in die Gefässe eines Thieres gesprizzt hatte (k), gar nicht warm werden wollte.
Um näher auf die Thiere und ihre Säfte zu kom- men (l), so hätten die Gegner einwenden können, daß nicht bei allen Thieren von kaltem Blute die Pulsschläge langsam geschehen. Jndem der Frosch 68 thut, das ist mehr, als im Pferde, und sie wachsen bis 95 und 100 (m), wenn man Reizmittel zu Hülfe nimmt, da doch im Menschen eine so ansenliche Pulswiederholung Fieber erregt. Ferner bewegen sich in kalten Fischen die Säfte gar nicht träge und kraftlos, da es unter dieser Klasse Thiere gibt, welche an Schnelligkeit auch den flüchtigsten Pferden zuvorkommen, und an Dauer im Schnellschwimmen dieselbe unendlich übertreffen. We- nigstens erinnere ich mich, gelesen zu haben, daß der Hundfisch (grosse Seehund mit drei Zahnreihen, Lamen- tin) den die Matrosen leicht an einer emfangnen Wunde kennen konnten, funfzehn Tage und eben so viel Nächte dasjenige Schiff verfolgte, welches die Dänischen Hei- denbekehrer an Bord hatte (n): da doch dieses Schiff Tag und Nacht über, bei gutem Winde, sechzig und mehr Meilen zurükklegte. Folglich hatte dieses Ungeheuer beinahe 120000 Toisen (von 6 Fus) innerhalb vier und zwanzig Stunden, und in einer Stunde 5000, in einer Sekunde aber über 8 Fus durchschwommen; folglich bewegte es sich drei- und mehrmal schneller, als das Blut durch die Aorte eines Menschen rinnt. Und doch ist das Blut in diesen Thieren fast in gleichem Grade mit dem Wasser kalt. Man hat überdies lange beobachtet, und zwar zu eben dieser Absicht, daß das Herz in der Schild-
kröte
(k)[Spaltenumbruch]gorter de perspirat. c. 8.
(l) Damit man nicht der vori- gen Meinung zum Behufe mit dem berümten Bartsch annehme, menschliche Säfte hätten eine ganz andre Natur, als das Wasser hat. de calor. animal. S. 11.
(m)[Spaltenumbruch]Whytt angef. Ort. S. 350.
(n) Jch habe dieses in den Mis- sionsgeschichten, davon 84 heraus- gekommen sind, gelesen; es ist mir aber die Stelle aus dem Gedächt- nisse entfallen.
Sechſtes Buch. Die Wirkung des
in die Gefaͤſſe eines Thieres geſprizzt hatte (k), gar nicht warm werden wollte.
Um naͤher auf die Thiere und ihre Saͤfte zu kom- men (l), ſo haͤtten die Gegner einwenden koͤnnen, daß nicht bei allen Thieren von kaltem Blute die Pulsſchlaͤge langſam geſchehen. Jndem der Froſch 68 thut, das iſt mehr, als im Pferde, und ſie wachſen bis 95 und 100 (m), wenn man Reizmittel zu Huͤlfe nimmt, da doch im Menſchen eine ſo anſenliche Pulswiederholung Fieber erregt. Ferner bewegen ſich in kalten Fiſchen die Saͤfte gar nicht traͤge und kraftlos, da es unter dieſer Klaſſe Thiere gibt, welche an Schnelligkeit auch den fluͤchtigſten Pferden zuvorkommen, und an Dauer im Schnellſchwimmen dieſelbe unendlich uͤbertreffen. We- nigſtens erinnere ich mich, geleſen zu haben, daß der Hundfiſch (groſſe Seehund mit drei Zahnreihen, Lamen- tin) den die Matroſen leicht an einer emfangnen Wunde kennen konnten, funfzehn Tage und eben ſo viel Naͤchte dasjenige Schiff verfolgte, welches die Daͤniſchen Hei- denbekehrer an Bord hatte (n): da doch dieſes Schiff Tag und Nacht uͤber, bei gutem Winde, ſechzig und mehr Meilen zuruͤkklegte. Folglich hatte dieſes Ungeheuer beinahe 120000 Toiſen (von 6 Fus) innerhalb vier und zwanzig Stunden, und in einer Stunde 5000, in einer Sekunde aber uͤber 8 Fus durchſchwommen; folglich bewegte es ſich drei- und mehrmal ſchneller, als das Blut durch die Aorte eines Menſchen rinnt. Und doch iſt das Blut in dieſen Thieren faſt in gleichem Grade mit dem Waſſer kalt. Man hat uͤberdies lange beobachtet, und zwar zu eben dieſer Abſicht, daß das Herz in der Schild-
kroͤte
(k)[Spaltenumbruch]gorter de perſpirat. c. 8.
