Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 1. Berlin, 1759.

Bild:
<< vorherige Seite

Viertes Buch. Das Herz.
nur geschwächet (c), dennoch aber fortgesezzet worden,
da hingegen andere melden, daß sie sogleich aufhöre: son-
sten habe ich auch beobachtet, daß der Herzschlag noch
vollkommen anhalte, wenn gleich viele Blutadern unter-
bunden worden (d). Es ist aber nicht sehr schwer, die
Ursache von solchem ungleichen Erfolge zu finden. So
oft nämlich das Herz nach der Unterbindung derer Blut-
adern nicht stille gestanden, und nicht einmal, wenn es
gleich aus der Brust gerissen und ausgedrükt worden, da-
zu hat können gebracht werden; so oft hat man auch et-
was weniges Blut (e) in der Herzkammer noch rükstän-
dig gefunden. Folglich wird unsere Meinung durch den
Einwurf, den man von den unterbundenen Blutadern
hernimmt, keineswegs widerlegt.

Endlich habe ich versucht, Erfahrungen auf eine an-
dere Art anzustellen, um in der That mit einiger Gewiß-
heit bestimmen zu können, daß das Schlagen des Her-
zens von dem Reiz des Blutes erfolge. Da nun in je-
dem warmen Thiere die rechte Herzkammer (f) und das
rechte Herzohr (g) länger in der Bewegung verharren,
und hingegen die linken Hölen des Herzens eher ruhig
werden: da auch ferner stark zu vermuthen ist, daß diese
dauerhafte Bewegung, welche die rechte Herzhölen äus-
sern, von dem Blute herrühret, welches aus besondern
Ursachen (h) in diesen Hölen zurükke bleibt, zu welcher
Zeit alsdenn nichts vom Blute in das Ohr, oder in die
Kammer der linken Seite kommt: so habe ich mich be-
mühet so viel zu erhalten, daß die Kammer und das Ohr
der rechten Seite eher möchten leer gemacht, und diese

beide
(c) [Spaltenumbruch] Exp. 552. hieher gehöret das
Herzklopfen von denen unterbun-
denen Blutadern, Whytt am
angef. Ort S. 79.
(d) Exp. 488. 506. 511. 512. 513.
514. Chirac. Blanquet am an-
gef. Ort.
(e) [Spaltenumbruch] Exp. 517. 523.
(f) Jm 4ten Buch, 4. Abschn.
§. 24.
(g) Ebendaselbst.
(h) Jm folgenden 15 §.

Viertes Buch. Das Herz.
nur geſchwaͤchet (c), dennoch aber fortgeſezzet worden,
da hingegen andere melden, daß ſie ſogleich aufhoͤre: ſon-
ſten habe ich auch beobachtet, daß der Herzſchlag noch
vollkommen anhalte, wenn gleich viele Blutadern unter-
bunden worden (d). Es iſt aber nicht ſehr ſchwer, die
Urſache von ſolchem ungleichen Erfolge zu finden. So
oft naͤmlich das Herz nach der Unterbindung derer Blut-
adern nicht ſtille geſtanden, und nicht einmal, wenn es
gleich aus der Bruſt geriſſen und ausgedruͤkt worden, da-
zu hat koͤnnen gebracht werden; ſo oft hat man auch et-
was weniges Blut (e) in der Herzkammer noch ruͤkſtaͤn-
dig gefunden. Folglich wird unſere Meinung durch den
Einwurf, den man von den unterbundenen Blutadern
hernimmt, keineswegs widerlegt.

