Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 2. Berlin, 1762.

Bild:
<< vorherige Seite

Sechstes Buch. Die Seitenbewegung
fortzutreiben: denn ich übergehe hier diejenige seltne
Ausnahmen, welche machen, daß sich der Pulsschlag,
ohne daß das Herz daran Schuld hätte, von selbst ver-
ändert. Folglich wird der Pulsschlag oft oder häufig
geschehen, so oft sich das Herz in einer gegebnen Zeit
mehrmalen zusammenzieht. Geschwinde wird er seyn,
wenn die Zusammenziehung des Herzens in dem kleinsten
Zeitpunkte verrichtet wird.

Man hat nicht recht gewust, ob man einen schnel-
len und öftern Pulsschlag von einander unterscheiden
dörfe. Daß beide in der That von einander unterschie-
den sind, behaupten alte (a) und neue (b) Schriftsteller,
und unter andern vornämlich George Ernst Stahl (c).
Sie scheinen mir aber auch selbst von einander unterschie-
den zu seyn. Es können gleichfals in einer Minute
sechzig Pulsschläge geschehen, und dennoch kann die Zu-
sammenziehung des Hezens in noch kürzerer Zeit verrich-
tet werden, als sie vorher pflegte, so daß also die Er-
weiterung länger währt. Daß sich dieses in der That so
verhalten könne, erhellet aus der Betrachtung der kal-
ten Thiere, und eines bebrüteten Hünchen im Eie. Denn
es geschehen an kalten Thieren (d) in einer Minute wenig
Pulsschläge, weil die Zwischenzeiten zwischen zween Puls-
schlägen sehr gros sind, und nicht weil das Herz so sehr
langsam sich zusammenzieht. Eben so habe ich auch an
einem Hünchen (e), welches noch im Eie liegt, zuver-
läßig gesehen, daß die Pulsschläge gar nicht häufig ge-
schehen, und daß sich in einer Minute das Herz viermal,
zweimal, und gar nur ein einzigesmal zusammenzog: und

doch
(a) [Spaltenumbruch] galenvs de different. puls.
L. I. c. 7. philaretvs
u. f.
(b) Thomas morgan Philos.
princip. of medecine
S. 400. G.
C. schelhammer de pulsu.
S. 417.
Barth. de moor de methodo do-
cendi medicinam.
S. 18.
(c) [Spaltenumbruch] Jm Programma, de diffe-
rent. pulsus celer. et frequentis,

im T. II. unsrer Disput. wieder
aufgelegt.
(d) Die Langsamkeit an einem
Aale. staehelin de pulsu. S. 16.
(e) Memoi. sur la formation du
coeur. T. II.
S. 111.

Sechſtes Buch. Die Seitenbewegung
fortzutreiben: denn ich uͤbergehe hier diejenige ſeltne
Ausnahmen, welche machen, daß ſich der Pulsſchlag,
ohne daß das Herz daran Schuld haͤtte, von ſelbſt ver-
aͤndert. Folglich wird der Pulsſchlag oft oder haͤufig
geſchehen, ſo oft ſich das Herz in einer gegebnen Zeit
mehrmalen zuſammenzieht. Geſchwinde wird er ſeyn,
wenn die Zuſammenziehung des Herzens in dem kleinſten
Zeitpunkte verrichtet wird.

Man hat nicht recht gewuſt, ob man einen ſchnel-
len und oͤftern Pulsſchlag von einander unterſcheiden
doͤrfe. Daß beide in der That von einander unterſchie-
den ſind, behaupten alte (a) und neue (b) Schriftſteller,
und unter andern vornaͤmlich George Ernſt Stahl (c).
Sie ſcheinen mir aber auch ſelbſt von einander unterſchie-
den zu ſeyn. Es koͤnnen gleichfals in einer Minute
ſechzig Pulsſchlaͤge geſchehen, und dennoch kann die Zu-
ſammenziehung des Hezens in noch kuͤrzerer Zeit verrich-
tet werden, als ſie vorher pflegte, ſo daß alſo die Er-
weiterung laͤnger waͤhrt. Daß ſich dieſes in der That ſo
verhalten koͤnne, erhellet aus der Betrachtung der kal-
ten Thiere, und eines bebruͤteten Huͤnchen im Eie. Denn
es geſchehen an kalten Thieren (d) in einer Minute wenig
Pulsſchlaͤge, weil die Zwiſchenzeiten zwiſchen zween Puls-
ſchlaͤgen ſehr gros ſind, und nicht weil das Herz ſo ſehr
langſam ſich zuſammenzieht. Eben ſo habe ich auch an
einem Huͤnchen (e), welches noch im Eie liegt, zuver-
laͤßig geſehen, daß die Pulsſchlaͤge gar nicht haͤufig ge-
ſchehen, und daß ſich in einer Minute das Herz viermal,
zweimal, und gar nur ein einzigesmal zuſammenzog: und

doch
(a) [Spaltenumbruch] galenvſ de different. pulſ.
L. I. c. 7. philaretvſ
u. f.
(b) Thomas morgan Philoſ.
princip. of medecine
S. 400. G.
C. ſchelhammer de pulſu.
S. 417.
Barth. de moor de methodo do-
cendi medicinam.
S. 18.
(c) [Spaltenumbruch] Jm Programma, de diffe-
rent. pulſus celer. et frequentis,

im T. II. unſrer Diſput. wieder
aufgelegt.
(d) Die Langſamkeit an einem
Aale. ſtaehelin de pulſu. S. 16.
(e) Memoi. ſur la formation du
coeur. T. II.
S. 111.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0420" n="400"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Sech&#x017F;tes Buch. Die Seitenbewegung</hi></fw><lb/>
fortzutreiben: denn ich u&#x0364;bergehe hier diejenige &#x017F;eltne<lb/>
Ausnahmen, welche machen, daß &#x017F;ich der Puls&#x017F;chlag,<lb/>
ohne daß das Herz daran Schuld ha&#x0364;tte, von &#x017F;elb&#x017F;t ver-<lb/>
a&#x0364;ndert. Folglich wird der Puls&#x017F;chlag <hi rendition="#fr">oft</hi> oder <hi rendition="#fr">ha&#x0364;ufig</hi><lb/>
ge&#x017F;chehen, &#x017F;o oft &#x017F;ich das Herz in einer gegebnen Zeit<lb/>
mehrmalen zu&#x017F;ammenzieht. <hi rendition="#fr">Ge&#x017F;chwinde</hi> wird er &#x017F;eyn,<lb/>
wenn die Zu&#x017F;ammenziehung des Herzens in dem klein&#x017F;ten<lb/>
Zeitpunkte verrichtet wird.</p><lb/>
            <p>Man hat nicht recht gewu&#x017F;t, ob man einen &#x017F;chnel-<lb/>
len und o&#x0364;ftern Puls&#x017F;chlag von einander unter&#x017F;cheiden<lb/>
do&#x0364;rfe. Daß beide in der That von einander unter&#x017F;chie-<lb/>
den &#x017F;ind, behaupten alte <note place="foot" n="(a)"><cb/><hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">galenv&#x017F;</hi> de different. pul&#x017F;.<lb/>
L. I. c. 7. <hi rendition="#k">philaretv&#x017F;</hi></hi> u. f.</note> und neue <note place="foot" n="(b)"><hi rendition="#aq">Thomas <hi rendition="#k">morgan</hi> Philo&#x017F;.<lb/>
princip. of medecine</hi> S. 400. <hi rendition="#aq">G.<lb/>
C. <hi rendition="#k">&#x017F;chelhammer</hi> de pul&#x017F;u.</hi> S. 417.<lb/><hi rendition="#aq">Barth. de <hi rendition="#k">moor</hi> de methodo do-<lb/>
cendi medicinam.</hi> S. 18.</note> Schrift&#x017F;teller,<lb/>
und unter andern vorna&#x0364;mlich George Ern&#x017F;t <hi rendition="#fr">Stahl</hi> <note place="foot" n="(c)"><cb/>
Jm Programma, <hi rendition="#aq">de diffe-<lb/>
rent. pul&#x017F;us celer. et frequentis,</hi><lb/>
im <hi rendition="#aq">T. II.</hi> un&#x017F;rer <hi rendition="#aq">Di&#x017F;put.</hi> wieder<lb/>
aufgelegt.</note>.<lb/>
Sie &#x017F;cheinen mir aber auch &#x017F;elb&#x017F;t von einander unter&#x017F;chie-<lb/>
den zu &#x017F;eyn. Es ko&#x0364;nnen gleichfals in einer Minute<lb/>
&#x017F;echzig Puls&#x017F;chla&#x0364;ge ge&#x017F;chehen, und dennoch kann die Zu-<lb/>
&#x017F;ammenziehung des Hezens in noch ku&#x0364;rzerer Zeit verrich-<lb/>
tet werden, als &#x017F;ie vorher pflegte, &#x017F;o daß al&#x017F;o die Er-<lb/>
weiterung la&#x0364;nger wa&#x0364;hrt. Daß &#x017F;ich die&#x017F;es in der That &#x017F;o<lb/>
verhalten ko&#x0364;nne, erhellet aus der Betrachtung der kal-<lb/>
ten Thiere, und eines bebru&#x0364;teten Hu&#x0364;nchen im Eie. Denn<lb/>
es ge&#x017F;chehen an kalten Thieren <note place="foot" n="(d)">Die Lang&#x017F;amkeit an einem<lb/>
Aale. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">&#x017F;taehelin</hi> de pul&#x017F;u.</hi> S. 16.</note> in einer Minute wenig<lb/>
Puls&#x017F;chla&#x0364;ge, weil die Zwi&#x017F;chenzeiten zwi&#x017F;chen zween Puls-<lb/>
&#x017F;chla&#x0364;gen &#x017F;ehr gros &#x017F;ind, und nicht weil das Herz &#x017F;o &#x017F;ehr<lb/>
lang&#x017F;am &#x017F;ich zu&#x017F;ammenzieht. Eben &#x017F;o habe ich auch an<lb/>
einem Hu&#x0364;nchen <note place="foot" n="(e)"><hi rendition="#aq">Memoi. &#x017F;ur la formation du<lb/>
coeur. T. II.</hi> S. 111.</note>, welches noch im Eie liegt, zuver-<lb/>
la&#x0364;ßig ge&#x017F;ehen, daß die Puls&#x017F;chla&#x0364;ge gar nicht ha&#x0364;ufig ge-<lb/>
&#x017F;chehen, und daß &#x017F;ich in einer Minute das Herz viermal,<lb/>
zweimal, und gar nur ein einzigesmal zu&#x017F;ammenzog: und<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">doch</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[400/0420] Sechſtes Buch. Die Seitenbewegung fortzutreiben: denn ich uͤbergehe hier diejenige ſeltne Ausnahmen, welche machen, daß ſich der Pulsſchlag, ohne daß das Herz daran Schuld haͤtte, von ſelbſt ver- aͤndert. Folglich wird der Pulsſchlag oft oder haͤufig geſchehen, ſo oft ſich das Herz in einer gegebnen Zeit mehrmalen zuſammenzieht. Geſchwinde wird er ſeyn, wenn die Zuſammenziehung des Herzens in dem kleinſten Zeitpunkte verrichtet wird. Man hat nicht recht gewuſt, ob man einen ſchnel- len und oͤftern Pulsſchlag von einander unterſcheiden doͤrfe. Daß beide in der That von einander unterſchie- den ſind, behaupten alte (a) und neue (b) Schriftſteller, und unter andern vornaͤmlich George Ernſt Stahl (c). Sie ſcheinen mir aber auch ſelbſt von einander unterſchie- den zu ſeyn. Es koͤnnen gleichfals in einer Minute ſechzig Pulsſchlaͤge geſchehen, und dennoch kann die Zu- ſammenziehung des Hezens in noch kuͤrzerer Zeit verrich- tet werden, als ſie vorher pflegte, ſo daß alſo die Er- weiterung laͤnger waͤhrt. Daß ſich dieſes in der That ſo verhalten koͤnne, erhellet aus der Betrachtung der kal- ten Thiere, und eines bebruͤteten Huͤnchen im Eie. Denn es geſchehen an kalten Thieren (d) in einer Minute wenig Pulsſchlaͤge, weil die Zwiſchenzeiten zwiſchen zween Puls- ſchlaͤgen ſehr gros ſind, und nicht weil das Herz ſo ſehr langſam ſich zuſammenzieht. Eben ſo habe ich auch an einem Huͤnchen (e), welches noch im Eie liegt, zuver- laͤßig geſehen, daß die Pulsſchlaͤge gar nicht haͤufig ge- ſchehen, und daß ſich in einer Minute das Herz viermal, zweimal, und gar nur ein einzigesmal zuſammenzog: und doch (a) galenvſ de different. pulſ. L. I. c. 7. philaretvſ u. f. (b) Thomas morgan Philoſ. princip. of medecine S. 400. G. C. ſchelhammer de pulſu. S. 417. Barth. de moor de methodo do- cendi medicinam. S. 18. (c) Jm Programma, de diffe- rent. pulſus celer. et frequentis, im T. II. unſrer Diſput. wieder aufgelegt. (d) Die Langſamkeit an einem Aale. ſtaehelin de pulſu. S. 16. (e) Memoi. ſur la formation du coeur. T. II. S. 111.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende02_1762
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende02_1762/420
Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 2. Berlin, 1762, S. 400. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende02_1762/420>, abgerufen am 22.11.2024.