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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 2. Berlin, 1762.

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Sechstes Buch. Der Lauf des Blutes
Cartes, als er aus einerlei Schiesgewehre bleierne und
korkne Kugeln schos, daß die bleierne nach der geraden
Achsenlinie der Flinte herausflogen, die von Kork ge-
schnittnen hingegen auf die Seite geworfen wurden.

Jch finde, daß der berümte A. F. Walther, unser
im Leben geliebter Freund, auf diese Verschiedenheit we-
nig achtet, indem er einwandte, daß dieselbe von der
ersten besten Verkürzung der Schlagader aufgehoben
werde (p*). Doch stellet die nächst folgende Erweite-
rung solche wieder her.

Ferner mus nach eben diesem Versuche diejenige Kraft,
mit der eine schwerere Kugel fortgetrieben wird, grösser
als die Kraft seyn, von der eine leichtere Kugel fortge-
stossen wird. Jch habe an dem Peter Anton Michelot-
ti
(q) und dem Franz Boissier (r), an diesen berümten
Männern, einen Gegenbeweis vor mir, indem diese zei-
gen, daß eine schwerere Kugel eine kleinere Geschwindig-
keit an sich nehme, und zwar nach der verkehrten und ge-
doppelten Beschaffenheit der Dichtheiten; so lese ich auch,
daß der Rupert Gherardi (s) diese Meinung zierlicher
auseinander gesezzt.

Allein eben dieser Schriftsteller gibt zugleich von sei-
nem eignen Einwurfe eine Auflösung. Er gestehet näm-
lich, daß die auf einander folgende Blutsäulen jederzeit
dem Queksilber eine stärkere Geschwindigkeit mitteilen,
bis dasselbe mit dem Blute einerlei Geschwindigkeit er-
langt (s*). Alsdenn wird es sich aber in der That mit
stärkerm Nachdrukke bewegen, es wird die Absonderun-
gen beflügeln, die verstopften Drüsen aufsprengen, und,
wie man durch Versuche an Hunden erfaren, endlich die
Gefässe gar zerreissen (t).

Aus
(p*) [Spaltenumbruch] De scarification. occipit.
S. IX.
(q) De separat fluid. S. 120.
(r) Ueber die Haemastat. des
berümten Hales S. 43. 44.
(s) [Spaltenumbruch] Del uso| del mercurio nella
medicina
S. 66.
(s*) S. 27.
(t) Man hatte Queksilber in die
Blutader eines Hundes gesprizzt;
nach

Sechſtes Buch. Der Lauf des Blutes
Cartes, als er aus einerlei Schiesgewehre bleierne und
korkne Kugeln ſchos, daß die bleierne nach der geraden
Achſenlinie der Flinte herausflogen, die von Kork ge-
ſchnittnen hingegen auf die Seite geworfen wurden.

Jch finde, daß der beruͤmte A. F. Walther, unſer
im Leben geliebter Freund, auf dieſe Verſchiedenheit we-
nig achtet, indem er einwandte, daß dieſelbe von der
erſten beſten Verkuͤrzung der Schlagader aufgehoben
werde (p*). Doch ſtellet die naͤchſt folgende Erweite-
rung ſolche wieder her.

Ferner mus nach eben dieſem Verſuche diejenige Kraft,
mit der eine ſchwerere Kugel fortgetrieben wird, groͤſſer
als die Kraft ſeyn, von der eine leichtere Kugel fortge-
ſtoſſen wird. Jch habe an dem Peter Anton Michelot-
ti
(q) und dem Franz Boiſſier (r), an dieſen beruͤmten
Maͤnnern, einen Gegenbeweis vor mir, indem dieſe zei-
gen, daß eine ſchwerere Kugel eine kleinere Geſchwindig-
keit an ſich nehme, und zwar nach der verkehrten und ge-
doppelten Beſchaffenheit der Dichtheiten; ſo leſe ich auch,
daß der Rupert Gherardi (s) dieſe Meinung zierlicher
auseinander geſezzt.

