den den Todt herbeizieht (y). Unser ehemalige Lehrer pflegte diese durchgängige Enzündung des ganzen Kör- pers, welche blos eine Folge von zu starken Laufen ist, mit dem Exempel von den Hasen (z) zu bekräftigen, so wie es eine Beobachtung vortreflicher Aerzte, und eine ganz gemeine Erfarung ist, daß der ganze Körper von dem so genanten Todtenkramfe (Tetanus, durchgängige Gliedersteifheit) über und über schwarz wird.
Es ist aber ebenfalls, um auch unsre Gründe von dem Gegenteile herzunehmen, eine ausgemachte Sache, daß, wenn die Bewegung der Muskeln zu säumig wirkt, das Blut aller Orten, am meisten aber im Unterleibe, träge zu werden pflegt; daß die Wärme am ganzen Kör- per abnimmt, daß die Menge der Ausdünstung schwä- cher wird, der Harn zunimmt, das Fett in den Fächer- chen unter der Haut, im Nezze, in der Leber, angehäuft wird, der von den Füssen rükkehrende Damf stehen bleibt, sich sammlet, in ein deutliches Wasser verwandelt wird, und kurz: daß sich alle die Zufälle eräugnen, welche man irgend von der Kraftlosigkeit oder der geschwächten Kraft des Herzens zu erwarten hat (a).
Auf was für Art Leibesübungen, und die Anstren- gung der Muskeln, dem Blute eine neue Geschwindig- keit verschaffen, soll an einem andern Orte weitleuftiger erzälet werden: doch will ich bei dieser Gelegenheit etwas weniges davon mit anhängen, da ich nicht weis, wie lange mir GOtt noch das Leben läst, und ich vielleicht mich dem allgemeinen Naturgesezze eher unterwerfen mus, als dieses Werk geendigt werden dörfte. Es haben also berümte Männer geleret, daß ein Muskel blas werde, wenn er sich zusammenzieht (b), indem derselbe das Blut
fort-
(y)[Spaltenumbruch]
5 Buch. 2 Abschn. §. 29.
(z) Angef. Ort. S. 501.
(a) Umständlicher habe ich von allen diesen Begebenheiten gehan- delt, in den Comment. ad praele- [Spaltenumbruch]
ction. boerhaav. T. III. n. 415. und noch soll davon im 8. 11. und 13 Buche weiter geredet werden.
(b)boerhaave Instit. rei medi. n. 406. Praelect. acad. T. III.
Sechſtes Buch. Der Lauf des Blutes
den den Todt herbeizieht (y). Unſer ehemalige Lehrer pflegte dieſe durchgaͤngige Enzuͤndung des ganzen Koͤr- pers, welche blos eine Folge von zu ſtarken Laufen iſt, mit dem Exempel von den Haſen (z) zu bekraͤftigen, ſo wie es eine Beobachtung vortreflicher Aerzte, und eine ganz gemeine Erfarung iſt, daß der ganze Koͤrper von dem ſo genanten Todtenkramfe (Tetanus, durchgaͤngige Gliederſteifheit) uͤber und uͤber ſchwarz wird.
Es iſt aber ebenfalls, um auch unſre Gruͤnde von dem Gegenteile herzunehmen, eine ausgemachte Sache, daß, wenn die Bewegung der Muskeln zu ſaͤumig wirkt, das Blut aller Orten, am meiſten aber im Unterleibe, traͤge zu werden pflegt; daß die Waͤrme am ganzen Koͤr- per abnimmt, daß die Menge der Ausduͤnſtung ſchwaͤ- cher wird, der Harn zunimmt, das Fett in den Faͤcher- chen unter der Haut, im Nezze, in der Leber, angehaͤuft wird, der von den Fuͤſſen ruͤkkehrende Damf ſtehen bleibt, ſich ſammlet, in ein deutliches Waſſer verwandelt wird, und kurz: daß ſich alle die Zufaͤlle eraͤugnen, welche man irgend von der Kraftloſigkeit oder der geſchwaͤchten Kraft des Herzens zu erwarten hat (a).
