Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 2. Berlin, 1762.

Bild:
<< vorherige Seite

Fünftes Buch. Das Blut.
den Philipp Verheyen (q) und den Johann Bon-
homme
(r).

§. 22.
Gründe, die man den Blutfasern entgegensezzt.

Johann Alfons Borell war, so viel ich mich erin-
nere, der erste (s), welcher die Fasern im Blute in der
Absicht bestritte, daß er ihnen unter den wesentlichen
Grundstoffen des Blutes keinen Plaz einräumen wollte.
Es kante dieser berümte Mann die Erscheinungen sehr
gut, auf welche man die Fasern zu gründen pflegte; er
leugnete aber, daß man Fasern in dem Blute eines le-
benden Menschen fände, da sie viel zu gros wären, und
in den kleinsten Gefäschen des menschlichen Körpers kei-
nen Plazz hätten. Es felte auch nicht an Gelerten, wel-
che diesem berümten Manne zu Hülfe kamen (t), so wie
hingegen Boerhaave die Fasern im Blute nicht zuge-
stehen wollte.

Wer indessen ein wenig die Länge, Schwere und
Weichheit dieser Blutfasern in Erwägung zieht, wird sich
sogleich überreden, es sei auf keinerlei Weise möglich, daß
die vom Herzen herrürende Kraft dergleichen langen und
biegsamen Faden, durch die Krümmungen und enge
Wege der feinsten Gefäschen hindurchpressen könne, da
es vielmehr ganz natürlich ist, daß diese Fäden an der
ersten besten Krümmung des kleinen Gefässes anstossen,
abprallen, und zurükkgeschlängelt werden müssen.

Jn meinem eignen, und in andern Versuchen, oder
auch im abgezapften Blute, erscheinet in dem Blute leben-
der Thiere nie etwas was einer Faser änlich wäre (u), ob
man gleich dabei die Kraft der erhabengeschliffnen Gläser

zu
(q) [Spaltenumbruch] B. 2. S. 32.
(r) Cephalotomie S. 309.
(s) De mot. anim. L. II. Prop.
132. S. 265. 266.
(t) [Spaltenumbruch] Iohann bohn Circul. Anat.
S. 169. Hieronimus sbaragli
angef. Ort. S. 109. Wilh. cowper
über den bidloo. T. 23. f. 16.
(u) Schwenke S. 103.

Fuͤnftes Buch. Das Blut.
den Philipp Verheyen (q) und den Johann Bon-
homme
(r).

§. 22.
Gruͤnde, die man den Blutfaſern entgegenſezzt.

Johann Alfons Borell war, ſo viel ich mich erin-
nere, der erſte (s), welcher die Faſern im Blute in der
Abſicht beſtritte, daß er ihnen unter den weſentlichen
Grundſtoffen des Blutes keinen Plaz einraͤumen wollte.
Es kante dieſer beruͤmte Mann die Erſcheinungen ſehr
gut, auf welche man die Faſern zu gruͤnden pflegte; er
leugnete aber, daß man Faſern in dem Blute eines le-
benden Menſchen faͤnde, da ſie viel zu gros waͤren, und
in den kleinſten Gefaͤschen des menſchlichen Koͤrpers kei-
nen Plazz haͤtten. Es felte auch nicht an Gelerten, wel-
che dieſem beruͤmten Manne zu Huͤlfe kamen (t), ſo wie
hingegen Boerhaave die Faſern im Blute nicht zuge-
ſtehen wollte.

Wer indeſſen ein wenig die Laͤnge, Schwere und
Weichheit dieſer Blutfaſern in Erwaͤgung zieht, wird ſich
ſogleich uͤberreden, es ſei auf keinerlei Weiſe moͤglich, daß
die vom Herzen herruͤrende Kraft dergleichen langen und
biegſamen Faden, durch die Kruͤmmungen und enge
Wege der feinſten Gefaͤschen hindurchpreſſen koͤnne, da
es vielmehr ganz natuͤrlich iſt, daß dieſe Faͤden an der
erſten beſten Kruͤmmung des kleinen Gefaͤſſes anſtoſſen,
abprallen, und zuruͤkkgeſchlaͤngelt werden muͤſſen.

