Poros solchergestalt erweitert, daß so gar der rote Blut- teil in die kleinen Gefässe des Harnes, der Gedärme und der Haut hineingetrieben wird (i).
Hieraus erhellet also, es sind aber auch noch andre Gründe da, welche denjenigen verborgenen Ursachen zu Hülfe kommen, von denen wir bereits Meldung gethan haben: es erhellet, sage ich, wie nötig es sei, durch eine gehörige Bewegung des Leibes, und gemäßigte und dar- nach eingerichtete Narung, die Dichtheit des Blutes zu erhalten (k), und wenn solche verloren gegangen, sie durch eben dieses Mittel, durchs Fleischessen, Eisen und der- gleichen Mittel, welche das Zusammenziehen des Herzens befördern, wieder zu ergänzen. Eben so sieht man, wie gefärlich der Grundsazz des Kornelius Bontekoe(l) gewe- sen, welcher, weil er zur Unzeit die Dikkheit des Blutes für ein Uebel ausrief (m), beinahe den ganzen Gesundheits- zustand auf ein höchst dünnes Blut gründete, und sie ga- ben sich alle Mühe, dem Blute diese Wässrigkeit durch häusiges Theewasser beizubringen. Eben so könnte man sich wundern, wie berümte Männer den roten Theil im Blute beinahe für überflüßig haben ansehen können (n).
Es liesse sich die Frage aufwerfen, ob der rote Theil eine ernärende Natur besizzt? Viele sagen, nein (o): und es scheint in der That das eiweisartige, elastische, bildbare und sich in Fäden ziehende Flieswasser an sich geschikkter zu seyn, denjenigen Leim zu erzeugen, welcher die festen Theile eines thierischen Körpers nicht nur erbaut, sondern auch wiederherstellt. Endlich so erstrekket sich gleichsam das Gebiete der Ernärung weiter, als der rote Blut-
stoff,
(i)[Spaltenumbruch]
Buch 1. Buch 2.
(k)Boerhaave angef. Ort. tabor I. S. 71. quincy Essay the thiri on the animal fibre.
(l)De Thea S. 67. cheyne Theory S. 143. Blancard u. s. f.
(m)Boerhaave giebt mit Recht diese Erinnerung; dieser [Spaltenumbruch]
Bestürmer einer so gefärlichen Hi- potese, so wie der erste Leibarzt es thut T. II. S. 266.
(n)De St. leger Thes. über die Worte: Ergo proxima, qua corpus alitur materia, a rubro sanguine diuersa. Paris. 1743.
(o) Ebenders. ebendas.
Verhaͤltnis der Blutſtoffe u. ſ. f.
Poros ſolchergeſtalt erweitert, daß ſo gar der rote Blut- teil in die kleinen Gefaͤſſe des Harnes, der Gedaͤrme und der Haut hineingetrieben wird (i).
Hieraus erhellet alſo, es ſind aber auch noch andre Gruͤnde da, welche denjenigen verborgenen Urſachen zu Huͤlfe kommen, von denen wir bereits Meldung gethan haben: es erhellet, ſage ich, wie noͤtig es ſei, durch eine gehoͤrige Bewegung des Leibes, und gemaͤßigte und dar- nach eingerichtete Narung, die Dichtheit des Blutes zu erhalten (k), und wenn ſolche verloren gegangen, ſie durch eben dieſes Mittel, durchs Fleiſcheſſen, Eiſen und der- gleichen Mittel, welche das Zuſammenziehen des Herzens befoͤrdern, wieder zu ergaͤnzen. Eben ſo ſieht man, wie gefaͤrlich der Grundſazz des Kornelius Bontekoe(l) gewe- ſen, welcher, weil er zur Unzeit die Dikkheit des Blutes fuͤr ein Uebel ausrief (m), beinahe den ganzen Geſundheits- zuſtand auf ein hoͤchſt duͤnnes Blut gruͤndete, und ſie ga- ben ſich alle Muͤhe, dem Blute dieſe Waͤſſrigkeit durch haͤuſiges Theewaſſer beizubringen. Eben ſo koͤnnte man ſich wundern, wie beruͤmte Maͤnner den roten Theil im Blute beinahe fuͤr uͤberfluͤßig haben anſehen koͤnnen (n).