Auf was fuͤr Art Leibesuͤbungen, und die Anſtren- gung der Muskeln, dem Blute eine neue Geſchwindig- keit verſchaffen, ſoll an einem andern Orte weitleuftiger erzaͤlet werden: doch will ich bei dieſer Gelegenheit etwas weniges davon mit anhaͤngen, da ich nicht weis, wie lange mir GOtt noch das Leben laͤſt, und ich vielleicht mich dem allgemeinen Naturgeſezze eher unterwerfen mus, als dieſes Werk geendigt werden doͤrfte. Es haben alſo beruͤmte Maͤnner geleret, daß ein Muskel blas werde, wenn er ſich zuſammenzieht (b), indem derſelbe das Blut
fort-
(y)[Spaltenumbruch]
5 Buch. 2 Abſchn. §. 29.
(z) Angef. Ort. S. 501.
(a) Umſtaͤndlicher habe ich von allen dieſen Begebenheiten gehan- delt, in den Comment. ad praele- [Spaltenumbruch]
ction. boerhaav. T. III. n. 415. und noch ſoll davon im 8. 11. und 13 Buche weiter geredet werden.
(b)boerhaave Inſtit. rei medi. n. 406. Praelect. acad. T. III.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0368"n="348"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Sechſtes Buch. Der Lauf des Blutes</hi></fw><lb/>
den den Todt herbeizieht <noteplace="foot"n="(y)"><cb/>
5 Buch. 2 Abſchn. §. 29.</note>. Unſer ehemalige <hirendition="#fr">Lehrer</hi><lb/>
pflegte dieſe durchgaͤngige Enzuͤndung des ganzen Koͤr-<lb/>
pers, welche blos eine Folge von zu ſtarken Laufen iſt,<lb/>
mit dem Exempel von den Haſen <noteplace="foot"n="(z)">Angef. Ort. S. 501.</note> zu bekraͤftigen, ſo<lb/>
wie es eine Beobachtung vortreflicher Aerzte, und eine<lb/>
ganz gemeine Erfarung iſt, daß der ganze Koͤrper von<lb/>
dem ſo genanten Todtenkramfe (<hirendition="#aq">Tetanus,</hi> durchgaͤngige<lb/>
Gliederſteifheit) uͤber und uͤber ſchwarz wird.</p><lb/><p>Es iſt aber ebenfalls, um auch unſre Gruͤnde von<lb/>
dem Gegenteile herzunehmen, eine ausgemachte Sache,<lb/>
daß, wenn die Bewegung der Muskeln zu ſaͤumig wirkt,<lb/>
das Blut aller Orten, am meiſten aber im Unterleibe,<lb/>
traͤge zu werden pflegt; daß die Waͤrme am ganzen Koͤr-<lb/>
per abnimmt, daß die Menge der Ausduͤnſtung ſchwaͤ-<lb/>
cher wird, der Harn zunimmt, das Fett in den Faͤcher-<lb/>
chen unter der Haut, im Nezze, in der Leber, angehaͤuft<lb/>
wird, der von den Fuͤſſen ruͤkkehrende Damf ſtehen bleibt,<lb/>ſich ſammlet, in ein deutliches Waſſer verwandelt wird,<lb/>
und kurz: daß ſich alle die Zufaͤlle eraͤugnen, welche man<lb/>
irgend von der Kraftloſigkeit oder der geſchwaͤchten Kraft<lb/>
des Herzens zu erwarten hat <noteplace="foot"n="(a)">Umſtaͤndlicher habe ich von<lb/>
allen dieſen Begebenheiten gehan-<lb/>
delt, in den <hirendition="#aq">Comment. ad praele-<lb/><cb/>
ction. <hirendition="#k">boerhaav.</hi> T. III. n.</hi> 415.<lb/>
und noch ſoll davon im 8. 11. und<lb/>
13 Buche weiter geredet werden.</note>.</p><lb/><p>Auf was fuͤr Art Leibesuͤbungen, und die Anſtren-<lb/>
gung der Muskeln, dem Blute eine neue Geſchwindig-<lb/>
keit verſchaffen, ſoll an einem andern Orte weitleuftiger<lb/>
