ziehung des Herzens, wie sie nach des Lancisius Mei- nung geschehen soll, dieser Ring von einander entgegen- gesezten Kräften gedrukt werden, nämlich von dem Blu- te des zusammengezognen Ohres, welches in das Herz hinein will, und vom Blute der Kammer, welches den Blutaderring gegen das Herzohr zutreibt. Solchem- nach würde also die Natur die Kraft, die sie auf das Zu- sammenziehen der Herzohren verwendete, ganz vergebens, und noch dazu mit einigem Schaden verschwenden, weil indessen die widerstrebende Kraft der Kammer den Klap- penring an seiner nothwendigen Ausspannung hindern würde, wodurch also die Eröfnung der Schlagadermün- dung würde gehindert werden (k). Da auch ferner, nach dieser Hypothese, zween Theile von der Erweiterung der Ohren, in der That mit zween Drittheilen der Erweite- rung der Kammer in einerlei Zeit zusammenkommen, so würden gewiß die ganze Zeit hindurch, da das Herz, ver- möge seiner Schlaffheit, am geschiktesten wäre das Blut aufzunehmen, die Hölungen dieses Muskels gar nichts empfangen, weil die Ohren zu der Zeit, da sie zumal selbst sich in Ruhe befänden, nichts dahin würden senden können. Daher würde also nicht nur die Zusammenzie- hung der Ohren, innerhalb denen zween Drittheilen ih- rer Dauer vergeblich vorgenommen werden, sondern es würde auch eben dieses innerhalb solcher Zeit in Anse- hung der Erweiterung des Herzens erfolgen. Man kann auch hierbei noch die Gründe des vortreflichen Morgagni(l) in Ueberlegung ziehen, indem derselbe sich, aus Liebe zur Wahrheit, nicht hat entschliessen kön- nen, die Parthie seines Freundes zu ergreifen.
§. 23.
(k) Die eben jezzo angeführte Stellen.
(l)Epist. anat. XV. n. 13.
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Die Bewegung des Herzens.
ziehung des Herzens, wie ſie nach des Lanciſius Mei- nung geſchehen ſoll, dieſer Ring von einander entgegen- geſezten Kraͤften gedrukt werden, naͤmlich von dem Blu- te des zuſammengezognen Ohres, welches in das Herz hinein will, und vom Blute der Kammer, welches den Blutaderring gegen das Herzohr zutreibt. Solchem- nach wuͤrde alſo die Natur die Kraft, die ſie auf das Zu- ſammenziehen der Herzohren verwendete, ganz vergebens, und noch dazu mit einigem Schaden verſchwenden, weil indeſſen die widerſtrebende Kraft der Kammer den Klap- penring an ſeiner nothwendigen Ausſpannung hindern wuͤrde, wodurch alſo die Eroͤfnung der Schlagadermuͤn- dung wuͤrde gehindert werden (k). Da auch ferner, nach dieſer Hypotheſe, zween Theile von der Erweiterung der Ohren, in der That mit zween Drittheilen der Erweite- rung der Kammer in einerlei Zeit zuſammenkommen, ſo wuͤrden gewiß die ganze Zeit hindurch, da das Herz, ver- moͤge ſeiner Schlaffheit, am geſchikteſten waͤre das Blut aufzunehmen, die Hoͤlungen dieſes Muskels gar nichts empfangen, weil die Ohren zu der Zeit, da ſie zumal ſelbſt ſich in Ruhe befaͤnden, nichts dahin wuͤrden ſenden koͤnnen. Daher wuͤrde alſo nicht nur die Zuſammenzie- hung der Ohren, innerhalb denen zween Drittheilen ih- rer Dauer vergeblich vorgenommen werden, ſondern es wuͤrde auch eben dieſes innerhalb ſolcher Zeit in Anſe- hung der Erweiterung des Herzens erfolgen. Man kann auch hierbei noch die Gruͤnde des vortreflichen Morgagni(l) in Ueberlegung ziehen, indem derſelbe ſich, aus Liebe zur Wahrheit, nicht hat entſchlieſſen koͤn- nen, die Parthie ſeines Freundes zu ergreifen.
§. 23.
(k) Die eben jezzo angefuͤhrte Stellen.
(l)Epiſt. anat. XV. n. 13.
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Die Bewegung des Herzens.
ziehung des Herzens, wie ſie nach des Lanciſius Mei-
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geſezten Kraͤften gedrukt werden, naͤmlich von dem Blu-
te des zuſammengezognen Ohres, welches in das Herz
hinein will, und vom Blute der Kammer, welches den
Blutaderring gegen das Herzohr zutreibt. Solchem-
nach wuͤrde alſo die Natur die Kraft, die ſie auf das Zu-
ſammenziehen der Herzohren verwendete, ganz vergebens,
und noch dazu mit einigem Schaden verſchwenden, weil
indeſſen die widerſtrebende Kraft der Kammer den Klap-
penring an ſeiner nothwendigen Ausſpannung hindern
wuͤrde, wodurch alſo die Eroͤfnung der Schlagadermuͤn-
dung wuͤrde gehindert werden (k). Da auch ferner, nach
dieſer Hypotheſe, zween Theile von der Erweiterung der
Ohren, in der That mit zween Drittheilen der Erweite-
rung der Kammer in einerlei Zeit zuſammenkommen, ſo
wuͤrden gewiß die ganze Zeit hindurch, da das Herz, ver-
moͤge ſeiner Schlaffheit, am geſchikteſten waͤre das Blut
aufzunehmen, die Hoͤlungen dieſes Muskels gar nichts
empfangen, weil die Ohren zu der Zeit, da ſie zumal
ſelbſt ſich in Ruhe befaͤnden, nichts dahin wuͤrden ſenden
koͤnnen. Daher wuͤrde alſo nicht nur die Zuſammenzie-
hung der Ohren, innerhalb denen zween Drittheilen ih-
rer Dauer vergeblich vorgenommen werden, ſondern es
wuͤrde auch eben dieſes innerhalb ſolcher Zeit in Anſe-
hung der Erweiterung des Herzens erfolgen. Man
kann auch hierbei noch die Gruͤnde des vortreflichen
Morgagni (l) in Ueberlegung ziehen, indem derſelbe
ſich, aus Liebe zur Wahrheit, nicht hat entſchlieſſen koͤn-
nen, die Parthie ſeines Freundes zu ergreifen.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 1. Berlin, 1759, S. 801. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende01_1759/857>, abgerufen am 22.11.2024.
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