gleichen Versuch meines Orts niemals angestellet habe. Es erhellet übrigens aus diesen Experimenten, daß, ob- gleich das ganze Herz und alles sein Fleisch (r) reizbar ist, dennoch die innere Fläche desselben ungleich mehr von dieser Kraft enthalte (s), wobei es auch zugleich scheinet, daß die inwendige Fläche des rechten Herzohres mit die- sem Vermögen noch in grösserm Maaß versehen sey (t).
Zu diesem muß man noch beifügen, daß das Herz in jungen Thieren offenbar eine grössere Reizbarkeit besizzet, viel ehe aus dem Zustande der Erstarrung wieder erwek- ket wird, und in dieser Bewegung beständiger beharret (u), wenn auch gleich der Gebrauch der äussern Sinnen be- reits aufgehört hat. Bei denen Kazzen äusserte sich vor allen andern Thieren die gröste Reizbarkeit, wenn sie 20 Tage alt waren (x): dagegen konnte man das Herz an einem alten Hunde, obgleich noch alles Eingeweide warm war (y), nicht mehr zum Schlagen bringen. Es lassen sich hieraus viele und sehr wichtige Folgerungen, zur Er- läuterung der Theorie des Wachsthums, der Leidenschaf- ten der Seele, derer Fieber, und zur Heilung hizziger Krankheiten, herleiten. Daher entstehet auch das sehr lebhafte Schlagen des vollkommen zarten Herzens, wel- ches den Namen eines klopfenden Punktes erhalten, da indessen das ganze Thier, das Herz ausgenommen, nichts als eine träge Gallerte ist. Daher geschehen die Herz-
schläge
(r)[Spaltenumbruch]Exp. 495.
(s) Vergleiche hiermit Zim- mermann am angef. Ort, S. 57. daß besonders die Fleischsäulen des Herzens am längsten reizbar blei- ben, berichtet der berühmte Brok- leseyPhil. Transact. 1755. S. 243. Es nahm das Herz, welches man aus einem eilftägigen Eye heraus- genommen hatte, nach 24 Stun- den in der Hand des Zergliede- rers mit der Wärme wieder die Be- [Spaltenumbruch]
wegung an. Zween Tage hernach that es dieses nicht über 4 bis 5 Stunden, Langley S. 15.
(t)Exp. 473. 494. u. f. Cosetti Lettera 2. esper. 20.
(u)Lower S. 46. maitre iean du poulet S. 285. Ens n. 14. Whytt S. 358.
(x)TosettiL. II. obs. 12. esper. 21. 22.
(y)Tosetti ebendas. Obs. 11. esper. 13.
L l l
Urſachen des Herzſchlages.
gleichen Verſuch meines Orts niemals angeſtellet habe. Es erhellet uͤbrigens aus dieſen Experimenten, daß, ob- gleich das ganze Herz und alles ſein Fleiſch (r) reizbar iſt, dennoch die innere Flaͤche deſſelben ungleich mehr von dieſer Kraft enthalte (s), wobei es auch zugleich ſcheinet, daß die inwendige Flaͤche des rechten Herzohres mit die- ſem Vermoͤgen noch in groͤſſerm Maaß verſehen ſey (t).
Zu dieſem muß man noch beifuͤgen, daß das Herz in jungen Thieren offenbar eine groͤſſere Reizbarkeit beſizzet, viel ehe aus dem Zuſtande der Erſtarrung wieder erwek- ket wird, und in dieſer Bewegung beſtaͤndiger beharret (u), wenn auch gleich der Gebrauch der aͤuſſern Sinnen be- reits aufgehoͤrt hat. Bei denen Kazzen aͤuſſerte ſich vor allen andern Thieren die groͤſte Reizbarkeit, wenn ſie 20 Tage alt waren (x): dagegen konnte man das Herz an einem alten Hunde, obgleich noch alles Eingeweide warm war (y), nicht mehr zum Schlagen bringen. Es laſſen ſich hieraus viele und ſehr wichtige Folgerungen, zur Er- laͤuterung der Theorie des Wachsthums, der Leidenſchaf- ten der Seele, derer Fieber, und zur Heilung hizziger Krankheiten, herleiten. Daher entſtehet auch das ſehr lebhafte Schlagen des vollkommen zarten Herzens, wel- ches den Namen eines klopfenden Punktes erhalten, da indeſſen das ganze Thier, das Herz ausgenommen, nichts als eine traͤge Gallerte iſt. Daher geſchehen die Herz-
ſchlaͤge
(r)[Spaltenumbruch]Exp. 495.
