noch am Leben ist; und das theils zu der Zeit, wenn die- se merklich aufschwellen, es geschehe nun solches unter der Erweiterung (diastole), oder der Vollblütigkeit und von andren Ursachen, theils auch alsdenn, wenn gedach- te Gefässe zusammenzufallen scheinen, welches von der Kälte, dem Schrekken, oder von andern Ursachen zu ge- schehen pflegt. Jn der That enthalten die rothen Schlag- adern, die mit dem Herzen in einem Stük fortgehen, nur Blut, und keine gewisse dünne Feuchtigkeit, keinen Geist oder Luft, wie Praxagoras(a) zuerst, und nach ihm Erasistratus gelehrt hat. Cicero aber (b), Aretäus(c), und andre berühmte Männer, welche der Sekte der Pnevmatiker vornämlich anhiengen, inglei- chen auch Rufus(d), haben besonders nach den Lehr- säzzen des Erasistratus(e) geschrieben.
Galenus(f), der in keinem Theile der Phisiolo- gie theils so ausführlich war, theils auch den Beifall der Nachwelt mehr verdiente, machte dagegen viele Versu- che. Er zeigte daher mit gutem Grunde, man könne an lebendigen Thieren keine einzige Schlagader eröfnen, aus der nicht Blut herausdringe, und man treffe in der linken Herzkammer viel Blut an (g), ohnerachtet Era- sistratus vorgegeben, daß dieselbe keins enthielte.
Der
(a)[Spaltenumbruch]Galenusde Dignosc. puls. L. IV. c. 2.
(b) Die Luft tritt aus der Lun- ge ins Herz, und vertheilt sich in die Schlagadern; das Blut gehet hingegen durch die Blutadern. De natura Deor. L. II. S. 603. in meiner Ausgabe.
(c) Die Wärme käme vom Her- zen in die Schlagadern. Curat. acut. L. II. c. 7. S. 108.
(d) Die rechte Herzkammer ge- hört für das Blut, die linke für [Spaltenumbruch]
die Luft, indem sie von der ein- gezognen Luft in Bewegung ge- sezt wird. De appell. part. L. II. S. 59.
(e)Pollux, Hemsterhuys Aus- gabe S. 258. Das Herz treibt das Blut durch die Blutadern, und Luft durch die Schlagadern, und die linke Herz- kammer treibt die Luft heraus.
(f)Num sanguis natura in ar- teriis contineatur.
(g)De Hippocrat. & Platon. de- cret. L. I. S. 302.
Drittes Buch. Der Umlauf des Blutes.
noch am Leben iſt; und das theils zu der Zeit, wenn die- ſe merklich aufſchwellen, es geſchehe nun ſolches unter der Erweiterung (diaſtole), oder der Vollbluͤtigkeit und von andren Urſachen, theils auch alsdenn, wenn gedach- te Gefaͤſſe zuſammenzufallen ſcheinen, welches von der Kaͤlte, dem Schrekken, oder von andern Urſachen zu ge- ſchehen pflegt. Jn der That enthalten die rothen Schlag- adern, die mit dem Herzen in einem Stuͤk fortgehen, nur Blut, und keine gewiſſe duͤnne Feuchtigkeit, keinen Geiſt oder Luft, wie Praxagoras(a) zuerſt, und nach ihm Eraſiſtratus gelehrt hat. Cicero aber (b), Aretaͤus(c), und andre beruͤhmte Maͤnner, welche der Sekte der Pnevmatiker vornaͤmlich anhiengen, inglei- chen auch Rufus(d), haben beſonders nach den Lehr- ſaͤzzen des Eraſiſtratus(e) geſchrieben.
Galenus(f), der in keinem Theile der Phiſiolo- gie theils ſo ausfuͤhrlich war, theils auch den Beifall der Nachwelt mehr verdiente, machte dagegen viele Verſu- che. Er zeigte daher mit gutem Grunde, man koͤnne an lebendigen Thieren keine einzige Schlagader eroͤfnen, aus der nicht Blut herausdringe, und man treffe in der linken Herzkammer viel Blut an (g), ohnerachtet Era- ſiſtratus vorgegeben, daß dieſelbe keins enthielte.
Der
(a)[Spaltenumbruch]Galenusde Dignoſc. pulſ. L. IV. c. 2.
(b) Die Luft tritt aus der Lun- ge ins Herz, und vertheilt ſich in die Schlagadern; das Blut gehet hingegen durch die Blutadern. De natura Deor. L. II. S. 603. in meiner Ausgabe.
