wunde, mit einer neuen Geſchwindig-
keit herbeifuͤren (z), und daß die Schlagadern, welche
das Blut zu eben dieſem Gliede hinleiten, das Blut mit
einer
(s)
Angef. Ort. S. 301. Exp.
151. 155.
(t) Exp. 163. 164. 173. 178. 179.
181. 182. 183. 184. 186. 187. 189. 191.
193.
(u) Exp. 163. 173. 178. 182. 183.
184. 186. 187. 189. 191. 193.
(x)
Premier Memoire ſur le mou-
vement du ſang. Sect. V.
(y) Ebendaſ. und Second Me-
moi. S. 300. u. f.
(z) S. 300. daß eben dieſes in
unbelebten Roͤhren geſchehe, da-
von leſe man den helſham. Lect.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 2. Berlin, 1762, S. 532. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende02_1762/552>, abgerufen am 22.11.2024.
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