Endlich habe ich verſucht, Erfahrungen auf eine an-
dere Art anzuſtellen, um in der That mit einiger Gewiß-
heit beſtimmen zu koͤnnen, daß das Schlagen des Her-
zens von dem Reiz des Blutes erfolge. Da nun in je-
dem warmen Thiere die rechte Herzkammer (f) und das
rechte Herzohr (g) laͤnger in der Bewegung verharren,
und hingegen die linken Hoͤlen des Herzens eher ruhig
werden: da auch ferner ſtark zu vermuthen iſt, daß dieſe
dauerhafte Bewegung, welche die rechte Herzhoͤlen aͤuſ-
ſern, von dem Blute herruͤhret, welches aus beſondern
Urſachen (h) in dieſen Hoͤlen zuruͤkke bleibt, zu welcher
Zeit alsdenn nichts vom Blute in das Ohr, oder in die
Kammer der linken Seite kommt: ſo habe ich mich be-
muͤhet ſo viel zu erhalten, daß die Kammer und das Ohr
der rechten Seite eher moͤchten leer gemacht, und dieſe

beide
(c) [Spaltenumbruch] Exp. 552. hieher gehoͤret das
Herzklopfen von denen unterbun-
denen Blutadern, Whytt am
angef. Ort S. 79.
(d) Exp. 488. 506. 511. 512. 513.
514. Chirac. Blanquet am an-
gef. Ort.
(e) [Spaltenumbruch] Exp. 517. 523.
(f) Jm 4ten Buch, 4. Abſchn.
§. 24.
(g) Ebendaſelbſt.
(h) Jm folgenden 15 §.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0998" n="942"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Viertes Buch. Das Herz.</hi></fw><lb/>
nur ge&#x017F;chwa&#x0364;chet <note place="foot" n="(c)"><cb/><hi rendition="#aq">Exp.</hi> 552. hieher geho&#x0364;ret das<lb/>
Herzklopfen von denen unterbun-<lb/>
denen Blutadern, <hi rendition="#fr">Whytt</hi> am<lb/>
angef. Ort S. 79.</note>, dennoch aber fortge&#x017F;ezzet worden,<lb/>
da hingegen andere melden, daß &#x017F;ie &#x017F;ogleich aufho&#x0364;re: &#x017F;on-<lb/>
&#x017F;ten habe ich auch beobachtet, daß der Herz&#x017F;chlag noch<lb/>
vollkommen anhalte, wenn gleich viele Blutadern unter-<lb/>
bunden worden <note place="foot" n="(d)"><hi rendition="#aq">Exp.</hi> 488. 506. 511. 512. 513.<lb/>
514. <hi rendition="#fr">Chirac. Blanquet</hi> am an-<lb/>
gef. Ort.</note>. Es i&#x017F;t aber nicht &#x017F;ehr &#x017F;chwer, die<lb/>
Ur&#x017F;ache von &#x017F;olchem ungleichen Erfolge zu finden. So<lb/>
oft na&#x0364;mlich das Herz nach der Unterbindung derer Blut-<lb/>
adern nicht &#x017F;tille ge&#x017F;tanden, und nicht einmal, wenn es<lb/>
gleich aus der Bru&#x017F;t geri&#x017F;&#x017F;en und ausgedru&#x0364;kt worden, da-<lb/>
zu hat ko&#x0364;nnen gebracht werden; &#x017F;o oft hat man auch et-<lb/>
was weniges Blut <note place="foot" n="(e)"><cb/><hi rendition="#aq">Exp.</hi> 517. 523.</note> in der Herzkammer noch ru&#x0364;k&#x017F;ta&#x0364;n-<lb/>
dig gefunden. Folglich wird un&#x017F;ere Meinung durch den<lb/>
Einwurf, den man von den unterbundenen Blutadern<lb/>
hernimmt, keineswegs widerlegt.</p><lb/>
            <p>Endlich habe ich ver&#x017F;ucht, Erfahrungen auf eine an-<lb/>
dere Art anzu&#x017F;tellen, um in der That mit einiger Gewiß-<lb/>
heit be&#x017F;timmen zu ko&#x0364;nnen, daß das Schlagen des Her-<lb/>
zens von dem Reiz des Blutes erfolge. Da nun in je-<lb/>
dem warmen Thiere die rechte Herzkammer <note place="foot" n="(f)">Jm 4ten Buch, 4. Ab&#x017F;chn.<lb/>
§. 24.</note> und das<lb/>
