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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 2. Berlin, 1762.

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bewegten Blutes, in den Schlagadern.
es verwandeln sich auch die noch übrigen Kügelchen in
eine weichlichere und weniger feste Gerinnung, von der
man Exempel hat, daß sie bisweilen für Leichtigkeit auf
dem Salzwasser oben auf geschwommen ist (d).

Wir müssen noch dem Ursprunge der beiden Dicht-
heiten nachspüren. Es hat ein grosser Mann die Ver-
mutung gehabt, daß sich das Blut in der Lunge ver-
dichte (e), weil er geglaubt, das Blut stünde in diesem
Eingeweide ein stärkres Reiben aus: daß das aus der
Lunge rükkehrende Blut in eine engere Blutader zusam-
mengedrengt würde: daß, wenn die Lunge zerstört oder
unbrauchbar geworden, im Geblüte eine schwindsüchtige
Wässrigkeit entstünde (f): daß er sich überredet, die
Fische lieferten einen kleinern und losern Blutkuchen:
daß ein Blut, welches bereits die Wirksamkeit der Lunge
erfaren, in der Blutader dieses Eingeweides überall
gleichförmiger, und von einer blühenden Röthe sey; daß
das Blut in der Lunge schneller umlaufe, und das ge-
sammte Blut des ganzen Thiers in eben der Zeit seinen
Kreislauf verrichte, wenn es in dem ganzen Umfange
des Körpers herumgefürt wird.

Mit dieser Theorie ist in dem Punkte noch eine an-
dre verwant, welche lehret, das Blut werde, von der
durchs Atemholen eingezognen Kälte der Luft, in der
Lunge verdichtet, und ihr folgen, nach dem Karte-
sius
(h), viele Schriftsteller nach.

Jndessen machen wir wider beide Hipotesen die An-
merkungen, daß man in Fröschen und andern Thieren,
die keine Lunge bekommen haben, nicht nur Kügelchen,
sondern auch ein Blut antrift, das sich verdichten läs-
set (i). Es lösen ferner alle Eitergeschwüre das Blut
eben sowohl auf, und man findet in den Lungengeschwü-
(g)

ren
(d) [Spaltenumbruch] Ebenders. S. 172.
(e) boervaave Instit. rei med.
n.
200. 204.
(f) n. 204. 261. Praelect. T. II.
S. 223. 487.
(h) De formati. fet. S. 201.
(i) 5. Buch. 2. Absch. §. 15.
(g) [Spaltenumbruch] n. 204.
K k 2

bewegten Blutes, in den Schlagadern.
es verwandeln ſich auch die noch uͤbrigen Kuͤgelchen in
eine weichlichere und weniger feſte Gerinnung, von der
man Exempel hat, daß ſie bisweilen fuͤr Leichtigkeit auf
dem Salzwaſſer oben auf geſchwommen iſt (d).

Wir muͤſſen noch dem Urſprunge der beiden Dicht-
heiten nachſpuͤren. Es hat ein groſſer Mann die Ver-
mutung gehabt, daß ſich das Blut in der Lunge ver-
dichte (e), weil er geglaubt, das Blut ſtuͤnde in dieſem
Eingeweide ein ſtaͤrkres Reiben aus: daß das aus der
Lunge ruͤkkehrende Blut in eine engere Blutader zuſam-
mengedrengt wuͤrde: daß, wenn die Lunge zerſtoͤrt oder
unbrauchbar geworden, im Gebluͤte eine ſchwindſuͤchtige
Waͤſſrigkeit entſtuͤnde (f): daß er ſich uͤberredet, die
Fiſche lieferten einen kleinern und loſern Blutkuchen:
daß ein Blut, welches bereits die Wirkſamkeit der Lunge
erfaren, in der Blutader dieſes Eingeweides uͤberall
gleichfoͤrmiger, und von einer bluͤhenden Roͤthe ſey; daß
das Blut in der Lunge ſchneller umlaufe, und das ge-
ſammte Blut des ganzen Thiers in eben der Zeit ſeinen
Kreislauf verrichte, wenn es in dem ganzen Umfange
des Koͤrpers herumgefuͤrt wird.