erzaͤlet werden: doch will ich bei dieſer Gelegenheit etwas<lb/>
weniges davon mit anhaͤngen, da ich nicht weis, wie<lb/>
lange mir GOtt noch das Leben laͤſt, und ich vielleicht<lb/>
mich dem allgemeinen Naturgeſezze eher unterwerfen mus,<lb/>
als dieſes Werk geendigt werden doͤrfte. Es haben alſo<lb/>
beruͤmte Maͤnner geleret, daß ein Muskel blas werde,<lb/>
wenn er ſich zuſammenzieht <noteplace="foot"n="(b)"><hirendition="#aq"><hirendition="#k">boerhaave</hi> Inſtit. rei medi.<lb/>
n. 406. Praelect. acad. T. III.</hi></note>, indem derſelbe das Blut<lb/><fwplace="bottom"type="catch">fort-</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[348/0368]
Sechſtes Buch. Der Lauf des Blutes
den den Todt herbeizieht (y). Unſer ehemalige Lehrer
pflegte dieſe durchgaͤngige Enzuͤndung des ganzen Koͤr-
pers, welche blos eine Folge von zu ſtarken Laufen iſt,
mit dem Exempel von den Haſen (z) zu bekraͤftigen, ſo
wie es eine Beobachtung vortreflicher Aerzte, und eine
ganz gemeine Erfarung iſt, daß der ganze Koͤrper von
dem ſo genanten Todtenkramfe (Tetanus, durchgaͤngige
Gliederſteifheit) uͤber und uͤber ſchwarz wird.
Es iſt aber ebenfalls, um auch unſre Gruͤnde von
dem Gegenteile herzunehmen, eine ausgemachte Sache,
daß, wenn die Bewegung der Muskeln zu ſaͤumig wirkt,
das Blut aller Orten, am meiſten aber im Unterleibe,
traͤge zu werden pflegt; daß die Waͤrme am ganzen Koͤr-
per abnimmt, daß die Menge der Ausduͤnſtung ſchwaͤ-
cher wird, der Harn zunimmt, das Fett in den Faͤcher-
chen unter der Haut, im Nezze, in der Leber, angehaͤuft
wird, der von den Fuͤſſen ruͤkkehrende Damf ſtehen bleibt,
ſich ſammlet, in ein deutliches Waſſer verwandelt wird,
und kurz: daß ſich alle die Zufaͤlle eraͤugnen, welche man
irgend von der Kraftloſigkeit oder der geſchwaͤchten Kraft
des Herzens zu erwarten hat (a).
Auf was fuͤr Art Leibesuͤbungen, und die Anſtren-
gung der Muskeln, dem Blute eine neue Geſchwindig-
keit verſchaffen, ſoll an einem andern Orte weitleuftiger
erzaͤlet werden: doch will ich bei dieſer Gelegenheit etwas
weniges davon mit anhaͤngen, da ich nicht weis, wie
lange mir GOtt noch das Leben laͤſt, und ich vielleicht
mich dem allgemeinen Naturgeſezze eher unterwerfen mus,
als dieſes Werk geendigt werden doͤrfte. Es haben alſo
beruͤmte Maͤnner geleret, daß ein Muskel blas werde,
wenn er ſich zuſammenzieht (b), indem derſelbe das Blut
fort-
(y)
5 Buch. 2 Abſchn. §. 29.
(z) Angef. Ort. S. 501.
(a) Umſtaͤndlicher habe ich von
allen dieſen Begebenheiten gehan-
delt, in den Comment. ad praele-
ction. boerhaav. T. III. n. 415.
und noch ſoll davon im 8. 11. und
13 Buche weiter geredet werden.
(b) boerhaave Inſtit. rei medi.
n. 406. Praelect. acad. T. III.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 2. Berlin, 1762, S. 348. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende02_1762/368>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.