rechte Herzohr <note place="foot" n="(g)">Ebenda&#x017F;elb&#x017F;t.</note> la&#x0364;nger in der Bewegung verharren,<lb/>
und hingegen die linken Ho&#x0364;len des Herzens eher ruhig<lb/>
werden: da auch ferner &#x017F;tark zu vermuthen i&#x017F;t, daß die&#x017F;e<lb/>
dauerhafte Bewegung, welche die rechte Herzho&#x0364;len a&#x0364;u&#x017F;-<lb/>
&#x017F;ern, von dem Blute herru&#x0364;hret, welches aus be&#x017F;ondern<lb/>
Ur&#x017F;achen <note place="foot" n="(h)">Jm folgenden 15 §.</note> in die&#x017F;en Ho&#x0364;len zuru&#x0364;kke bleibt, zu welcher<lb/>
Zeit alsdenn nichts vom Blute in das Ohr, oder in die<lb/>
Kammer der linken Seite kommt: &#x017F;o habe ich mich be-<lb/>
mu&#x0364;het &#x017F;o viel zu erhalten, daß die Kammer und das Ohr<lb/>
der rechten Seite eher mo&#x0364;chten leer gemacht, und die&#x017F;e<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">beide</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[942/0998] Viertes Buch. Das Herz. nur geſchwaͤchet (c), dennoch aber fortgeſezzet worden, da hingegen andere melden, daß ſie ſogleich aufhoͤre: ſon- ſten habe ich auch beobachtet, daß der Herzſchlag noch vollkommen anhalte, wenn gleich viele Blutadern unter- bunden worden (d). Es iſt aber nicht ſehr ſchwer, die Urſache von ſolchem ungleichen Erfolge zu finden. So oft naͤmlich das Herz nach der Unterbindung derer Blut- adern nicht ſtille geſtanden, und nicht einmal, wenn es gleich aus der Bruſt geriſſen und ausgedruͤkt worden, da- zu hat koͤnnen gebracht werden; ſo oft hat man auch et- was weniges Blut (e) in der Herzkammer noch ruͤkſtaͤn- dig gefunden. Folglich wird unſere Meinung durch den Einwurf, den man von den unterbundenen Blutadern hernimmt, keineswegs widerlegt. Endlich habe ich verſucht, Erfahrungen auf eine an- dere Art anzuſtellen, um in der That mit einiger Gewiß- heit beſtimmen zu koͤnnen, daß das Schlagen des Her- zens von dem Reiz des Blutes erfolge. Da nun in je- dem warmen Thiere die rechte Herzkammer (f) und das rechte Herzohr (g) laͤnger in der Bewegung verharren, und hingegen die linken Hoͤlen des Herzens eher ruhig werden: da auch ferner ſtark zu vermuthen iſt, daß dieſe dauerhafte Bewegung, welche die rechte Herzhoͤlen aͤuſ- ſern, von dem Blute herruͤhret, welches aus beſondern Urſachen (h) in dieſen Hoͤlen zuruͤkke bleibt, zu welcher Zeit alsdenn nichts vom Blute in das Ohr, oder in die Kammer der linken Seite kommt: ſo habe ich mich be- muͤhet ſo viel zu erhalten, daß die Kammer und das Ohr der rechten Seite eher moͤchten leer gemacht, und dieſe beide (c) Exp. 552. hieher gehoͤret das Herzklopfen von denen unterbun- denen Blutadern, Whytt am angef. Ort S. 79. (d) Exp. 488. 506. 511. 512. 513. 514. Chirac. Blanquet am an- gef. Ort. (e) Exp. 517. 523. (f) Jm 4ten Buch, 4. Abſchn. §. 24. (g) Ebendaſelbſt. (h) Jm folgenden 15 §.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende01_1759
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende01_1759/998
Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 1. Berlin, 1759, S. 942. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende01_1759/998>, abgerufen am 23.11.2024.