Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 1. Berlin, 1759.

Bild:
<< vorherige Seite

durch die Schlag-in die Blutadern.
und kaum so viel, als zur Erhaltung des Lebens nöthig
ist (f), nach drei (g), vier (h), oder fünf (i) Minuten
im Körper übrig bleibt. Jn dieser so kurzen Zwischen-
zeit hat eine so grosse Menge Blut eben so wenig von dem
Stamme der geöfneten Schlagader herkommen können,
indem bei einem Ochsen oder Pferd durch dieselbe bis auf
vierzig Pfunde herauslaufen; als sonsten die Leber im
Stande ist so viel herbeizuschaffen. Man muß daher
ohne Widerrede gestehen, daß sich das Blut aus den
Blutadern des gesamten Körpers in diese Schlagadern
gesamlet habe, so wie man dieses nicht nur aus der Men-
ge selbst, sondern auch aus der Ausleerung oder dem Zu-
sammenfallen der Blutadern abnehmen kann. Man
hätte zwar dawider einwenden können, und es haben es
bereits die Alten gethan (k), ingleichen auch die neuern
Gegner des Blutumlaufs (l), es wäre dieses Blut aus
denen mit der geöfneten Schlagader vereinigten Blut-
adern in die jeztgedachte Schlagader zurükgeflossen. Al-
lein diese Erklärung kommt mit der Erscheinung gar
nicht überein: denn es müste alsdenn dieses Blut aus
demjenigen Ende der verlezten Schlagader herkommen,
aus welchen die kleinsten Aeste, und die mit diesen Aesten
verbundene Blutäderchen fortlaufen. Es ist aber bei
der Erscheinung dieser Theil der Schlagader von dem
Herzen ziemlich weit entfernt, er giebt nicht viel Blut

von
(f) [Spaltenumbruch] Denn es stirbt ein Thier,
wenn der meiste Theil des Blutes
ausgeschüttet worden, und bei den
Pferden ist das Blut zwei Schuh
weit aus der Halsschlagader ge-
sprungen. hales S. 16.
(g) lower de corde. c. 3. S. 174.
175. Da eine Nakkenschlagader
verlezt war.
(h) Ein Hund starb innerhalb
dem sechszehnten Theil einer
Stunde. Siehe Bartholom. de
moor,
am angef. Ort.
(i) lower am angef. Ort, S.
[Spaltenumbruch] 174. Holl. Ausg. und S. 115. Engl.
Ausg. auch aus der Nakkenschlag-
ader.
(k) Erasistratus beim gale-
nvs
an sang. in art. cervic. cont.
c. 5. gadenvs de usu part. L, VI. c.

17. Er lehrt nämlich, daß der Le-
bensgeist aus der Luft in die Blut-
adern käme, und daß hingegen eine
Entzündung (phlegmone) von dem
Blute entstünde, welches aus de-
nen Blutadern in die Schlagadern
gerathen wäre.
(l) Homobonus pisoni.
D d 3

durch die Schlag-in die Blutadern.
und kaum ſo viel, als zur Erhaltung des Lebens noͤthig
iſt (f), nach drei (g), vier (h), oder fuͤnf (i) Minuten
im Koͤrper uͤbrig bleibt. Jn dieſer ſo kurzen Zwiſchen-
zeit hat eine ſo groſſe Menge Blut eben ſo wenig von dem
Stamme der geoͤfneten Schlagader herkommen koͤnnen,
indem bei einem Ochſen oder Pferd durch dieſelbe bis auf
vierzig Pfunde herauslaufen; als ſonſten die Leber im
Stande iſt ſo viel herbeizuſchaffen. Man muß daher
ohne Widerrede geſtehen, daß ſich das Blut aus den
Blutadern des geſamten Koͤrpers in dieſe Schlagadern
geſamlet habe, ſo wie man dieſes nicht nur aus der Men-
ge ſelbſt, ſondern auch aus der Ausleerung oder dem Zu-
ſammenfallen der Blutadern abnehmen kann. Man
haͤtte zwar dawider einwenden koͤnnen, und es haben es
bereits die Alten gethan (k), ingleichen auch die neuern
Gegner des Blutumlaufs (l), es waͤre dieſes Blut aus
denen mit der geoͤfneten Schlagader vereinigten Blut-
adern in die jeztgedachte Schlagader zuruͤkgefloſſen. Al-
lein dieſe Erklaͤrung kommt mit der Erſcheinung gar
nicht uͤberein: denn es muͤſte alsdenn dieſes Blut aus
demjenigen Ende der verlezten Schlagader herkommen,
aus welchen die kleinſten Aeſte, und die mit dieſen Aeſten
verbundene Blutaͤderchen fortlaufen. Es iſt aber bei
der Erſcheinung dieſer Theil der Schlagader von dem
Herzen ziemlich weit entfernt, er giebt nicht viel Blut