Es lieſſe ſich die Frage aufwerfen, ob der rote Theil eine ernaͤrende Natur beſizzt? Viele ſagen, nein (o): und es ſcheint in der That das eiweisartige, elaſtiſche, bildbare und ſich in Faͤden ziehende Flieswaſſer an ſich geſchikkter zu ſeyn, denjenigen Leim zu erzeugen, welcher die feſten Theile eines thieriſchen Koͤrpers nicht nur erbaut, ſondern auch wiederherſtellt. Endlich ſo erſtrekket ſich gleichſam das Gebiete der Ernaͤrung weiter, als der rote Blut-
ſtoff,
(i)[Spaltenumbruch]
Buch 1. Buch 2.
(k)Boerhaave angef. Ort. tabor I. S. 71. quincy Eſſay the thiri on the animal fibre.
(l)De Thea S. 67. cheyne Theory S. 143. Blancard u. ſ. f.
(m)Boerhaave giebt mit Recht dieſe Erinnerung; dieſer [Spaltenumbruch]
Beſtuͤrmer einer ſo gefaͤrlichen Hi- poteſe, ſo wie der erſte Leibarzt es thut T. II. S. 266.
(n)De St. leger Theſ. uͤber die Worte: Ergo proxima, qua corpus alitur materia, a rubro ſanguine diuerſa. Paris. 1743.
(o) Ebenderſ. ebendaſ.
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Verhaͤltnis der Blutſtoffe u. ſ. f.
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teil in die kleinen Gefaͤſſe des Harnes, der Gedaͤrme und
der Haut hineingetrieben wird (i).
Hieraus erhellet alſo, es ſind aber auch noch andre
Gruͤnde da, welche denjenigen verborgenen Urſachen zu
Huͤlfe kommen, von denen wir bereits Meldung gethan
haben: es erhellet, ſage ich, wie noͤtig es ſei, durch eine
gehoͤrige Bewegung des Leibes, und gemaͤßigte und dar-
nach eingerichtete Narung, die Dichtheit des Blutes zu
erhalten (k), und wenn ſolche verloren gegangen, ſie durch
eben dieſes Mittel, durchs Fleiſcheſſen, Eiſen und der-
gleichen Mittel, welche das Zuſammenziehen des Herzens
befoͤrdern, wieder zu ergaͤnzen. Eben ſo ſieht man, wie
gefaͤrlich der Grundſazz des Kornelius Bontekoe (l) gewe-
ſen, welcher, weil er zur Unzeit die Dikkheit des Blutes
fuͤr ein Uebel ausrief (m), beinahe den ganzen Geſundheits-
zuſtand auf ein hoͤchſt duͤnnes Blut gruͤndete, und ſie ga-
ben ſich alle Muͤhe, dem Blute dieſe Waͤſſrigkeit durch
haͤuſiges Theewaſſer beizubringen. Eben ſo koͤnnte man
ſich wundern, wie beruͤmte Maͤnner den roten Theil im
Blute beinahe fuͤr uͤberfluͤßig haben anſehen koͤnnen (n).
Es lieſſe ſich die Frage aufwerfen, ob der rote Theil
eine ernaͤrende Natur beſizzt? Viele ſagen, nein (o): und
es ſcheint in der That das eiweisartige, elaſtiſche, bildbare
und ſich in Faͤden ziehende Flieswaſſer an ſich geſchikkter
zu ſeyn, denjenigen Leim zu erzeugen, welcher die feſten
Theile eines thieriſchen Koͤrpers nicht nur erbaut, ſondern
auch wiederherſtellt. Endlich ſo erſtrekket ſich gleichſam
das Gebiete der Ernaͤrung weiter, als der rote Blut-
ſtoff,
(i)
Buch 1. Buch 2.
(k) Boerhaave angef. Ort.
tabor I. S. 71. quincy Eſſay
the thiri on the animal fibre.
(l) De Thea S. 67. cheyne
Theory S. 143. Blancard u. ſ. f.
(m) Boerhaave giebt mit
Recht dieſe Erinnerung; dieſer
Beſtuͤrmer einer ſo gefaͤrlichen Hi-
poteſe, ſo wie der erſte Leibarzt
es thut T. II. S. 266.
(n) De St. leger Theſ. uͤber
die Worte: Ergo proxima, qua
corpus alitur materia, a rubro
ſanguine diuerſa. Paris. 1743.
(o) Ebenderſ. ebendaſ.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 2. Berlin, 1762, S. 237. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende02_1762/257>, abgerufen am 24.11.2024.
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