bekömmt. Daher haben berümte Männer, und vor- nämlich unsre Freunde (k), nicht ohne allen Grund be- hauptet, daß sich das Blut desto träger bewege, je weiter es sich vom Herzen entfernt befinde.
Vornämlich erwartet man aber, und das mit recht, von der Enge der Kanäle eine grosse Verhinderung in der Bewegung des Blutes, welche so gros ist, daß unsre Gefäschen kleiner, als alle Haarröhrchen sind, und man doch nicht durch keine mechanische Gewalt des Stempels, oder |die Gewalt eines Gewichts, flüßige Dinge durch ihre Enden nur einiger maaßen geschwinde hindurch trei- ben kann.
Nimmt man nämlich Gefäschen an, deren Oefnung im Lichten etwas grösser, als der Durchmesser eines ro- ten Kügelchen ist, so wird man finden, daß sie entweder nicht grösser als eines Zolls, oder, nach meinen Ge- danken, überhaupt noch kleiner sind (l). Daraus erhellt nun, daß sich ein jedes Kügelchen an die innere Fläche seines Kanals, just nach allen Biegungen des Kanals anschlissen und bequemen wird, da wenigstens ein ziem- licher Theil des Bluts in grossen Gefässen ohne Anstos die Biegung vorbeiflißt. Ferner reibt sich dieses Flüßi- ge, welches feiner, als rotes Blut ist, in der That mit dem grösten Theile seiner Stoffe an den Wänden seines Kanals an.
Will man aber diese Betrachtung in so weit schmük- ken, daß man annehme, ein ganz kleines Kügelchen rei- be sich an der ganzen Fläche seines haarfeinen Gefäschen mit seiner ganzen Oberfläche (m): wenn man ferner bei- fügt, der Weg sei durch die kleinesten Gefäschen so enge, daß rote Kügelchen nicht einmal mit Beibehaltung ihrer
Figur
(k)[Spaltenumbruch]schreiber Almagest. S. 228. Er wollte nicht haben, daß die Ent- fernung vom Herzen, und die Län- ge eines Schlagaderkanals etwas in der Schnelligkeit des Blutes verändern. Ioseph morland for- [Spaltenumbruch]
ce of the heart. S. 20. 21. und morgan Philos. princip. S. 44. 45. Da man die Natur der Sache noch nicht völlig ergründet hat.
(l) 5 Buch.
(m)Schreiber angef. Ort.
Sechſtes Buch. Der Lauf des Blutes
bekoͤmmt. Daher haben beruͤmte Maͤnner, und vor- naͤmlich unſre Freunde (k), nicht ohne allen Grund be- hauptet, daß ſich das Blut deſto traͤger bewege, je weiter es ſich vom Herzen entfernt befinde.
Vornaͤmlich erwartet man aber, und das mit recht, von der Enge der Kanaͤle eine groſſe Verhinderung in der Bewegung des Blutes, welche ſo gros iſt, daß unſre Gefaͤschen kleiner, als alle Haarroͤhrchen ſind, und man doch nicht durch keine mechaniſche Gewalt des Stempels, oder |die Gewalt eines Gewichts, fluͤßige Dinge durch ihre Enden nur einiger maaßen geſchwinde hindurch trei- ben kann.
Nimmt man naͤmlich Gefaͤschen an, deren Oefnung im Lichten etwas groͤſſer, als der Durchmeſſer eines ro- ten Kuͤgelchen iſt, ſo wird man finden, daß ſie entweder nicht groͤſſer als eines Zolls, oder, nach meinen Ge- danken, uͤberhaupt noch kleiner ſind (l). Daraus erhellt nun, daß ſich ein jedes Kuͤgelchen an die innere Flaͤche ſeines Kanals, juſt nach allen Biegungen des Kanals anſchliſſen und bequemen wird, da wenigſtens ein ziem- licher Theil des Bluts in groſſen Gefaͤſſen ohne Anſtos die Biegung vorbeiflißt. Ferner reibt ſich dieſes Fluͤßi- ge, welches feiner, als rotes Blut iſt, in der That mit dem groͤſten Theile ſeiner Stoffe an den Waͤnden ſeines Kanals an.