(c) Die Waͤrme kaͤme vom Her- zen in die Schlagadern. Curat. acut. L. II. c. 7. S. 108.
(d) Die rechte Herzkammer ge- hoͤrt fuͤr das Blut, die linke fuͤr [Spaltenumbruch]
die Luft, indem ſie von der ein- gezognen Luft in Bewegung ge- ſezt wird. De appell. part. L. II. S. 59.
(e)Pollux, Hemſterhuys Aus- gabe S. 258. Das Herz treibt das Blut durch die Blutadern, und Luft durch die Schlagadern, und die linke Herz- kammer treibt die Luft heraus.
(f)Num ſanguis natura in ar- teriis contineatur.
(g)De Hippocrat. & Platon. de- cret. L. I. S. 302.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0424"n="368"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Drittes Buch. Der Umlauf des Blutes.</hi></fw><lb/>
noch am Leben iſt; und das theils zu der Zeit, wenn die-<lb/>ſe merklich aufſchwellen, es geſchehe nun ſolches unter<lb/>
der Erweiterung (<hirendition="#aq">diaſtole</hi>), oder der Vollbluͤtigkeit und<lb/>
von andren Urſachen, theils auch alsdenn, wenn gedach-<lb/>
te Gefaͤſſe zuſammenzufallen ſcheinen, welches von der<lb/>
Kaͤlte, dem Schrekken, oder von andern Urſachen zu ge-<lb/>ſchehen pflegt. Jn der That enthalten die rothen Schlag-<lb/>
adern, die mit dem Herzen in einem Stuͤk fortgehen,<lb/>
nur Blut, und keine gewiſſe duͤnne Feuchtigkeit, keinen<lb/>
Geiſt oder Luft, wie <hirendition="#fr">Praxagoras</hi><noteplace="foot"n="(a)"><cb/><hirendition="#fr">Galenus</hi><hirendition="#aq">de Dignoſc. pulſ.<lb/>
L. IV. c.</hi> 2.</note> zuerſt, und nach<lb/>
ihm <hirendition="#fr">Eraſiſtratus</hi> gelehrt hat. <hirendition="#fr">Cicero</hi> aber <noteplace="foot"n="(b)">Die Luft tritt aus der Lun-<lb/>
ge ins Herz, und vertheilt ſich in<lb/>
die Schlagadern; das Blut gehet<lb/>
hingegen durch die Blutadern. <hirendition="#aq">De<lb/>
natura Deor. L. II.</hi> S. 603. in meiner<lb/>
Ausgabe.</note>,<lb/><hirendition="#fr">Aretaͤus</hi><noteplace="foot"n="(c)">Die Waͤrme kaͤme vom Her-<lb/>
zen in die Schlagadern. <hirendition="#aq">Curat.<lb/>
acut. L. II. c.</hi> 7. S. 108.</note>, und andre beruͤhmte Maͤnner, welche der<lb/>
Sekte der Pnevmatiker vornaͤmlich anhiengen, inglei-<lb/>
chen auch <hirendition="#fr">Rufus</hi><noteplace="foot"n="(d)">Die rechte Herzkammer ge-<lb/>
hoͤrt fuͤr das Blut, die linke fuͤr<lb/><cb/>
die Luft, indem ſie von der ein-<lb/>
gezognen Luft in Bewegung ge-<lb/>ſezt wird. <hirendition="#aq">De appell. part. L. II.</hi><lb/>
S. 59.</note>, haben beſonders nach den Lehr-<lb/>ſaͤzzen des <hirendition="#fr">Eraſiſtratus</hi><noteplace="foot"n="(e)"><hirendition="#fr">Pollux,</hi> Hemſterhuys Aus-<lb/>
gabe S. 258.<lb/>
Das Herz treibt das Blut durch<lb/>
die Blutadern, und Luft durch die<lb/>
Schlagadern, und die linke Herz-<lb/>
kammer treibt die Luft heraus.</note> geſchrieben.</p><lb/><p><hirendition="#fr">Galenus</hi><noteplace="foot"n="(f)"><hirendition="#aq"><hirendition="#i">Num ſanguis natura in ar-<lb/>
teriis contineatur.</hi></hi></note>, der in keinem Theile der Phiſiolo-<lb/>
gie theils ſo ausfuͤhrlich war, theils auch den Beifall der<lb/>
Nachwelt mehr verdiente, machte dagegen viele Verſu-<lb/>
che. Er zeigte daher mit gutem Grunde, man koