sich gleich die Ader in ihrer stärksten Verengerung, oder in der Zusammenziehung befindet, welche vor der Ein- name einer neuen Blutwelle unmittelbar vorhergeht: denn ob der Sprung des Blutes gleich in der Zusam- menziehung einer Schlagader niedriger geschicht (r), so währet er doch in eins fort, und er hört nicht auf, wenn das Herz wieder in seiner Erweiterung ruhig wird. Jch habe diesen Versuch an den Kranzschlagadern, und endlich an der Aorte selbst angestellt, und ich glaube auch nicht, daß sich jemand finden sollte, welcher dieser Er- farung wiederspräche.
Jch habe mich aber der Thiere von kaltem Blute vor- züglich bedient, um die Natur näher zu erforschen, und die Bewegung des Blutes durch die durchsichtige Ader- häute eigentlicher zu betrachten: demnach habe ich öfters mit Augen gesehen, daß Schlagadern in muntern Thie- ren, so lange sich das Blut in ihnen bewegte, ohne Un- terlas angefüllt sind, theils denn, wenn das vom zusam- mengezognen Herzen mit neuer Gewalt fortgetriebne Blut, die erste Welle warf, als auch denn, wenn diese schnelle Welle wieder verschwand, und das ruhig geword- ne Herz sich von seiner Anstrengung erholte. Hieraus würde nun vornämlich folgen, daß eine Schlagader mit Blut ehe angefüllt sey, bevor sie eine neue Blut- welle vom Herzen emfange. Jch mag hier nicht, so leicht es mir wäre, Schriftsteller anfüren, die eben die- ses wargenommen.
Jch sehe aber, daß man wider diesen Versuch ver- schiednes, und zwar ziemlich warscheinliche Gründe, ein- wenden kann; und es kam selbst in meinen Geschichten über die Thierzergliederung nicht selten vor, daß in Frö- schen, die etliche Tage schlechter gefüttert waren (t), die
Schlag-
(r)[Spaltenumbruch]
6. Buch. 1. Abschn. §. 39.
(t)Second Memoi. sur le mou- [Spaltenumbruch]
vem. du sang. Exp. 74. 84. 218. 233.
Sechſtes Buch. Die Seitenbewegung
ſich gleich die Ader in ihrer ſtaͤrkſten Verengerung, oder in der Zuſammenziehung befindet, welche vor der Ein- name einer neuen Blutwelle unmittelbar vorhergeht: denn ob der Sprung des Blutes gleich in der Zuſam- menziehung einer Schlagader niedriger geſchicht (r), ſo waͤhret er doch in eins fort, und er hoͤrt nicht auf, wenn das Herz wieder in ſeiner Erweiterung ruhig wird. Jch habe dieſen Verſuch an den Kranzſchlagadern, und endlich an der Aorte ſelbſt angeſtellt, und ich glaube auch nicht, daß ſich jemand finden ſollte, welcher dieſer Er- farung wiederſpraͤche.
Jch habe mich aber der Thiere von kaltem Blute vor- zuͤglich bedient, um die Natur naͤher zu erforſchen, und die Bewegung des Blutes durch die durchſichtige Ader- haͤute eigentlicher zu betrachten: demnach habe ich oͤfters mit Augen geſehen, daß Schlagadern in muntern Thie- ren, ſo lange ſich das Blut in ihnen bewegte, ohne Un- terlas angefuͤllt ſind, theils denn, wenn das vom zuſam- mengezognen Herzen mit neuer Gewalt fortgetriebne Blut, die erſte Welle warf, als auch denn, wenn dieſe ſchnelle Welle wieder verſchwand, und das ruhig geword- ne Herz ſich von ſeiner Anſtrengung erholte. Hieraus wuͤrde nun vornaͤmlich folgen, daß eine Schlagader mit Blut ehe angefuͤllt ſey, bevor ſie eine neue Blut- welle vom Herzen emfange. Jch mag hier nicht, ſo leicht es mir waͤre, Schriftſteller anfuͤren, die eben die- ſes wargenommen.
Jch ſehe aber, daß man wider dieſen Verſuch ver- ſchiednes, und zwar ziemlich warſcheinliche Gruͤnde, ein- wenden kann; und es kam ſelbſt in meinen Geſchichten uͤber die Thierzergliederung nicht ſelten vor, daß in Froͤ- ſchen, die etliche Tage ſchlechter gefuͤttert waren (t), die
Schlag-
(r)[Spaltenumbruch]
6. Buch. 1. Abſchn. §. 39.
(t)Second Memoi. ſur le mou- [Spaltenumbruch]
vem. du ſang. Exp. 74. 84. 218. 233.
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Sechſtes Buch. Die Seitenbewegung
ſich gleich die Ader in ihrer ſtaͤrkſten Verengerung, oder
in der Zuſammenziehung befindet, welche vor der Ein-
name einer neuen Blutwelle unmittelbar vorhergeht:
denn ob der Sprung des Blutes gleich in der Zuſam-
menziehung einer Schlagader niedriger geſchicht (r), ſo
waͤhret er doch in eins fort, und er hoͤrt nicht auf, wenn
das Herz wieder in ſeiner Erweiterung ruhig wird.
Jch habe dieſen Verſuch an den Kranzſchlagadern, und
endlich an der Aorte ſelbſt angeſtellt, und ich glaube auch
nicht, daß ſich jemand finden ſollte, welcher dieſer Er-
farung wiederſpraͤche.
Jch habe mich aber der Thiere von kaltem Blute vor-
zuͤglich bedient, um die Natur naͤher zu erforſchen, und
die Bewegung des Blutes durch die durchſichtige Ader-
haͤute eigentlicher zu betrachten: demnach habe ich oͤfters
mit Augen geſehen, daß Schlagadern in muntern Thie-
ren, ſo lange ſich das Blut in ihnen bewegte, ohne Un-
terlas angefuͤllt ſind, theils denn, wenn das vom zuſam-
mengezognen Herzen mit neuer Gewalt fortgetriebne
Blut, die erſte Welle warf, als auch denn, wenn dieſe
ſchnelle Welle wieder verſchwand, und das ruhig geword-
ne Herz ſich von ſeiner Anſtrengung erholte. Hieraus
wuͤrde nun vornaͤmlich folgen, daß eine Schlagader
mit Blut ehe angefuͤllt ſey, bevor ſie eine neue Blut-
welle vom Herzen emfange. Jch mag hier nicht, ſo
leicht es mir waͤre, Schriftſteller anfuͤren, die eben die-
ſes wargenommen.
Jch ſehe aber, daß man wider dieſen Verſuch ver-
ſchiednes, und zwar ziemlich warſcheinliche Gruͤnde, ein-
wenden kann; und es kam ſelbſt in meinen Geſchichten
uͤber die Thierzergliederung nicht ſelten vor, daß in Froͤ-
ſchen, die etliche Tage ſchlechter gefuͤttert waren (t), die
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6. Buch. 1. Abſchn. §. 39.
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233.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 2. Berlin, 1762, S. 362. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende02_1762/382>, abgerufen am 24.11.2024.
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