Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 1. Berlin, 1759.

Bild:
<< vorherige Seite

Der Blutlauf in den Blutadern.
tersten Aesten der Blutadern, wo sie nach den Pfortge-
fässen zulaufen, um deswillen die Blutadersäkke und
Blutstokkungen so häufig vorkommen, weil diese Blut-
adern gar keine Klappen haben. Daß aber die güldne
Ader aus dergleichen Blutanhäufungen ihren Ursprung
erhalte, ist schon zum Ueberfluß bekannt (g). Der von
Walther Charleton denen Klappen angedichtete Nuz-
zen ist allzuscharfsinnig, wenn er vorgiebt, daß das wie-
der herabfallende Blut in dem von den Klappen bestim-
ten Raume zurükspringe, und durch den engern Zwi-
schenraum zwischen zwoen Klappen, eben des engen We-
ges halben, mit verdoppelter Geschwindigkeit seinen Lauf
gegen das Herz hinrichte (h).

§. 8.
Die Unterbindungen zeigen den wahren
Weg, den das Blut in den Blut-
adern nimmt.

Der zweite Versuch, der so oft muß wiederholet wer-
den, als der Arzt eine Blutader öfnen lässet, war an
sich viel einfacher, und muste nothwendig vielmehr schon
bekannt seyn. Man bindet nämlich den Arm, wie es
die Natur selbst befiehlt, zwischen dem Herzen und der
Blutader, und so hat man ihn zu aller Zeit zu binden
pflegen. Heut zu Tage, da wir die Warheit schon er-
kannt haben, müssen wir uns in der That darüber wun-
dern, daß unsere Vorfahren durch einen so schlechten
Versuch nicht sind von ihrem Jrrthume befreiet worden.
Denn wenn das Blut wirklich aus dem Herzen durch die
Blutadern fortgeführet würde, so müste allerdings von

die-
(g) [Spaltenumbruch] stahl de motu sanguin.
haemorrhoidali,
S. 9.
(h) [Spaltenumbruch] Am angefürten Ort, S. 15.
und folg.

Der Blutlauf in den Blutadern.
terſten Aeſten der Blutadern, wo ſie nach den Pfortge-
faͤſſen zulaufen, um deswillen die Blutaderſaͤkke und
Blutſtokkungen ſo haͤufig vorkommen, weil dieſe Blut-
adern gar keine Klappen haben. Daß aber die guͤldne
Ader aus dergleichen Blutanhaͤufungen ihren Urſprung
erhalte, iſt ſchon zum Ueberfluß bekannt (g). Der von
Walther Charleton denen Klappen angedichtete Nuz-
zen iſt allzuſcharfſinnig, wenn er vorgiebt, daß das wie-
der herabfallende Blut in dem von den Klappen beſtim-
ten Raume zuruͤkſpringe, und durch den engern Zwi-
ſchenraum zwiſchen zwoen Klappen, eben des engen We-
ges halben, mit verdoppelter Geſchwindigkeit ſeinen Lauf
gegen das Herz hinrichte (h).

§. 8.
Die Unterbindungen zeigen den wahren
Weg, den das Blut in den Blut-
adern nimmt.

Der zweite Verſuch, der ſo oft muß wiederholet wer-
den, als der Arzt eine Blutader oͤfnen laͤſſet, war an
ſich viel einfacher, und muſte nothwendig vielmehr ſchon
bekannt ſeyn. Man bindet naͤmlich den Arm, wie es
die Natur ſelbſt befiehlt, zwiſchen dem Herzen und der
Blutader, und ſo hat man ihn zu aller Zeit zu binden
pflegen. Heut zu Tage, da wir die Warheit ſchon er-
kannt haben, muͤſſen wir uns in der That daruͤber wun-
dern, daß unſere Vorfahren durch einen ſo ſchlechten
Verſuch nicht ſind von ihrem Jrrthume befreiet worden.
Denn wenn das Blut wirklich aus dem Herzen durch die
Blutadern fortgefuͤhret wuͤrde, ſo muͤſte allerdings von