(s) Vergleiche hiermit Zim- mermann am angef. Ort, S. 57. daß beſonders die Fleiſchſaͤulen des Herzens am laͤngſten reizbar blei- ben, berichtet der beruͤhmte Brok- leſeyPhil. Transact. 1755. S. 243. Es nahm das Herz, welches man aus einem eilftaͤgigen Eye heraus- genommen hatte, nach 24 Stun- den in der Hand des Zergliede- rers mit der Waͤrme wieder die Be- [Spaltenumbruch]
wegung an. Zween Tage hernach that es dieſes nicht uͤber 4 bis 5 Stunden, Langley S. 15.
(t)Exp. 473. 494. u. f. Coſetti Lettera 2. eſper. 20.
(u)Lower S. 46. maitre iean du poulet S. 285. Ens n. 14. Whytt S. 358.
(x)ToſettiL. II. obſ. 12. eſper. 21. 22.
(y)Toſetti ebendaſ. Obſ. 11. eſper. 13.
L l l
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0953"n="897"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Urſachen des Herzſchlages.</hi></fw><lb/>
gleichen Verſuch meines Orts niemals angeſtellet habe.<lb/>
Es erhellet uͤbrigens aus dieſen Experimenten, daß, ob-<lb/>
gleich das ganze Herz und alles ſein Fleiſch <noteplace="foot"n="(r)"><cb/><hirendition="#aq">Exp.</hi> 495.</note> reizbar<lb/>
iſt, dennoch die innere Flaͤche deſſelben ungleich mehr von<lb/>
dieſer Kraft enthalte <noteplace="foot"n="(s)">Vergleiche hiermit <hirendition="#fr">Zim-<lb/>
mermann</hi> am angef. Ort, S. 57.<lb/>
daß beſonders die Fleiſchſaͤulen des<lb/>
Herzens am laͤngſten reizbar blei-<lb/>
ben, berichtet der beruͤhmte <hirendition="#fr">Brok-<lb/>
leſey</hi><hirendition="#aq">Phil. Transact.</hi> 1755. S. 243.<lb/>
Es nahm das Herz, welches man<lb/>
aus einem eilftaͤgigen Eye heraus-<lb/>
genommen hatte, nach 24 Stun-<lb/>
den in der Hand des Zergliede-<lb/>
rers mit der Waͤrme wieder die Be-<lb/><cb/>
wegung an. Zween Tage hernach<lb/>
that es dieſes nicht uͤber 4 bis 5<lb/>
Stunden, <hirendition="#fr">Langley</hi> S. 15.</note>, wobei es auch zugleich ſcheinet,<lb/>
daß die inwendige Flaͤche des rechten Herzohres mit die-<lb/>ſem Vermoͤgen noch in groͤſſerm Maaß verſehen ſey <noteplace="foot"n="(t)"><hirendition="#aq">Exp.</hi> 473. 494. u. f. <hirendition="#fr">Coſetti</hi><lb/><hirendition="#aq">Lettera 2. eſper.</hi> 20.</note>.</p><lb/><p>Zu dieſem muß man noch beifuͤgen, daß das Herz in<lb/>
jungen Thieren offenbar eine groͤſſere Reizbarkeit beſizzet,<lb/>
viel ehe aus dem Zuſtande der Erſtarrung wieder erwek-<lb/>
ket wird, und in dieſer Bewegung beſtaͤndiger beharret <noteplace="foot"n="(u)"><hirendition="#fr">Lower</hi> S. 46. <hirendition="#aq"><hirendition="#g"><hirendition="#k">maitre<lb/>
iean</hi></hi> du poulet</hi> S. 285. <hirendition="#fr">Ens</hi><lb/><hirendition="#aq">n.</hi> 14. <hirendition="#fr">Whytt</hi> S. 358.</note>,<lb/>
wenn auch gleich der Gebrauch der aͤuſſern Sinnen be-<lb/>
reits aufgehoͤrt hat. Bei denen Kazzen aͤuſſerte ſich vor<lb/>
allen andern Thieren die groͤſte Reizbarkeit, wenn ſie 20<lb/>
Tage alt waren <noteplace="foot"n="(x)"><hirendition="#fr">Toſetti</hi><hirendition="#aq">L. II. obſ. 12. eſper.</hi><lb/>
21. 22.</note>: dagegen konnte man das Herz an<lb/>
einem alten Hunde, obgleich noch alles Eingeweide warm<lb/>
