dings. Jch habe auch bereits vorlängst erinnert (r), daß das Blut ungemein leicht, nach Erforderung der Lage, durch die durchborende Schlagadern von dem Rükken der Hand in die flache Hand wandren, und so umgekehrt wieder aus der flachen Hand in den Handrük- ken übersteigen könne. Dadurch gewinnt das menschliche Leben ein grosses: es findet nämlich dasjenige Blut, wel- ches sich mit fliegendem Strome in eine Schlagader er- gisset, eine Ausflucht, und es stürzt sich in diese Schlag- ader nicht mit derjenigen gesammten Gewalt hinein, die es von dem Herzen mit sich bringt. Es wird aber auch das Blut von einer verstopften Stelle, zum Exempel, an der Gebärmutter, das Blut der Saamenschlagadern in die Unterbauchsadern weggeleitet, damit es nicht mit Nachdrukke auf die Gebärmutter losdringe, und was dergleichen mehr ist. Würde man Belieben finden, die Sache weiter ins Feine hineinzutreiben, so würde man hier den Grund davon einsehen, wodurch die Schnellig- keit des Blutes in den schwersten Krankheiten, und in den Entzündungen selbst, gebrochen wird.
Weiter erfolgt, kraft der Anastomosirungen, ein merkwürdiger Lauf unter den Wellen im Blute, indem zwo gegen einander schlagende Ströme, wieder einander nach entgegengesezzten Richtungen losstürmen (s), und Kugeln wieder Kugeln streiten. Auf diese Art pflegts zu geschehen, daß beide schwimmende Blutsäulen, in einigen Ast, oder in erst welche Mündungen, die sie neben dem Orte des Gefechtes offen finden (t), hineinflüchten. Doch es kann nicht anders seyn, es mus zugleich das Blut einen Theil von seiner Geschwindigkeit einbüssen,
und
(r)[Spaltenumbruch]Premi. Memoi. S. 58.
(s)Second Memoi. Exp. 153. 154. 154*. 155. 157. 171. 173. 175. 176. 178. 180. 182. 187. 190. Denn ob man gleich diese Ströme wie- der in einerlei Kanale, und nicht in der Anastomosirung |zweener [Spaltenumbruch]
Kanäle gesehen hat, so sehe ich nicht, warum nicht die Aeste der leztern Art gleiche Beschaffenheit haben sollen. Jch habe dieses in einer Anastomosirung bei Blut- adern gesehen. Exp. 132.
(t)Exp. 154*) 155. 171. 178. 190.
Sechſtes Buch. Die Wirkung des
dings. Jch habe auch bereits vorlaͤngſt erinnert (r), daß das Blut ungemein leicht, nach Erforderung der Lage, durch die durchborende Schlagadern von dem Ruͤkken der Hand in die flache Hand wandren, und ſo umgekehrt wieder aus der flachen Hand in den Handruͤk- ken uͤberſteigen koͤnne. Dadurch gewinnt das menſchliche Leben ein groſſes: es findet naͤmlich dasjenige Blut, wel- ches ſich mit fliegendem Strome in eine Schlagader er- giſſet, eine Ausflucht, und es ſtuͤrzt ſich in dieſe Schlag- ader nicht mit derjenigen geſammten Gewalt hinein, die es von dem Herzen mit ſich bringt. Es wird aber auch das Blut von einer verſtopften Stelle, zum Exempel, an der Gebaͤrmutter, das Blut der Saamenſchlagadern in die Unterbauchsadern weggeleitet, damit es nicht mit Nachdrukke auf die Gebaͤrmutter losdringe, und was dergleichen mehr iſt. Wuͤrde man Belieben finden, die Sache weiter ins Feine hineinzutreiben, ſo wuͤrde man hier den Grund davon einſehen, wodurch die Schnellig- keit des Blutes in den ſchwerſten Krankheiten, und in den Entzuͤndungen ſelbſt, gebrochen wird.