Mit dieſer Theorie iſt in dem Punkte noch eine an-
dre verwant, welche lehret, das Blut werde, von der
durchs Atemholen eingezognen Kaͤlte der Luft, in der
Lunge verdichtet, und ihr folgen, nach dem Karte-
ſius
(h), viele Schriftſteller nach.

Jndeſſen machen wir wider beide Hipoteſen die An-
merkungen, daß man in Froͤſchen und andern Thieren,
die keine Lunge bekommen haben, nicht nur Kuͤgelchen,
ſondern auch ein Blut antrift, das ſich verdichten laͤſ-
ſet (i). Es loͤſen ferner alle Eitergeſchwuͤre das Blut
eben ſowohl auf, und man findet in den Lungengeſchwuͤ-
(g)

ren
(d) [Spaltenumbruch] Ebenderſ. S. 172.
(e) boervaave Inſtit. rei med.
n.
200. 204.
(f) n. 204. 261. Praelect. T. II.
S. 223. 487.
(h) De formati. fet. S. 201.
(i) 5. Buch. 2. Abſch. §. 15.
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K k 2
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[515/0535] bewegten Blutes, in den Schlagadern. es verwandeln ſich auch die noch uͤbrigen Kuͤgelchen in eine weichlichere und weniger feſte Gerinnung, von der man Exempel hat, daß ſie bisweilen fuͤr Leichtigkeit auf dem Salzwaſſer oben auf geſchwommen iſt (d). Wir muͤſſen noch dem Urſprunge der beiden Dicht- heiten nachſpuͤren. Es hat ein groſſer Mann die Ver- mutung gehabt, daß ſich das Blut in der Lunge ver- dichte (e), weil er geglaubt, das Blut ſtuͤnde in dieſem Eingeweide ein ſtaͤrkres Reiben aus: daß das aus der Lunge ruͤkkehrende Blut in eine engere Blutader zuſam- mengedrengt wuͤrde: daß, wenn die Lunge zerſtoͤrt oder unbrauchbar geworden, im Gebluͤte eine ſchwindſuͤchtige Waͤſſrigkeit entſtuͤnde (f): daß er ſich uͤberredet, die Fiſche lieferten einen kleinern und loſern Blutkuchen: daß ein Blut, welches bereits die Wirkſamkeit der Lunge erfaren, in der Blutader dieſes Eingeweides uͤberall gleichfoͤrmiger, und von einer bluͤhenden Roͤthe ſey; daß das Blut in der Lunge ſchneller umlaufe, und das ge- ſammte Blut des ganzen Thiers in eben der Zeit ſeinen Kreislauf verrichte, wenn es in dem ganzen Umfange des Koͤrpers herumgefuͤrt wird. Mit dieſer Theorie iſt in dem Punkte noch eine an- dre verwant, welche lehret, das Blut werde, von der durchs Atemholen eingezognen Kaͤlte der Luft, in der Lunge verdichtet, und ihr folgen, nach dem Karte- ſius (h), viele Schriftſteller nach. Jndeſſen machen wir wider beide Hipoteſen die An- merkungen, daß man in Froͤſchen und andern Thieren, die keine Lunge bekommen haben, nicht nur Kuͤgelchen, ſondern auch ein Blut antrift, das ſich verdichten laͤſ- ſet (i). Es loͤſen ferner alle Eitergeſchwuͤre das Blut eben ſowohl auf, und man findet in den Lungengeſchwuͤ- ren (g) (d) Ebenderſ. S. 172. (e) boervaave Inſtit. rei med. n. 200. 204. (f) n. 204. 261. Praelect. T. II. S. 223. 487. (h) De formati. fet. S. 201. (i) 5. Buch. 2. Abſch. §. 15. (g) n. 204. K k 2

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Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 2. Berlin, 1762, S. 515. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende02_1762/535>, abgerufen am 16.07.2024.