(l) Damit man nicht der vori- gen Meinung zum Behufe mit dem beruͤmten Bartſch annehme, menſchliche Saͤfte haͤtten eine ganz andre Natur, als das Waſſer hat. de calor. animal. S. 11.
(m)[Spaltenumbruch]Whytt angef. Ort. S. 350.
(n) Jch habe dieſes in den Miſ- ſionsgeſchichten, davon 84 heraus- gekommen ſind, geleſen; es iſt mir aber die Stelle aus dem Gedaͤcht- niſſe entfallen.
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[488/0508]
Sechſtes Buch. Die Wirkung des
in die Gefaͤſſe eines Thieres geſprizzt hatte (k), gar nicht
warm werden wollte.
Um naͤher auf die Thiere und ihre Saͤfte zu kom-
men (l), ſo haͤtten die Gegner einwenden koͤnnen, daß
nicht bei allen Thieren von kaltem Blute die Pulsſchlaͤge
langſam geſchehen. Jndem der Froſch 68 thut, das
iſt mehr, als im Pferde, und ſie wachſen bis 95 und
100 (m), wenn man Reizmittel zu Huͤlfe nimmt, da
doch im Menſchen eine ſo anſenliche Pulswiederholung
Fieber erregt. Ferner bewegen ſich in kalten Fiſchen die
Saͤfte gar nicht traͤge und kraftlos, da es unter dieſer
Klaſſe Thiere gibt, welche an Schnelligkeit auch den
fluͤchtigſten Pferden zuvorkommen, und an Dauer im
Schnellſchwimmen dieſelbe unendlich uͤbertreffen. We-
nigſtens erinnere ich mich, geleſen zu haben, daß der
Hundfiſch (groſſe Seehund mit drei Zahnreihen, Lamen-
tin) den die Matroſen leicht an einer emfangnen Wunde
kennen konnten, funfzehn Tage und eben ſo viel Naͤchte
dasjenige Schiff verfolgte, welches die Daͤniſchen Hei-
denbekehrer an Bord hatte (n): da doch dieſes Schiff
Tag und Nacht uͤber, bei gutem Winde, ſechzig und mehr
Meilen zuruͤkklegte. Folglich hatte dieſes Ungeheuer
beinahe 120000 Toiſen (von 6 Fus) innerhalb vier und
zwanzig Stunden, und in einer Stunde 5000, in einer
Sekunde aber uͤber 8 Fus durchſchwommen; folglich
bewegte es ſich drei- und mehrmal ſchneller, als das Blut
durch die Aorte eines Menſchen rinnt. Und doch iſt das
Blut in dieſen Thieren faſt in gleichem Grade mit dem
Waſſer kalt. Man hat uͤberdies lange beobachtet, und
zwar zu eben dieſer Abſicht, daß das Herz in der Schild-
kroͤte
(k)
gorter de perſpirat. c. 8.
(l) Damit man nicht der vori-
gen Meinung zum Behufe mit dem
beruͤmten Bartſch annehme,
menſchliche Saͤfte haͤtten eine ganz
andre Natur, als das Waſſer hat.
de calor. animal. S. 11.
(m)
Whytt angef. Ort. S. 350.
(n) Jch habe dieſes in den Miſ-
ſionsgeſchichten, davon 84 heraus-
gekommen ſind, geleſen; es iſt mir
aber die Stelle aus dem Gedaͤcht-
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 2. Berlin, 1762, S. 488. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende02_1762/508>, abgerufen am 25.11.2024.
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