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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 2. Berlin, 1762.

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in den Schlagadern.
zusammen, welcher also, laut der den Blutadern und
Schlagadern vorgeschriebnen Ordnung, ebenfalls kleiner,
als seine Aeste sein mus, von denen er sein Enstehen ab-
leitete. Wenn demnach ein Theil des vom Herzen weit
abliegenden Schlagadersistems, statt zu wachsen, vielmehr
kleiner wird, oder wenn wenigstens zwei einkügliche Ge-
fäschen in ein Stämmchen, das schon zwei Kügelchen
tragen kann, zusammenlaufen, so wird das Schlagader-
röhrchen nach dieser Zerästlung nicht kleiner werden, als
es vor der Zerästlung war.

Ueberlegt man nun, daß im menschlichen Körper der
gröste Theil der Gefässe aus ganz kleinen, und den haar-
feinen änlichen Aederchen besteht, so wird man gewar
werden, daß in den meisten Gefässen eines belebten Kör-
pers ein ganz anderes Gesezz Statt habe, als dasjenige
ist, nach welchem sich die Bluthemmung richtet. Und
hieraus wird nun folgen, daß zwar um dieser Ursache
willen das Blut in den grossen Schlagaderstämmen
eine Schwierigkeit finde: daß sich diese Schwierigkeit
aber ganz anders, als man wohl gedacht hat, in den
kleinsten wieder verringere.

Das Reiben lässet sich nicht eben ganz und gar wie-
derlegen; und doch finden sich ebenfals Gründe, welche
solches verringern. Es verliert nämlich, nach den Ver-
suchen Peters von Muschenbroek (b), das Reiben viel,
wenn eine Flüßigkeit in höchstglatten Kanälen fortge-
führt wird. Nichts aber ist glätter, als unsre Schlag-
adern.

Auch die kuglige Figur der Blutstoffe vermindert
das Reiben, indem dieses so wenige Verürungspunkte,
als möglich, an den Aderwänden verstattet (c). Es
scheint ferner eine sanfte Bewegung, und ein weiches
Anprellen des Blutes, das Reiben zu mildern, wofern

man
(b) [Spaltenumbruch] Institut. phys. S. 175. 141.
nollet lecons de physique T. I.
S. 231.
(c) [Spaltenumbruch] langgvth de arteria ab of-
ficio cordis aemulo remota.
S. 31.
schreiber Almagest. S. 236.

in den Schlagadern.
zuſammen, welcher alſo, laut der den Blutadern und
Schlagadern vorgeſchriebnen Ordnung, ebenfalls kleiner,
als ſeine Aeſte ſein mus, von denen er ſein Enſtehen ab-
leitete. Wenn demnach ein Theil des vom Herzen weit
abliegenden Schlagaderſiſtems, ſtatt zu wachſen, vielmehr
kleiner wird, oder wenn wenigſtens zwei einkuͤgliche Ge-
faͤschen in ein Staͤmmchen, das ſchon zwei Kuͤgelchen
tragen kann, zuſammenlaufen, ſo wird das Schlagader-
roͤhrchen nach dieſer Zeraͤſtlung nicht kleiner werden, als
es vor der Zeraͤſtlung war.

Ueberlegt man nun, daß im menſchlichen Koͤrper der
groͤſte Theil der Gefaͤſſe aus ganz kleinen, und den haar-
feinen aͤnlichen Aederchen beſteht, ſo wird man gewar
werden, daß in den meiſten Gefaͤſſen eines belebten Koͤr-
pers ein ganz anderes Geſezz Statt habe, als dasjenige
iſt, nach welchem ſich die Bluthemmung richtet. Und
hieraus wird nun folgen, daß zwar um dieſer Urſache
willen das Blut in den groſſen Schlagaderſtaͤmmen
eine Schwierigkeit finde: daß ſich dieſe Schwierigkeit
aber ganz anders, als man wohl gedacht hat, in den
kleinſten wieder verringere.

Das Reiben laͤſſet ſich nicht eben ganz und gar wie-
derlegen; und doch finden ſich ebenfals Gruͤnde, welche
ſolches verringern. Es verliert naͤmlich, nach den Ver-
ſuchen Peters von Muſchenbroek (b), das Reiben viel,
wenn eine Fluͤßigkeit in hoͤchſtglatten Kanaͤlen fortge-
fuͤhrt wird. Nichts aber iſt glaͤtter, als unſre Schlag-
adern.

Auch die kuglige Figur der Blutſtoffe vermindert
das Reiben, indem dieſes ſo wenige Veruͤrungspunkte,
als moͤglich, an den Aderwaͤnden verſtattet (c). Es
ſcheint ferner eine ſanfte Bewegung, und ein weiches
Anprellen des Blutes, das Reiben zu mildern, wofern

man
(b) [Spaltenumbruch] Inſtitut. phyſ. S. 175. 141.
nollet leçons de phyſique T. I.
S. 231.
(c) [Spaltenumbruch] langgvth de arteria ab of-
ficio cordis aemulo remota.
S. 31.
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[315/0335] in den Schlagadern. zuſammen, welcher alſo, laut der den Blutadern und Schlagadern vorgeſchriebnen Ordnung, ebenfalls kleiner, als ſeine Aeſte ſein mus, von denen er ſein Enſtehen ab- leitete. Wenn demnach ein Theil des vom Herzen weit abliegenden Schlagaderſiſtems, ſtatt zu wachſen, vielmehr kleiner wird, oder wenn wenigſtens zwei einkuͤgliche Ge- faͤschen in ein Staͤmmchen, das ſchon zwei Kuͤgelchen tragen kann, zuſammenlaufen, ſo wird das Schlagader- roͤhrchen nach dieſer Zeraͤſtlung nicht kleiner werden, als es vor der Zeraͤſtlung war. Ueberlegt man nun, daß im menſchlichen Koͤrper der groͤſte Theil der Gefaͤſſe aus ganz kleinen, und den haar- feinen aͤnlichen Aederchen beſteht, ſo wird man gewar werden, daß in den meiſten Gefaͤſſen eines belebten Koͤr- pers ein ganz anderes Geſezz Statt habe, als dasjenige iſt, nach welchem ſich die Bluthemmung richtet. Und hieraus wird nun folgen, daß zwar um dieſer Urſache willen das Blut in den groſſen Schlagaderſtaͤmmen eine Schwierigkeit finde: daß ſich dieſe Schwierigkeit aber ganz anders, als man wohl gedacht hat, in den kleinſten wieder verringere. Das Reiben laͤſſet ſich nicht eben ganz und gar wie- derlegen; und doch finden ſich ebenfals Gruͤnde, welche ſolches verringern. Es verliert naͤmlich, nach den Ver- ſuchen Peters von Muſchenbroek (b), das Reiben viel, wenn eine Fluͤßigkeit in hoͤchſtglatten Kanaͤlen fortge- fuͤhrt wird. Nichts aber iſt glaͤtter, als unſre Schlag- adern. Auch die kuglige Figur der Blutſtoffe vermindert das Reiben, indem dieſes ſo wenige Veruͤrungspunkte, als moͤglich, an den Aderwaͤnden verſtattet (c). Es ſcheint ferner eine ſanfte Bewegung, und ein weiches Anprellen des Blutes, das Reiben zu mildern, wofern man (b) Inſtitut. phyſ. S. 175. 141. nollet leçons de phyſique T. I. S. 231. (c) langgvth de arteria ab of- ficio cordis aemulo remota. S. 31. ſchreiber Almageſt. S. 236.

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Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 2. Berlin, 1762, S. 315. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende02_1762/335>, abgerufen am 26.11.2024.