war <noteplace="foot"n="(y)"><hirendition="#fr">Toſetti</hi> ebendaſ. <hirendition="#aq">Obſ. 11.<lb/>
eſper.</hi> 13.</note>, nicht mehr zum Schlagen bringen. Es laſſen<lb/>ſich hieraus viele und ſehr wichtige Folgerungen, zur Er-<lb/>
laͤuterung der Theorie des Wachsthums, der Leidenſchaf-<lb/>
ten der Seele, derer Fieber, und zur Heilung hizziger<lb/>
Krankheiten, herleiten. Daher entſtehet auch das ſehr<lb/>
lebhafte Schlagen des vollkommen zarten Herzens, wel-<lb/>
ches den Namen eines klopfenden Punktes erhalten, da<lb/>
indeſſen das ganze Thier, das Herz ausgenommen, nichts<lb/>
als eine traͤge Gallerte iſt. Daher geſchehen die Herz-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">ſchlaͤge</fw><lb/><fwplace="bottom"type="sig">L l l</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[897/0953]
Urſachen des Herzſchlages.
gleichen Verſuch meines Orts niemals angeſtellet habe.
Es erhellet uͤbrigens aus dieſen Experimenten, daß, ob-
gleich das ganze Herz und alles ſein Fleiſch (r) reizbar
iſt, dennoch die innere Flaͤche deſſelben ungleich mehr von
dieſer Kraft enthalte (s), wobei es auch zugleich ſcheinet,
daß die inwendige Flaͤche des rechten Herzohres mit die-
ſem Vermoͤgen noch in groͤſſerm Maaß verſehen ſey (t).
Zu dieſem muß man noch beifuͤgen, daß das Herz in
jungen Thieren offenbar eine groͤſſere Reizbarkeit beſizzet,
viel ehe aus dem Zuſtande der Erſtarrung wieder erwek-
ket wird, und in dieſer Bewegung beſtaͤndiger beharret (u),
wenn auch gleich der Gebrauch der aͤuſſern Sinnen be-
reits aufgehoͤrt hat. Bei denen Kazzen aͤuſſerte ſich vor
allen andern Thieren die groͤſte Reizbarkeit, wenn ſie 20
Tage alt waren (x): dagegen konnte man das Herz an
einem alten Hunde, obgleich noch alles Eingeweide warm
war (y), nicht mehr zum Schlagen bringen. Es laſſen
ſich hieraus viele und ſehr wichtige Folgerungen, zur Er-
laͤuterung der Theorie des Wachsthums, der Leidenſchaf-
ten der Seele, derer Fieber, und zur Heilung hizziger
Krankheiten, herleiten. Daher entſtehet auch das ſehr
lebhafte Schlagen des vollkommen zarten Herzens, wel-
ches den Namen eines klopfenden Punktes erhalten, da
indeſſen das ganze Thier, das Herz ausgenommen, nichts
als eine traͤge Gallerte iſt. Daher geſchehen die Herz-
ſchlaͤge
(r)
Exp. 495.
(s) Vergleiche hiermit Zim-
mermann am angef. Ort, S. 57.
daß beſonders die Fleiſchſaͤulen des
Herzens am laͤngſten reizbar blei-
ben, berichtet der beruͤhmte Brok-
leſey Phil. Transact. 1755. S. 243.
Es nahm das Herz, welches man
aus einem eilftaͤgigen Eye heraus-
genommen hatte, nach 24 Stun-
den in der Hand des Zergliede-
rers mit der Waͤrme wieder die Be-
wegung an. Zween Tage hernach
that es dieſes nicht uͤber 4 bis 5
Stunden, Langley S. 15.
(t) Exp. 473. 494. u. f. Coſetti
Lettera 2. eſper. 20.
(u) Lower S. 46. maitre
iean du poulet S. 285. Ens
n. 14. Whytt S. 358.
(x) Toſetti L. II. obſ. 12. eſper.
21. 22.
(y) Toſetti ebendaſ. Obſ. 11.
eſper. 13.
L l l
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 1. Berlin, 1759, S. 897. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende01_1759/953>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.