Weiter erfolgt, kraft der Anaſtomoſirungen, ein merkwuͤrdiger Lauf unter den Wellen im Blute, indem zwo gegen einander ſchlagende Stroͤme, wieder einander nach entgegengeſezzten Richtungen losſtuͤrmen (s), und Kugeln wieder Kugeln ſtreiten. Auf dieſe Art pflegts zu geſchehen, daß beide ſchwimmende Blutſaͤulen, in einigen Aſt, oder in erſt welche Muͤndungen, die ſie neben dem Orte des Gefechtes offen finden (t), hineinfluͤchten. Doch es kann nicht anders ſeyn, es mus zugleich das Blut einen Theil von ſeiner Geſchwindigkeit einbuͤſſen,
und
(r)[Spaltenumbruch]Premi. Memoi. S. 58.
(s)Second Memoi. Exp. 153. 154. 154*. 155. 157. 171. 173. 175. 176. 178. 180. 182. 187. 190. Denn ob man gleich dieſe Stroͤme wie- der in einerlei Kanale, und nicht in der Anaſtomoſirung |zweener [Spaltenumbruch]
Kanaͤle geſehen hat, ſo ſehe ich nicht, warum nicht die Aeſte der leztern Art gleiche Beſchaffenheit haben ſollen. Jch habe dieſes in einer Anaſtomoſirung bei Blut- adern geſehen. Exp. 132.
(t)Exp. 154*) 155. 171. 178. 190.
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[452/0472]
Sechſtes Buch. Die Wirkung des
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daß das Blut ungemein leicht, nach Erforderung der
Lage, durch die durchborende Schlagadern von dem
Ruͤkken der Hand in die flache Hand wandren, und ſo
umgekehrt wieder aus der flachen Hand in den Handruͤk-
ken uͤberſteigen koͤnne. Dadurch gewinnt das menſchliche
Leben ein groſſes: es findet naͤmlich dasjenige Blut, wel-
ches ſich mit fliegendem Strome in eine Schlagader er-
giſſet, eine Ausflucht, und es ſtuͤrzt ſich in dieſe Schlag-
ader nicht mit derjenigen geſammten Gewalt hinein, die
es von dem Herzen mit ſich bringt. Es wird aber auch
das Blut von einer verſtopften Stelle, zum Exempel,
an der Gebaͤrmutter, das Blut der Saamenſchlagadern
in die Unterbauchsadern weggeleitet, damit es nicht mit
Nachdrukke auf die Gebaͤrmutter losdringe, und was
dergleichen mehr iſt. Wuͤrde man Belieben finden, die
Sache weiter ins Feine hineinzutreiben, ſo wuͤrde man
hier den Grund davon einſehen, wodurch die Schnellig-
keit des Blutes in den ſchwerſten Krankheiten, und in
den Entzuͤndungen ſelbſt, gebrochen wird.
Weiter erfolgt, kraft der Anaſtomoſirungen, ein
merkwuͤrdiger Lauf unter den Wellen im Blute, indem
zwo gegen einander ſchlagende Stroͤme, wieder einander
nach entgegengeſezzten Richtungen losſtuͤrmen (s), und
Kugeln wieder Kugeln ſtreiten. Auf dieſe Art pflegts
zu geſchehen, daß beide ſchwimmende Blutſaͤulen, in
einigen Aſt, oder in erſt welche Muͤndungen, die ſie neben
dem Orte des Gefechtes offen finden (t), hineinfluͤchten.
Doch es kann nicht anders ſeyn, es mus zugleich das
Blut einen Theil von ſeiner Geſchwindigkeit einbuͤſſen,
und
(r)
Premi. Memoi. S. 58.
(s) Second Memoi. Exp. 153.
154. 154*. 155. 157. 171. 173. 175.
176. 178. 180. 182. 187. 190. Denn
ob man gleich dieſe Stroͤme wie-
der in einerlei Kanale, und nicht
in der Anaſtomoſirung |zweener
Kanaͤle geſehen hat, ſo ſehe ich
nicht, warum nicht die Aeſte der
leztern Art gleiche Beſchaffenheit
haben ſollen. Jch habe dieſes in
einer Anaſtomoſirung bei Blut-
adern geſehen. Exp. 132.
(t) Exp. 154*) 155. 171. 178. 190.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 2. Berlin, 1762, S. 452. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende02_1762/472>, abgerufen am 16.02.2025.
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