die-
(g) [Spaltenumbruch] stahl de motu ſanguin.
haemorrhoidali,
S. 9.
(h) [Spaltenumbruch] Am angefuͤrten Ort, S. 15.
und folg.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0451" n="395"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Der Blutlauf in den Blutadern.</hi></fw><lb/>
ter&#x017F;ten Ae&#x017F;ten der Blutadern, wo &#x017F;ie nach den Pfortge-<lb/>
fa&#x0364;&#x017F;&#x017F;en zulaufen, um deswillen die Blutader&#x017F;a&#x0364;kke und<lb/>
Blut&#x017F;tokkungen &#x017F;o ha&#x0364;ufig vorkommen, weil die&#x017F;e Blut-<lb/>
adern gar keine Klappen haben. Daß aber die gu&#x0364;ldne<lb/>
Ader aus dergleichen Blutanha&#x0364;ufungen ihren Ur&#x017F;prung<lb/>
erhalte, i&#x017F;t &#x017F;chon zum Ueberfluß bekannt <note place="foot" n="(g)"><cb/><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g"><hi rendition="#k">stahl</hi></hi> de motu &#x017F;anguin.<lb/>
haemorrhoidali,</hi> S. 9.</note>. Der von<lb/>
Walther <hi rendition="#fr">Charleton</hi> denen Klappen angedichtete Nuz-<lb/>
zen i&#x017F;t allzu&#x017F;charf&#x017F;innig, wenn er vorgiebt, daß das wie-<lb/>
der herabfallende Blut in dem von den Klappen be&#x017F;tim-<lb/>
ten Raume zuru&#x0364;k&#x017F;pringe, und durch den engern Zwi-<lb/>
&#x017F;chenraum zwi&#x017F;chen zwoen Klappen, eben des engen We-<lb/>
ges halben, mit verdoppelter Ge&#x017F;chwindigkeit &#x017F;einen Lauf<lb/>
gegen das Herz hinrichte <note place="foot" n="(h)"><cb/>
Am angefu&#x0364;rten Ort, S. 15.<lb/>
und folg.</note>.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 8.<lb/>
Die Unterbindungen zeigen den wahren<lb/>
Weg, den das Blut in den Blut-<lb/>
adern nimmt.</head><lb/>
            <p>Der zweite Ver&#x017F;uch, der &#x017F;o oft muß wiederholet wer-<lb/>
den, als der Arzt eine Blutader o&#x0364;fnen la&#x0364;&#x017F;&#x017F;et, war an<lb/>
&#x017F;ich viel einfacher, und mu&#x017F;te nothwendig vielmehr &#x017F;chon<lb/>
bekannt &#x017F;eyn. Man bindet na&#x0364;mlich den Arm, wie es<lb/>
die Natur &#x017F;elb&#x017F;t befiehlt, zwi&#x017F;chen dem Herzen und der<lb/>
Blutader, und &#x017F;o hat man ihn zu aller Zeit zu binden<lb/>
pflegen. Heut zu Tage, da wir die Warheit &#x017F;chon er-<lb/>
kannt haben, mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en wir uns in der That daru&#x0364;ber wun-<lb/>
dern, daß un&#x017F;ere Vorfahren durch einen &#x017F;o &#x017F;chlechten<lb/>
Ver&#x017F;uch nicht &#x017F;ind von ihrem Jrrthume befreiet worden.<lb/>
Denn wenn das Blut wirklich aus dem Herzen durch die<lb/>
Blutadern fortgefu&#x0364;hret wu&#x0364;rde, &#x017F;o mu&#x0364;&#x017F;te allerdings von<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">die-</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[395/0451] Der Blutlauf in den Blutadern. terſten Aeſten der Blutadern, wo ſie nach den Pfortge- faͤſſen zulaufen, um deswillen die Blutaderſaͤkke und Blutſtokkungen ſo haͤufig vorkommen, weil dieſe Blut- adern gar keine Klappen haben. Daß aber die guͤldne Ader aus dergleichen Blutanhaͤufungen ihren Urſprung erhalte, iſt ſchon zum Ueberfluß bekannt (g). Der von Walther Charleton denen Klappen angedichtete Nuz- zen iſt allzuſcharfſinnig, wenn er vorgiebt, daß das wie- der herabfallende Blut in dem von den Klappen beſtim- ten Raume zuruͤkſpringe, und durch den engern Zwi- ſchenraum zwiſchen zwoen Klappen, eben des engen We- ges halben, mit verdoppelter Geſchwindigkeit ſeinen Lauf gegen das Herz hinrichte (h). §. 8. Die Unterbindungen zeigen den wahren Weg, den das Blut in den Blut- adern nimmt. Der zweite Verſuch, der ſo oft muß wiederholet wer- den, als der Arzt eine Blutader oͤfnen laͤſſet, war an ſich viel einfacher, und muſte nothwendig vielmehr ſchon bekannt ſeyn. Man bindet naͤmlich den Arm, wie es die Natur ſelbſt befiehlt, zwiſchen dem Herzen und der Blutader, und ſo hat man ihn zu aller Zeit zu binden pflegen. Heut zu Tage, da wir die Warheit ſchon er- kannt haben, muͤſſen wir uns in der That daruͤber wun- dern, daß unſere Vorfahren durch einen ſo ſchlechten Verſuch nicht ſind von ihrem Jrrthume befreiet worden. Denn wenn das Blut wirklich aus dem Herzen durch die Blutadern fortgefuͤhret wuͤrde, ſo muͤſte allerdings von die- (g) stahl de motu ſanguin. haemorrhoidali, S. 9. (h) Am angefuͤrten Ort, S. 15. und folg.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende01_1759
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende01_1759/451
Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 1. Berlin, 1759, S. 395. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende01_1759/451>, abgerufen am 20.11.2024.