Jn meinem eignen, und in andern Verſuchen, oder
auch im abgezapften Blute, erſcheinet in dem Blute leben-
der Thiere nie etwas was einer Faſer aͤnlich waͤre (u), ob
man gleich dabei die Kraft der erhabengeſchliffnen Glaͤſer

zu
(q) [Spaltenumbruch] B. 2. S. 32.
(r) Cephalotomie S. 309.
(s) De mot. anim. L. II. Prop.
132. S. 265. 266.
(t) [Spaltenumbruch] Iohann bohn Circul. Anat.
S. 169. Hieronimus ſbaragli
angef. Ort. S. 109. Wilh. cowper
uͤber den bidloo. T. 23. f. 16.
(u) Schwenke S. 103.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0132" n="112"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Fu&#x0364;nftes Buch. Das Blut.</hi></fw><lb/>
den Philipp <hi rendition="#fr">Verheyen</hi> <note place="foot" n="(q)"><cb/>
B. 2. S. 32.</note> und den Johann <hi rendition="#fr">Bon-<lb/>
homme</hi> <note place="foot" n="(r)"><hi rendition="#aq">Cephalotomie</hi> S. 309.</note>.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 22.<lb/>
Gru&#x0364;nde, die man den Blutfa&#x017F;ern entgegen&#x017F;ezzt.</head><lb/>
            <p>Johann Alfons <hi rendition="#fr">Borell</hi> war, &#x017F;o viel ich mich erin-<lb/>
nere, der er&#x017F;te <note place="foot" n="(s)"><hi rendition="#aq">De mot. anim. L. II. Prop.</hi><lb/>
132. S. 265. 266.</note>, welcher die Fa&#x017F;ern im Blute in der<lb/>
Ab&#x017F;icht be&#x017F;tritte, daß er ihnen unter den we&#x017F;entlichen<lb/>
Grund&#x017F;toffen des Blutes keinen Plaz einra&#x0364;umen wollte.<lb/>
Es kante die&#x017F;er beru&#x0364;mte Mann die Er&#x017F;cheinungen &#x017F;ehr<lb/>
gut, auf welche man die Fa&#x017F;ern zu gru&#x0364;nden pflegte; er<lb/>
leugnete aber, daß man Fa&#x017F;ern in dem Blute eines le-<lb/>
benden Men&#x017F;chen fa&#x0364;nde, da &#x017F;ie viel zu gros wa&#x0364;ren, und<lb/>
in den klein&#x017F;ten Gefa&#x0364;schen des men&#x017F;chlichen Ko&#x0364;rpers kei-<lb/>
nen Plazz ha&#x0364;tten. Es felte auch nicht an Gelerten, wel-<lb/>
che die&#x017F;em beru&#x0364;mten Manne zu Hu&#x0364;lfe kamen <note place="foot" n="(t)"><cb/><hi rendition="#aq">Iohann <hi rendition="#k">bohn</hi> Circul. Anat.</hi><lb/>
S. 169. <hi rendition="#aq">Hieronimus <hi rendition="#g"><hi rendition="#k">&#x017F;baragli</hi></hi></hi><lb/>
angef. Ort. S. 109. <hi rendition="#aq">Wilh. <hi rendition="#k">cowper</hi></hi><lb/>
u&#x0364;ber den <hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">bidloo.</hi> T. 23. f.</hi> 16.</note>, &#x017F;o wie<lb/>
hingegen <hi rendition="#fr">Boerhaave</hi> die Fa&#x017F;ern im Blute nicht zuge-<lb/>
&#x017F;tehen wollte.</p><lb/>
            <p>Wer inde&#x017F;&#x017F;en ein wenig die La&#x0364;nge, Schwere und<lb/>
Weichheit die&#x017F;er Blutfa&#x017F;ern in Erwa&#x0364;gung zieht, wird &#x017F;ich<lb/>
&#x017F;ogleich u&#x0364;berreden, es &#x017F;ei auf keinerlei Wei&#x017F;e mo&#x0364;glich, daß<lb/>
die vom Herzen herru&#x0364;rende Kraft dergleichen langen und<lb/>
bieg&#x017F;amen Faden, durch die Kru&#x0364;mmungen und enge<lb/>