Allein eben dieſer Schriftſteller gibt zugleich von ſei-
nem eignen Einwurfe eine Aufloͤſung. Er geſtehet naͤm-
lich, daß die auf einander folgende Blutſaͤulen jederzeit
dem Quekſilber eine ſtaͤrkere Geſchwindigkeit mitteilen,
bis daſſelbe mit dem Blute einerlei Geſchwindigkeit er-
langt (s*). Alsdenn wird es ſich aber in der That mit
ſtaͤrkerm Nachdrukke bewegen, es wird die Abſonderun-
gen befluͤgeln, die verſtopften Druͤſen aufſprengen, und,
wie man durch Verſuche an Hunden erfaren, endlich die
Gefaͤſſe gar zerreiſſen (t).

Aus
(p*) [Spaltenumbruch] De ſcarification. occipit.
S. IX.
(q) De ſeparat fluid. S. 120.
(r) Ueber die Haemaſtat. des
beruͤmten Hales S. 43. 44.
(s) [Spaltenumbruch] Del uſo| del mercurio nella
medicina
S. 66.
(s*) S. 27.
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[264/0284] Sechſtes Buch. Der Lauf des Blutes Cartes, als er aus einerlei Schiesgewehre bleierne und korkne Kugeln ſchos, daß die bleierne nach der geraden Achſenlinie der Flinte herausflogen, die von Kork ge- ſchnittnen hingegen auf die Seite geworfen wurden. Jch finde, daß der beruͤmte A. F. Walther, unſer im Leben geliebter Freund, auf dieſe Verſchiedenheit we- nig achtet, indem er einwandte, daß dieſelbe von der erſten beſten Verkuͤrzung der Schlagader aufgehoben werde (p*). Doch ſtellet die naͤchſt folgende Erweite- rung ſolche wieder her. Ferner mus nach eben dieſem Verſuche diejenige Kraft, mit der eine ſchwerere Kugel fortgetrieben wird, groͤſſer als die Kraft ſeyn, von der eine leichtere Kugel fortge- ſtoſſen wird. Jch habe an dem Peter Anton Michelot- ti (q) und dem Franz Boiſſier (r), an dieſen beruͤmten Maͤnnern, einen Gegenbeweis vor mir, indem dieſe zei- gen, daß eine ſchwerere Kugel eine kleinere Geſchwindig- keit an ſich nehme, und zwar nach der verkehrten und ge- doppelten Beſchaffenheit der Dichtheiten; ſo leſe ich auch, daß der Rupert Gherardi (s) dieſe Meinung zierlicher auseinander geſezzt. Allein eben dieſer Schriftſteller gibt zugleich von ſei- nem eignen Einwurfe eine Aufloͤſung. Er geſtehet naͤm- lich, daß die auf einander folgende Blutſaͤulen jederzeit dem Quekſilber eine ſtaͤrkere Geſchwindigkeit mitteilen, bis daſſelbe mit dem Blute einerlei Geſchwindigkeit er- langt (s*). Alsdenn wird es ſich aber in der That mit ſtaͤrkerm Nachdrukke bewegen, es wird die Abſonderun- gen befluͤgeln, die verſtopften Druͤſen aufſprengen, und, wie man durch Verſuche an Hunden erfaren, endlich die Gefaͤſſe gar zerreiſſen (t). Aus (p*) De ſcarification. occipit. S. IX. (q) De ſeparat fluid. S. 120. (r) Ueber die Haemaſtat. des beruͤmten Hales S. 43. 44. (s) Del uſo| del mercurio nella medicina S. 66. (s*) S. 27. (t) Man hatte Quekſilber in die Blutader eines Hundes geſprizzt; nach

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Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 2. Berlin, 1762, S. 264. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende02_1762/284>, abgerufen am 24.11.2024.