Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 2. Berlin, 1762.Sechstes Buch. Der Lauf des Blutes Es sind Männer, die weder unberümt (k), noch vonschlechten Ansehn gewesen, welche eben von der Enge der kleinsten Kanäle erwartet haben, daß daher die Ge- schwindigkeit wachsen müste. Diejenigen, welche diese Hipotese vorgetragen, gründen sich, wie es scheint, auf einen jederman bekannten Versuch: und das ist ein Trich- ter, oder ein holer Kegel, dessen weite Oefnung zum Behältnisse des Wassers gemacht wird, und dessen engere Röhre dasselbe wieder von sich gibt. Jn einem derglei- chen Wasserbehälter flisset das Wasser allerdings durch die engere Mündung schneller durch, und fast überhaupt um desto schneller (l), je breiter die Wasserfläche in dem Behältnisse oben ist, die sich in den Abzug hinabbegibt, und auf den heraustretenden Strudel drükkt. Jch will aber nur erinnern, daß eine Schlagader blos eine der- gleichen Röhre sei, wenn man sie mit der Aorte in Ver- gleichung stellt (m); daß hingegen die Summe der Oef- nungen der kleinen Gefässe, davon die Rede ist, weiter sei, als die Oefnung der Aorte, und daß folglich ein Schlagaderkanal ein verkehrter Trichter sei, welcher das Wasser durch die engere Oefnung emfängt, und durch die weitere ausschüttet. Ein andrer berümter Mann (n) behauptete ehedem, Säu- (k) [Spaltenumbruch]
bazzigaluve Theor. tumor. Prop. I. Fridr. hofmann Physio- log. welches der erste Band von seiner sistematischen Arzeneikunst ist. S. 112. Vorlängst hatte schon Walther Charleton geschrieben, das Blut flisse in den Schlagadern dreimal schneller, als im Herzen, [Spaltenumbruch] weil ihre Mündung dreimal enger sei. three lectures. S. 28. (l) schelhammer de pulsu. axiom. III. bernoulli Hydrody- namic. S. 112. (m) 2. Buch. (n) Jurin von flissenden Was-
sen. S. 40. 47. Sechſtes Buch. Der Lauf des Blutes Es ſind Maͤnner, die weder unberuͤmt (k), noch vonſchlechten Anſehn geweſen, welche eben von der Enge der kleinſten Kanaͤle erwartet haben, daß daher die Ge- ſchwindigkeit wachſen muͤſte. Diejenigen, welche dieſe Hipoteſe vorgetragen, gruͤnden ſich, wie es ſcheint, auf einen jederman bekannten Verſuch: und das iſt ein Trich- ter, oder ein holer Kegel, deſſen weite Oefnung zum Behaͤltniſſe des Waſſers gemacht wird, und deſſen engere Roͤhre daſſelbe wieder von ſich gibt. Jn einem derglei- chen Waſſerbehaͤlter fliſſet das Waſſer allerdings durch die engere Muͤndung ſchneller durch, und faſt uͤberhaupt um deſto ſchneller (l), je breiter die Waſſerflaͤche in dem Behaͤltniſſe oben iſt, die ſich in den Abzug hinabbegibt, und auf den heraustretenden Strudel druͤkkt. Jch will aber nur erinnern, daß eine Schlagader blos eine der- gleichen Roͤhre ſei, wenn man ſie mit der Aorte in Ver- gleichung ſtellt (m); daß hingegen die Summe der Oef- nungen der kleinen Gefaͤſſe, davon die Rede iſt, weiter ſei, als die Oefnung der Aorte, und daß folglich ein Schlagaderkanal ein verkehrter Trichter ſei, welcher das Waſſer durch die engere Oefnung emfaͤngt, und durch die weitere ausſchuͤttet. Ein andrer beruͤmter Mann (n) behauptete ehedem, Saͤu- (k) [Spaltenumbruch]
bazzigaluve Theor. tumor. Prop. I. Fridr. hofmann Phyſio- log. welches der erſte Band von ſeiner ſiſtematiſchen Arzeneikunſt iſt. S. 112. Vorlaͤngſt hatte ſchon Walther Charleton geſchrieben, das Blut fliſſe in den Schlagadern dreimal ſchneller, als im Herzen, [Spaltenumbruch] weil ihre Muͤndung dreimal enger ſei. three lectures. S. 28. (l) ſchelhammer de pulſu. axiom. III. bernoulli Hydrody- namic. S. 112. (m) 2. Buch. (n) Jurin von fliſſenden Waſ-
ſen. S. 40. 47. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0338" n="318"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Sechſtes Buch. Der Lauf des Blutes</hi></fw><lb/> Es ſind Maͤnner, die weder unberuͤmt <note place="foot" n="(k)"><cb/><hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">bazzigaluve</hi> Theor. tumor.<lb/> Prop. I. Fridr. <hi rendition="#k">hofmann</hi> Phyſio-<lb/> log.</hi> welches der erſte Band von<lb/> ſeiner ſiſtematiſchen Arzeneikunſt<lb/> iſt. S. 112. Vorlaͤngſt hatte ſchon<lb/> Walther <hi rendition="#fr">Charleton</hi> geſchrieben,<lb/> das Blut fliſſe in den Schlagadern<lb/> dreimal ſchneller, als im Herzen,<lb/><cb/> weil ihre Muͤndung dreimal enger<lb/> ſei. <hi rendition="#aq">three lectures.