von
(f) [Spaltenumbruch] Denn es ſtirbt ein Thier,
wenn der meiſte Theil des Blutes
ausgeſchuͤttet worden, und bei den
Pferden iſt das Blut zwei Schuh
weit aus der Halsſchlagader ge-
ſprungen. hales S. 16.
(g) lower de corde. c. 3. S. 174.
175. Da eine Nakkenſchlagader
verlezt war.
(h) Ein Hund ſtarb innerhalb
dem ſechszehnten Theil einer
Stunde. Siehe Bartholom. de
moor,
am angef. Ort.
(i) lower am angef. Ort, S.
[Spaltenumbruch] 174. Holl. Ausg. und S. 115. Engl.
Ausg. auch aus der Nakkenſchlag-
ader.
(k) Eraſiſtratus beim gale-
nvs
an ſang. in art. cervic. cont.
c. 5. gadenvs de uſu part. L, VI. c.

17. Er lehrt naͤmlich, daß der Le-
bensgeiſt aus der Luft in die Blut-
adern kaͤme, und daß hingegen eine
Entzuͤndung (phlegmone) von dem
Blute entſtuͤnde, welches aus de-
nen Blutadern in die Schlagadern
gerathen waͤre.
(l) Homobonus pisoni.
D d 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0477" n="421"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">durch die Schlag-in die Blutadern.</hi></fw><lb/>
und kaum &#x017F;o viel, als zur Erhaltung des Lebens no&#x0364;thig<lb/>
i&#x017F;t <note place="foot" n="(f)"><cb/>
Denn es &#x017F;tirbt ein Thier,<lb/>
wenn der mei&#x017F;te Theil des Blutes<lb/>
ausge&#x017F;chu&#x0364;ttet worden, und bei den<lb/>
Pferden i&#x017F;t das Blut zwei Schuh<lb/>
weit aus der Hals&#x017F;chlagader ge-<lb/>
&#x017F;prungen. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">hales</hi></hi> S. 16.</note>, nach drei <note place="foot" n="(g)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">lower</hi> de corde. c.</hi> 3. S. 174.<lb/>
175. Da eine Nakken&#x017F;chlagader<lb/>
verlezt war.</note>, vier <note place="foot" n="(h)">Ein Hund &#x017F;tarb innerhalb<lb/>
dem &#x017F;echszehnten Theil einer<lb/>
Stunde. Siehe <hi rendition="#aq">Bartholom. de<lb/><hi rendition="#k">moor</hi>,</hi> am angef. Ort.</note>, oder fu&#x0364;nf <note place="foot" n="(i)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">lower</hi></hi> am angef. Ort, S.<lb/><cb/>
174. Holl. Ausg. und S. 115. Engl.<lb/>
Ausg. auch aus der Nakken&#x017F;chlag-<lb/>
ader.</note> Minuten<lb/>
im Ko&#x0364;rper u&#x0364;brig bleibt. Jn die&#x017F;er &#x017F;o kurzen Zwi&#x017F;chen-<lb/>
zeit hat eine &#x017F;o gro&#x017F;&#x017F;e Menge Blut eben &#x017F;o wenig von dem<lb/>
Stamme der geo&#x0364;fneten Schlagader herkommen ko&#x0364;nnen,<lb/>
indem bei einem Och&#x017F;en oder Pferd durch die&#x017F;elbe bis auf<lb/>
vierzig Pfunde herauslaufen; als &#x017F;on&#x017F;ten die Leber im<lb/>
Stande i&#x017F;t &#x017F;o viel herbeizu&#x017F;chaffen. Man muß daher<lb/>
ohne Widerrede ge&#x017F;tehen, daß &#x017F;ich das Blut aus den<lb/>
Blutadern des ge&#x017F;amten Ko&#x0364;rpers in die&#x017F;e Schlagadern<lb/>
ge&#x017F;amlet habe, &#x017F;o wie man die&#x017F;es nicht nur aus der Men-<lb/>
ge &#x017F;elb&#x017F;t, &#x017F;ondern auch aus der Ausleerung oder dem Zu-<lb/>
&#x017F;ammenfallen der Blutadern abnehmen kann. Man<lb/>
ha&#x0364;tte zwar dawider einwenden ko&#x0364;nnen, und es haben es<lb/>
bereits die Alten gethan <note place="foot" n="(k)"><hi rendition="#fr">Era&#x017F;i&#x017F;tratus</hi> beim <hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">gale-<lb/>
nvs</hi> an &#x017F;ang. in art. cervic. cont.<lb/>
c. 5. <hi rendition="#k">gadenvs</hi> de u&#x017F;u part. L, VI. c.</hi><lb/>
17. Er lehrt na&#x0364;mlich, daß der Le-<lb/>
bensgei&#x017F;t aus der Luft in die Blut-<lb/>
adern ka&#x0364;me, und daß hingegen eine<lb/>
Entzu&#x0364;ndung (<hi rendition="#aq">phlegmone</hi>) von dem<lb/>
Blute ent&#x017F;tu&#x0364;nde, welches aus de-<lb/>
nen Blutadern in die Schlagadern<lb/>
gerathen wa&#x0364;re.</note>, ingleichen auch die neuern<lb/>
Gegner des Blutumlaufs <note place="foot" n="(l)"><hi rendition="#aq">Homobonus <hi rendition="#k">pisoni</hi>.</hi></note>, es wa&#x0364;re die&#x017F;es Blut aus<lb/>
denen mit der geo&#x0364;fneten Schlagader vereinigten Blut-<lb/>
adern in die jeztgedachte Schlagader zuru&#x0364;kgeflo&#x017F;&#x017F;en. Al-<lb/>
lein die&#x017F;e Erkla&#x0364;rung kommt mit der Er&#x017F;cheinung gar<lb/>
nicht u&#x0364;berein: denn es mu&#x0364;&#x017F;te alsdenn die&#x017F;es Blut aus<lb/>
demjenigen Ende der verlezten Schlagader herkommen,<lb/>
aus welchen die klein&#x017F;ten Ae&#x017F;te, und die mit die&#x017F;en Ae&#x017F;ten<lb/>
verbundene Bluta&#x0364;derchen fortlaufen. Es i&#x017F;t aber bei<lb/>
der Er&#x017F;cheinung die&#x017F;er Theil der Schlagader von dem<lb/>
Herzen ziemlich weit entfernt, er giebt nicht viel Blut<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">D d 3</fw><fw place="bottom" type="catch">von</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[421/0477] durch die Schlag-in die Blutadern. und kaum ſo viel, als zur Erhaltung des Lebens noͤthig iſt (f), nach drei (g), vier (h), oder fuͤnf (i) Minuten im Koͤrper uͤbrig bleibt. Jn dieſer ſo kurzen Zwiſchen- zeit hat eine ſo groſſe Menge Blut eben ſo wenig von dem Stamme der geoͤfneten Schlagader herkommen koͤnnen, indem bei einem Ochſen oder Pferd durch dieſelbe bis auf vierzig Pfunde herauslaufen; als ſonſten die Leber im Stande iſt ſo viel herbeizuſchaffen. Man muß daher ohne Widerrede geſtehen, daß ſich das Blut aus den Blutadern des geſamten Koͤrpers in dieſe Schlagadern geſamlet habe, ſo wie man dieſes nicht nur aus der Men- ge ſelbſt, ſondern auch aus der Ausleerung oder dem Zu- ſammenfallen der Blutadern abnehmen kann. Man haͤtte zwar dawider einwenden koͤnnen, und es haben es bereits die Alten gethan (k), ingleichen auch die neuern Gegner des Blutumlaufs (l), es waͤre dieſes Blut aus denen mit der geoͤfneten Schlagader vereinigten Blut- adern in die jeztgedachte Schlagader zuruͤkgefloſſen. Al- lein dieſe Erklaͤrung kommt mit der Erſcheinung gar nicht uͤberein: denn es muͤſte alsdenn dieſes Blut aus demjenigen Ende der verlezten Schlagader herkommen, aus welchen die kleinſten Aeſte, und die mit dieſen Aeſten verbundene Blutaͤderchen fortlaufen. Es iſt aber bei der Erſcheinung dieſer Theil der Schlagader von dem Herzen ziemlich weit entfernt, er giebt nicht viel Blut von (f) Denn es ſtirbt ein Thier, wenn der meiſte Theil des Blutes ausgeſchuͤttet worden, und bei den Pferden iſt das Blut zwei Schuh weit aus der Halsſchlagader ge- ſprungen. hales S. 16. (g) lower de corde. c. 3. S. 174. 175. Da eine Nakkenſchlagader verlezt war. (h) Ein Hund ſtarb innerhalb dem ſechszehnten Theil einer Stunde. Siehe Bartholom. de moor, am angef. Ort. (i) lower am angef. Ort, S. 174. Holl. Ausg. und S. 115. Engl. Ausg. auch aus der Nakkenſchlag- ader. (k) Eraſiſtratus beim gale- nvs an ſang. in art. cervic. cont. c. 5. gadenvs de uſu part. L, VI. c. 17. Er lehrt naͤmlich, daß der Le- bensgeiſt aus der Luft in die Blut- adern kaͤme, und daß hingegen eine Entzuͤndung (phlegmone) von dem Blute entſtuͤnde, welches aus de- nen Blutadern in die Schlagadern gerathen waͤre. (l) Homobonus pisoni. D d 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende01_1759
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende01_1759/477
Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 1. Berlin, 1759, S. 421. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende01_1759/477>, abgerufen am 22.11.2024.