Will man aber dieſe Betrachtung in ſo weit ſchmuͤk- ken, daß man annehme, ein ganz kleines Kuͤgelchen rei- be ſich an der ganzen Flaͤche ſeines haarfeinen Gefaͤschen mit ſeiner ganzen Oberflaͤche (m): wenn man ferner bei- fuͤgt, der Weg ſei durch die kleineſten Gefaͤschen ſo enge, daß rote Kuͤgelchen nicht einmal mit Beibehaltung ihrer
Figur
(k)[Spaltenumbruch]ſchreiber Almageſt. S. 228. Er wollte nicht haben, daß die Ent- fernung vom Herzen, und die Laͤn- ge eines Schlagaderkanals etwas in der Schnelligkeit des Blutes veraͤndern. Ioſeph morland for- [Spaltenumbruch]
ce of the heart. S. 20. 21. und morgan Philoſ. princip. S. 44. 45. Da man die Natur der Sache noch nicht voͤllig ergruͤndet hat.
(l) 5 Buch.
(m)Schreiber angef. Ort.
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Sechſtes Buch. Der Lauf des Blutes
bekoͤmmt. Daher haben beruͤmte Maͤnner, und vor-
naͤmlich unſre Freunde (k), nicht ohne allen Grund be-
hauptet, daß ſich das Blut deſto traͤger bewege, je weiter
es ſich vom Herzen entfernt befinde.
Vornaͤmlich erwartet man aber, und das mit recht,
von der Enge der Kanaͤle eine groſſe Verhinderung in
der Bewegung des Blutes, welche ſo gros iſt, daß unſre
Gefaͤschen kleiner, als alle Haarroͤhrchen ſind, und man
doch nicht durch keine mechaniſche Gewalt des Stempels,
oder |die Gewalt eines Gewichts, fluͤßige Dinge durch
ihre Enden nur einiger maaßen geſchwinde hindurch trei-
ben kann.
Nimmt man naͤmlich Gefaͤschen an, deren Oefnung
im Lichten etwas groͤſſer, als der Durchmeſſer eines ro-
ten Kuͤgelchen iſt, ſo wird man finden, daß ſie entweder
nicht groͤſſer als [FORMEL] eines Zolls, oder, nach meinen Ge-
danken, uͤberhaupt noch kleiner ſind (l). Daraus erhellt
nun, daß ſich ein jedes Kuͤgelchen an die innere Flaͤche
ſeines Kanals, juſt nach allen Biegungen des Kanals
anſchliſſen und bequemen wird, da wenigſtens ein ziem-
licher Theil des Bluts in groſſen Gefaͤſſen ohne Anſtos
die Biegung vorbeiflißt. Ferner reibt ſich dieſes Fluͤßi-
ge, welches feiner, als rotes Blut iſt, in der That mit
dem groͤſten Theile ſeiner Stoffe an den Waͤnden ſeines
Kanals an.
Will man aber dieſe Betrachtung in ſo weit ſchmuͤk-
ken, daß man annehme, ein ganz kleines Kuͤgelchen rei-
be ſich an der ganzen Flaͤche ſeines haarfeinen Gefaͤschen
mit ſeiner ganzen Oberflaͤche (m): wenn man ferner bei-
fuͤgt, der Weg ſei durch die kleineſten Gefaͤschen ſo enge,
daß rote Kuͤgelchen nicht einmal mit Beibehaltung ihrer
Figur
(k)
ſchreiber Almageſt. S. 228.
Er wollte nicht haben, daß die Ent-
fernung vom Herzen, und die Laͤn-
ge eines Schlagaderkanals etwas
in der Schnelligkeit des Blutes
veraͤndern. Ioſeph morland for-
ce of the heart. S. 20. 21. und
morgan Philoſ. princip. S. 44. 45.
Da man die Natur der Sache noch
nicht voͤllig ergruͤndet hat.
(l) 5 Buch.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 2. Berlin, 1762, S. 294. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende02_1762/314>, abgerufen am 25.11.2024.
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