geschwinder sterben, wenn man bei ihnen eine Schlag- ader eröfnet, und eine andre dagegen unterbindet (a). Solchergestalt würde also, nach dieser Hipothese, der Vorschlag des Erasistratus keinen Nuzzen haben, son- dern vielmehr Schaden bringen, und der Blutverlust desto ansehnlicher werden. Nun aber, da wir wissen, daß das Blut von den Gliedmassen durch die Blutadern wieder dem Herzen zugeführt wird, sind alle diese Um- stände leichter zu erklären, und stimmen vollkommen mit einander überein. Denn es halten die an denen Glie- dern angelegten Bänder das Blut zurükke, daß es nicht von denenselben, als von einem so grossen Theile des Körpers, wieder nach dem Herzen gehen, noch solcherge- stalt in die Schlagader treten kann, durch deren Wunde es sich sonst ergiesset. Es sammlet sich also einiger Vor- rath von Blut, welches die annoch freien Schlagadern der Gliedmassen herbeiführen, und das die gebundenen Blutadern in Verwahrung nehmen und aufbehalten; solchemnach stirbt also das Thier nicht schlechterdings wegen des Blutmangels, und dennoch kann, weil als- denn die Gewalt des Herzens vermindert ist, die Bewe- gung in der verwundeten Schlagader langsamer werden, und endlich ein Blutklumpe entstehen (b), der den Schlag- aderriz verstopft, weil das durch die allzustarke Anstren- gung geschwächte Herz denselben nicht weiter forttreiben kann. Wir sezzen aber voraus, daß man die Glied- massen dergestalt gebunden habe, daß das Schlagader- blut noch einen freien Zugang übrig behält; denn es würde eine zu feste Unterbindung entweder den heissen Brand, wenn alles Blut von den zusammengedrükten
Schlag-
(a)[Spaltenumbruch]
Jn den Versuchen des Har- veys, S. 113. des c. III.Lowers, Ferreins beim Salmonde utero, S. 27. Siehe auch den vortrefli- chen senac du coeur, T. II. S. 174.
(b)[Spaltenumbruch]Second Memoire sur le mou- vem du sang. Exp. 153. 154. 157. 160. 161. 165. 166. 167. 170. 171. 176. 177. 178. 179. 180. 182. 187. 194.
Drittes Buch. Der Umlauf des Blutes.
geſchwinder ſterben, wenn man bei ihnen eine Schlag- ader eroͤfnet, und eine andre dagegen unterbindet (a). Solchergeſtalt wuͤrde alſo, nach dieſer Hipotheſe, der Vorſchlag des Eraſiſtratus keinen Nuzzen haben, ſon- dern vielmehr Schaden bringen, und der Blutverluſt deſto anſehnlicher werden. Nun aber, da wir wiſſen, daß das Blut von den Gliedmaſſen durch die Blutadern wieder dem Herzen zugefuͤhrt wird, ſind alle dieſe Um- ſtaͤnde leichter zu erklaͤren, und ſtimmen vollkommen mit einander uͤberein. Denn es halten die an denen Glie- dern angelegten Baͤnder das Blut zuruͤkke, daß es nicht von denenſelben, als von einem ſo groſſen Theile des Koͤrpers, wieder nach dem Herzen gehen, noch ſolcherge- ſtalt in die Schlagader treten kann, durch deren Wunde es ſich ſonſt ergieſſet. Es ſammlet ſich alſo einiger Vor- rath von Blut, welches die annoch freien Schlagadern der Gliedmaſſen herbeifuͤhren, und das die gebundenen Blutadern in Verwahrung nehmen und aufbehalten; ſolchemnach ſtirbt alſo das Thier nicht ſchlechterdings wegen des Blutmangels, und dennoch kann, weil als- denn die Gewalt des Herzens vermindert iſt, die Bewe- gung in der verwundeten Schlagader langſamer werden, und endlich ein Blutklumpe entſtehen (b), der den Schlag- aderriz verſtopft, weil das durch die allzuſtarke Anſtren- gung geſchwaͤchte Herz denſelben nicht weiter forttreiben kann. Wir ſezzen aber voraus, daß man die Glied- maſſen dergeſtalt gebunden habe, daß das Schlagader- blut noch einen freien Zugang uͤbrig behaͤlt; denn es wuͤrde eine zu feſte Unterbindung entweder den heiſſen Brand, wenn alles Blut von den zuſammengedruͤkten
Schlag-
(a)[Spaltenumbruch]
Jn den Verſuchen des Har- veys, S. 113. des c. III.Lowers, Ferreins beim Salmonde utero, S. 27. Siehe auch den vortrefli- chen senac du coeur, T. II. S. 174.
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Drittes Buch. Der Umlauf des Blutes.
geſchwinder ſterben, wenn man bei ihnen eine Schlag-
ader eroͤfnet, und eine andre dagegen unterbindet (a).
Solchergeſtalt wuͤrde alſo, nach dieſer Hipotheſe, der
Vorſchlag des Eraſiſtratus keinen Nuzzen haben, ſon-
dern vielmehr Schaden bringen, und der Blutverluſt
deſto anſehnlicher werden. Nun aber, da wir wiſſen,
daß das Blut von den Gliedmaſſen durch die Blutadern
wieder dem Herzen zugefuͤhrt wird, ſind alle dieſe Um-
ſtaͤnde leichter zu erklaͤren, und ſtimmen vollkommen mit
einander uͤberein. Denn es halten die an denen Glie-
dern angelegten Baͤnder das Blut zuruͤkke, daß es nicht
von denenſelben, als von einem ſo groſſen Theile des
Koͤrpers, wieder nach dem Herzen gehen, noch ſolcherge-
ſtalt in die Schlagader treten kann, durch deren Wunde
es ſich ſonſt ergieſſet. Es ſammlet ſich alſo einiger Vor-
rath von Blut, welches die annoch freien Schlagadern
der Gliedmaſſen herbeifuͤhren, und das die gebundenen
Blutadern in Verwahrung nehmen und aufbehalten;
ſolchemnach ſtirbt alſo das Thier nicht ſchlechterdings
wegen des Blutmangels, und dennoch kann, weil als-
denn die Gewalt des Herzens vermindert iſt, die Bewe-
gung in der verwundeten Schlagader langſamer werden,
und endlich ein Blutklumpe entſtehen (b), der den Schlag-
aderriz verſtopft, weil das durch die allzuſtarke Anſtren-
gung geſchwaͤchte Herz denſelben nicht weiter forttreiben
kann. Wir ſezzen aber voraus, daß man die Glied-
maſſen dergeſtalt gebunden habe, daß das Schlagader-
blut noch einen freien Zugang uͤbrig behaͤlt; denn es
wuͤrde eine zu feſte Unterbindung entweder den heiſſen
Brand, wenn alles Blut von den zuſammengedruͤkten
Schlag-
(a)
Jn den Verſuchen des Har-
veys, S. 113. des c. III. Lowers,
Ferreins beim Salmon de utero,
S. 27. Siehe auch den vortrefli-
chen senac du coeur, T. II. S.
174.
(b)
Second Memoire ſur le mou-
vem du ſang. Exp. 153. 154. 157.
160. 161. 165. 166. 167. 170. 171.
176. 177. 178. 179. 180. 182. 187.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 1. Berlin, 1759, S. 400. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende01_1759/456>, abgerufen am 08.07.2024.
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