</hi> S. 28.</note>, noch von<lb/> ſchlechten Anſehn geweſen, welche eben von der Enge der<lb/> kleinſten Kanaͤle erwartet haben, daß daher die Ge-<lb/> ſchwindigkeit wachſen muͤſte. Diejenigen, welche dieſe<lb/> Hipoteſe vorgetragen, gruͤnden ſich, wie es ſcheint, auf<lb/> einen jederman bekannten Verſuch: und das iſt ein Trich-<lb/> ter, oder ein holer Kegel, deſſen weite Oefnung zum<lb/> Behaͤltniſſe des Waſſers gemacht wird, und deſſen engere<lb/> Roͤhre daſſelbe wieder von ſich gibt. Jn einem derglei-<lb/> chen Waſſerbehaͤlter fliſſet das Waſſer allerdings durch<lb/> die engere Muͤndung ſchneller durch, und faſt uͤberhaupt<lb/> um deſto ſchneller <note place="foot" n="(l)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">ſchelhammer</hi> de pulſu.<lb/> axiom. III. <hi rendition="#k">bernoulli</hi> Hydrody-<lb/> namic.</hi> S. 112.</note>, je breiter die Waſſerflaͤche in dem<lb/> Behaͤltniſſe oben iſt, die ſich in den Abzug hinabbegibt,<lb/> und auf den heraustretenden Strudel druͤkkt. Jch will<lb/> aber nur erinnern, daß eine Schlagader blos eine der-<lb/> gleichen Roͤhre ſei, wenn man ſie mit der Aorte in Ver-<lb/> gleichung ſtellt <note place="foot" n="(m)">2. Buch.</note>; daß hingegen die Summe der Oef-<lb/> nungen der kleinen Gefaͤſſe, davon die Rede iſt, weiter<lb/> ſei, als die Oefnung der Aorte, und daß folglich ein<lb/> Schlagaderkanal ein verkehrter Trichter ſei, welcher das<lb/> Waſſer durch die engere Oefnung emfaͤngt, und durch die<lb/> weitere ausſchuͤttet.</p><lb/> <p>Ein andrer beruͤmter Mann <note place="foot" n="(n)"><hi rendition="#fr">Jurin</hi> von fliſſenden Waſ-<lb/> ſen. S. 40. 47.</note> behauptete ehedem,<lb/> die Gewalt des Blutes nehme in den vom Herzen ent-<lb/> legnen Gefaͤſſen ſo wenig ab, daß ſie vielmehr groͤſſer<lb/> werde, und daß dieſer Strom des Bluts in Blutadern<lb/> ſtaͤrker ſei, als in Schlagadern. Er bediente ſich hiebei<lb/> in der That eines ſehr einfachen Vernunftſchluſſes; er ſahe<lb/> das in Schlagadern befindliche Blut fuͤr eine einzige<lb/> <fw place="bottom" type="catch">Saͤu-</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [318/0338]
Sechſtes Buch. Der Lauf des Blutes
Es ſind Maͤnner, die weder unberuͤmt (k), noch von
ſchlechten Anſehn geweſen, welche eben von der Enge der
kleinſten Kanaͤle erwartet haben, daß daher die Ge-
ſchwindigkeit wachſen muͤſte. Diejenigen, welche dieſe
Hipoteſe vorgetragen, gruͤnden ſich, wie es ſcheint, auf
einen jederman bekannten Verſuch: und das iſt ein Trich-
ter, oder ein holer Kegel, deſſen weite Oefnung zum
Behaͤltniſſe des Waſſers gemacht wird, und deſſen engere
Roͤhre daſſelbe wieder von ſich gibt. Jn einem derglei-
chen Waſſerbehaͤlter fliſſet das Waſſer allerdings durch
die engere Muͤndung ſchneller durch, und faſt uͤberhaupt
um deſto ſchneller (l), je breiter die Waſſerflaͤche in dem
Behaͤltniſſe oben iſt, die ſich in den Abzug hinabbegibt,
und auf den heraustretenden Strudel druͤkkt. Jch will
aber nur erinnern, daß eine Schlagader blos eine der-
gleichen Roͤhre ſei, wenn man ſie mit der Aorte in Ver-
gleichung ſtellt (m); daß hingegen die Summe der Oef-
nungen der kleinen Gefaͤſſe, davon die Rede iſt, weiter
ſei, als die Oefnung der Aorte, und daß folglich ein
Schlagaderkanal ein verkehrter Trichter ſei, welcher das
Waſſer durch die engere Oefnung emfaͤngt, und durch die
weitere ausſchuͤttet.
Ein andrer beruͤmter Mann (n) behauptete ehedem,
die Gewalt des Blutes nehme in den vom Herzen ent-
legnen Gefaͤſſen ſo wenig ab, daß ſie vielmehr groͤſſer
werde, und daß dieſer Strom des Bluts in Blutadern
ſtaͤrker ſei, als in Schlagadern. Er bediente ſich hiebei
in der That eines ſehr einfachen Vernunftſchluſſes; er ſahe
das in Schlagadern befindliche Blut fuͤr eine einzige
Saͤu-
(k)
bazzigaluve Theor. tumor.
Prop. I. Fridr. hofmann Phyſio-
log. welches der erſte Band von
ſeiner ſiſtematiſchen Arzeneikunſt
iſt. S. 112. Vorlaͤngſt hatte ſchon
Walther Charleton geſchrieben,
das Blut fliſſe in den Schlagadern
dreimal ſchneller, als im Herzen,
weil ihre Muͤndung dreimal enger
ſei. three lectures. S. 28.
(l) ſchelhammer de pulſu.
axiom. III. bernoulli Hydrody-
namic. S. 112.
(m) 2. Buch.
(n) Jurin von fliſſenden Waſ-
ſen. S. 40. 47.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |