bediente, und sich jedesmal dreißig bis vierzig Unzen Blut abzapfen lies. Eine Frauensperson, die sich tau- send und zwanzigmal innerhalb neunzehn Jahren zur Ader gelassen hatte, weil sie an dem Mutterweh krank lag, bekam ihre erste Gesundheit endlich wieder, als sich das Geblüte durch die Mutter ergos (t). Man weis eine denkwürdige Geschichte von einer gewissen Jungfer, welche, etliche Jahre hintereinander, alle Monate hundert und fünf und zwanzig Unzen Blut von sich gab, und sich in vierzehn Monaten theils einen Tag um den andern, theils alle Tage zur Ader lies (u). Die Geschichte er- wähnet noch einer andern Person, welche in einem Jahre tausend Pfunde Blut verlor (x); bei einer andern gingen durch den Weg der güldnen Ader, ganzer zwei und sechzig Tage lang hintereinander, täglich fünf Pfunde Blut verloren (y): ein anderer junger Mensch büste in zehn Tagen fünf und siebzig Pfunde Blut ein (z).
Man mag nun aber diese Verblutungen so gut erklä- ren, als man immer will, so ist es doch, laut dem obigen, eine ausgemachte Sache, daß sich in unsern Gefässen keine geringe Anzahl Pfunde Blut befindet, und darin- nen umläuft. Jn diesem Punkte thut Theophilus Lobb(a) allerdings zu wenig, wenn er das Blut für den sechzehnten Theil vom ganzen menschlichen Körper ausgibt, und es thut Richard Lower der Sache eben- falls zu wenig, wenn er es nur als den funfzehnten Theil vom Körper betrachtet (b); denn nach seiner Rech- nung würden sich in einem erwachsnen Menschen kaum zehn Pfunde Blut befinden. Jn der That ist Franz Quesnai(c), welcher sieben und zwanzig Pfunde, und
Frie-
(t)[Spaltenumbruch]Journ. de medec. 1757. Mai- monat.
(u) Jhre Geschichte hat der P. Ant. Michelott beschrieben.
(x)Thurneiser vom Urine. Buch 6. S. 51.
(y)Lettere al. D. gvrzio S. 34. 37.
(z)[Spaltenumbruch]Act. erudit. Lips. anni 1698.
(a)of fevers S. 278.
(b)de corde. C. III. S. 170.
(c)de la Saignee neue Ausg. S. 46. Er schäzzt alle Säfte zu 120 Pfunden.
Fuͤnftes Buch. Das Blut
bediente, und ſich jedesmal dreißig bis vierzig Unzen Blut abzapfen lies. Eine Frauensperſon, die ſich tau- ſend und zwanzigmal innerhalb neunzehn Jahren zur Ader gelaſſen hatte, weil ſie an dem Mutterweh krank lag, bekam ihre erſte Geſundheit endlich wieder, als ſich das Gebluͤte durch die Mutter ergos (t). Man weis eine denkwuͤrdige Geſchichte von einer gewiſſen Jungfer, welche, etliche Jahre hintereinander, alle Monate hundert und fuͤnf und zwanzig Unzen Blut von ſich gab, und ſich in vierzehn Monaten theils einen Tag um den andern, theils alle Tage zur Ader lies (u). Die Geſchichte er- waͤhnet noch einer andern Perſon, welche in einem Jahre tauſend Pfunde Blut verlor (x); bei einer andern gingen durch den Weg der guͤldnen Ader, ganzer zwei und ſechzig Tage lang hintereinander, taͤglich fuͤnf Pfunde Blut verloren (y): ein anderer junger Menſch buͤſte in zehn Tagen fuͤnf und ſiebzig Pfunde Blut ein (z).