Wege der fein&#x017F;ten Gefa&#x0364;schen hindurchpre&#x017F;&#x017F;en ko&#x0364;nne, da<lb/>
es vielmehr ganz natu&#x0364;rlich i&#x017F;t, daß die&#x017F;e Fa&#x0364;den an der<lb/>
er&#x017F;ten be&#x017F;ten Kru&#x0364;mmung des kleinen Gefa&#x0364;&#x017F;&#x017F;es an&#x017F;to&#x017F;&#x017F;en,<lb/>
abprallen, und zuru&#x0364;kkge&#x017F;chla&#x0364;ngelt werden mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en.</p><lb/>
            <p>Jn meinem eignen, und in andern Ver&#x017F;uchen, oder<lb/>
auch im abgezapften Blute, er&#x017F;cheinet in dem Blute leben-<lb/>
der Thiere nie etwas was einer Fa&#x017F;er a&#x0364;nlich wa&#x0364;re <note place="foot" n="(u)"><hi rendition="#fr">Schwenke</hi> S. 103.</note>, ob<lb/>
man gleich dabei die Kraft der erhabenge&#x017F;chliffnen Gla&#x0364;&#x017F;er<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">zu</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[112/0132] Fuͤnftes Buch. Das Blut. den Philipp Verheyen (q) und den Johann Bon- homme (r). §. 22. Gruͤnde, die man den Blutfaſern entgegenſezzt. Johann Alfons Borell war, ſo viel ich mich erin- nere, der erſte (s), welcher die Faſern im Blute in der Abſicht beſtritte, daß er ihnen unter den weſentlichen Grundſtoffen des Blutes keinen Plaz einraͤumen wollte. Es kante dieſer beruͤmte Mann die Erſcheinungen ſehr gut, auf welche man die Faſern zu gruͤnden pflegte; er leugnete aber, daß man Faſern in dem Blute eines le- benden Menſchen faͤnde, da ſie viel zu gros waͤren, und in den kleinſten Gefaͤschen des menſchlichen Koͤrpers kei- nen Plazz haͤtten. Es felte auch nicht an Gelerten, wel- che dieſem beruͤmten Manne zu Huͤlfe kamen (t), ſo wie hingegen Boerhaave die Faſern im Blute nicht zuge- ſtehen wollte. Wer indeſſen ein wenig die Laͤnge, Schwere und Weichheit dieſer Blutfaſern in Erwaͤgung zieht, wird ſich ſogleich uͤberreden, es ſei auf keinerlei Weiſe moͤglich, daß die vom Herzen herruͤrende Kraft dergleichen langen und biegſamen Faden, durch die Kruͤmmungen und enge Wege der feinſten Gefaͤschen hindurchpreſſen koͤnne, da es vielmehr ganz natuͤrlich iſt, daß dieſe Faͤden an der erſten beſten Kruͤmmung des kleinen Gefaͤſſes anſtoſſen, abprallen, und zuruͤkkgeſchlaͤngelt werden muͤſſen. Jn meinem eignen, und in andern Verſuchen, oder auch im abgezapften Blute, erſcheinet in dem Blute leben- der Thiere nie etwas was einer Faſer aͤnlich waͤre (u), ob man gleich dabei die Kraft der erhabengeſchliffnen Glaͤſer zu (q) B. 2. S. 32. (r) Cephalotomie S. 309. (s) De mot. anim. L. II. Prop. 132. S. 265. 266. (t) Iohann bohn Circul. Anat. S. 169. Hieronimus ſbaragli angef. Ort. S. 109. Wilh. cowper uͤber den bidloo. T. 23. f. 16. (u) Schwenke S. 103.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende02_1762
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende02_1762/132
Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 2. Berlin, 1762, S. 112. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende02_1762/132>, abgerufen am 20.11.2024.