davon weis wird, und sich das Blut von allen Seiten her nach den inwendigen Theilen hinzieht, welche die Gewalt des Frosies weniger emfinden (f). Es presset nämlich die Kälte eine thierische Faser zusammen (g), und sie machet sie dergestalt kürzer, daß sie die Haut selbst, die keinen andern Reiz emfinden würde, und das Zellgewebe selbst im Hodenbeutel in eine Bewegung sezzt, welche der Muskelbewegung nicht ganz und gar unänlich ist. Von der Kälte rührt es her, daß das in Erhängten angehäuf- te Blut nach dem Tode von selbsten verschwindet (h), und die an einem unterbundnen Arme schwellende Blut- adern von selbst loser werden, wenn man ihn in kaltes Wasser hält (i).
Jch glaube, daß dieses die vornemste Ursache sey, warum sich das Blut auch nach dem Tode in den grossen Gefässen anhäuft, welches so wol vom Sisteme der ro- ten (k), als der Flieswassergewässe gilt (l).
Es färt die Anziehungskraft, welche das Blut an die membranöse Wände (n), und an andre bereits entstand- ne (o) Blutklümpe anzieht, noch eben so fort, so lange der Lebenssaft noch fliessend ist, denselben zu beherrschen. Jch habe nämlich diese Kraft mit zu Hülfe genommen, weil ich sahe, daß auch ohne Herzen noch eine Bewegung fortdauerte, welche weder von der Schwere, noch von einer Ueberleitung (p), und das nicht blos in Gefässen, son- dern auch ausserhalb den Gefässen, wargenommen wird (q). Es ist indessen diese Bewegung an sich nur schwach und mit keiner Schnelligkeit verbunden: was ihre Dauer
aber
(f)[Spaltenumbruch]
Man findet die Blutgefässe des Gehirns an einem erfrornen Menschen ganz voll Blut. rosen Anat. S. 142. qvelmaltz de fri- gor. effieac.
davon weis wird, und ſich das Blut von allen Seiten her nach den inwendigen Theilen hinzieht, welche die Gewalt des Froſies weniger emfinden (f). Es preſſet naͤmlich die Kaͤlte eine thieriſche Faſer zuſammen (g), und ſie machet ſie dergeſtalt kuͤrzer, daß ſie die Haut ſelbſt, die keinen andern Reiz emfinden wuͤrde, und das Zellgewebe ſelbſt im Hodenbeutel in eine Bewegung ſezzt, welche der Muskelbewegung nicht ganz und gar unaͤnlich iſt. Von der Kaͤlte ruͤhrt es her, daß das in Erhaͤngten angehaͤuf- te Blut nach dem Tode von ſelbſten verſchwindet (h), und die an einem unterbundnen Arme ſchwellende Blut- adern von ſelbſt loſer werden, wenn man ihn in kaltes Waſſer haͤlt (i).
Jch glaube, daß dieſes die vornemſte Urſache ſey, warum ſich das Blut auch nach dem Tode in den groſſen Gefaͤſſen anhaͤuft, welches ſo wol vom Siſteme der ro- ten (k), als der Flieswaſſergewaͤſſe gilt (l).
Es faͤrt die Anziehungskraft, welche das Blut an die membranoͤſe Waͤnde (n), und an andre bereits entſtand- ne (o) Blutkluͤmpe anzieht, noch eben ſo fort, ſo lange der Lebensſaft noch flieſſend iſt, denſelben zu beherrſchen. Jch habe naͤmlich dieſe Kraft mit zu Huͤlfe genommen, weil ich ſahe, daß auch ohne Herzen noch eine Bewegung fortdauerte, welche weder von der Schwere, noch von einer Ueberleitung (p), und das nicht blos in Gefaͤſſen, ſon- dern auch auſſerhalb den Gefaͤſſen, wargenommen wird (q). Es iſt indeſſen dieſe Bewegung an ſich nur ſchwach und mit keiner Schnelligkeit verbunden: was ihre Dauer
aber
(f)[Spaltenumbruch]
Man findet die Blutgefaͤſſe des Gehirns an einem erfrornen Menſchen ganz voll Blut. roſen Anat. S. 142. qvelmaltz de fri- gor. effieac.
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davon weis wird, und ſich das Blut von allen Seiten
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Gewalt des Froſies weniger emfinden (f). Es preſſet
naͤmlich die Kaͤlte eine thieriſche Faſer zuſammen (g), und
ſie machet ſie dergeſtalt kuͤrzer, daß ſie die Haut ſelbſt, die
keinen andern Reiz emfinden wuͤrde, und das Zellgewebe
ſelbſt im Hodenbeutel in eine Bewegung ſezzt, welche der
Muskelbewegung nicht ganz und gar unaͤnlich iſt. Von
der Kaͤlte ruͤhrt es her, daß das in Erhaͤngten angehaͤuf-
te Blut nach dem Tode von ſelbſten verſchwindet (h),
und die an einem unterbundnen Arme ſchwellende Blut-
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Jch glaube, daß dieſes die vornemſte Urſache ſey,
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Es faͤrt die Anziehungskraft, welche das Blut an die
membranoͤſe Waͤnde (n), und an andre bereits entſtand-
ne (o) Blutkluͤmpe anzieht, noch eben ſo fort, ſo lange
der Lebensſaft noch flieſſend iſt, denſelben zu beherrſchen.
Jch habe naͤmlich dieſe Kraft mit zu Huͤlfe genommen,
weil ich ſahe, daß auch ohne Herzen noch eine Bewegung
fortdauerte, welche weder von der Schwere, noch von
einer Ueberleitung (p), und das nicht blos in Gefaͤſſen, ſon-
dern auch auſſerhalb den Gefaͤſſen, wargenommen wird (q).
Es iſt indeſſen dieſe Bewegung an ſich nur ſchwach und
mit keiner Schnelligkeit verbunden: was ihre Dauer
aber
(f)
Man findet die Blutgefaͤſſe
des Gehirns an einem erfrornen
Menſchen ganz voll Blut. roſen
Anat. S. 142. qvelmaltz de fri-
gor. effieac.
(g) birch Hiſt. of. the Roy. Soc.
T. IV. S. 254.
(h) harvei Exer. III. S. 251.
(i) Ebenderſ. S. 275.
(k)
pechlin de purgant. S. 484.
(l) verheyen L. II. S. 101.
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(q) Exp. 208. 214. 215. 216. 218.
222. 224. 225. 233. 234.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 2. Berlin, 1762, S. 357. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende02_1762/377>, abgerufen am 16.07.2024.
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