Man mag nun aber dieſe Verblutungen ſo gut erklaͤ- ren, als man immer will, ſo iſt es doch, laut dem obigen, eine ausgemachte Sache, daß ſich in unſern Gefaͤſſen keine geringe Anzahl Pfunde Blut befindet, und darin- nen umlaͤuft. Jn dieſem Punkte thut Theophilus Lobb(a) allerdings zu wenig, wenn er das Blut fuͤr den ſechzehnten Theil vom ganzen menſchlichen Koͤrper ausgibt, und es thut Richard Lower der Sache eben- falls zu wenig, wenn er es nur als den funfzehnten Theil vom Koͤrper betrachtet (b); denn nach ſeiner Rech- nung wuͤrden ſich in einem erwachſnen Menſchen kaum zehn Pfunde Blut befinden. Jn der That iſt Franz Quesnai(c), welcher ſieben und zwanzig Pfunde, und
Frie-
(t)[Spaltenumbruch]Journ. de medec. 1757. Mai- monat.
(u) Jhre Geſchichte hat der P. Ant. Michelott beſchrieben.
(x)Thurneiſer vom Urine. Buch 6. S. 51.
(y)Lettere al. D. gvrzio S. 34. 37.
(z)[Spaltenumbruch]Act. erudit. Lipſ. anni 1698.
(a)of fevers S. 278.
(b)de corde. C. III. S. 170.
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Fuͤnftes Buch. Das Blut
bediente, und ſich jedesmal dreißig bis vierzig Unzen
Blut abzapfen lies. Eine Frauensperſon, die ſich tau-
ſend und zwanzigmal innerhalb neunzehn Jahren zur
Ader gelaſſen hatte, weil ſie an dem Mutterweh krank
lag, bekam ihre erſte Geſundheit endlich wieder, als ſich
das Gebluͤte durch die Mutter ergos (t). Man weis
eine denkwuͤrdige Geſchichte von einer gewiſſen Jungfer,
welche, etliche Jahre hintereinander, alle Monate hundert
und fuͤnf und zwanzig Unzen Blut von ſich gab, und ſich
in vierzehn Monaten theils einen Tag um den andern,
theils alle Tage zur Ader lies (u). Die Geſchichte er-
waͤhnet noch einer andern Perſon, welche in einem Jahre
tauſend Pfunde Blut verlor (x); bei einer andern gingen
durch den Weg der guͤldnen Ader, ganzer zwei und ſechzig
Tage lang hintereinander, taͤglich fuͤnf Pfunde Blut
verloren (y): ein anderer junger Menſch buͤſte in zehn
Tagen fuͤnf und ſiebzig Pfunde Blut ein (z).
Man mag nun aber dieſe Verblutungen ſo gut erklaͤ-
ren, als man immer will, ſo iſt es doch, laut dem obigen,
eine ausgemachte Sache, daß ſich in unſern Gefaͤſſen
keine geringe Anzahl Pfunde Blut befindet, und darin-
nen umlaͤuft. Jn dieſem Punkte thut Theophilus
Lobb (a) allerdings zu wenig, wenn er das Blut fuͤr
den ſechzehnten Theil vom ganzen menſchlichen Koͤrper
ausgibt, und es thut Richard Lower der Sache eben-
falls zu wenig, wenn er es nur als den funfzehnten
Theil vom Koͤrper betrachtet (b); denn nach ſeiner Rech-
nung wuͤrden ſich in einem erwachſnen Menſchen kaum
zehn Pfunde Blut befinden. Jn der That iſt Franz
Quesnai (c), welcher ſieben und zwanzig Pfunde, und
Frie-
(t)
Journ. de medec. 1757. Mai-
monat.
(u) Jhre Geſchichte hat der P.
Ant. Michelott beſchrieben.
(x) Thurneiſer vom Urine.
Buch 6. S. 51.
(y) Lettere al. D. gvrzio S.
34. 37.
(z)
Act. erudit. Lipſ. anni 1698.
(a) of fevers S. 278.
(b) de corde. C. III. S. 170.
(c) de la Saignée neue Ausg.
S. 46. Er ſchaͤzzt alle Saͤfte zu
120 Pfunden.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 2. Berlin, 1762, S. 8. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende02_1762/28>, abgerufen am 16.02.2025.
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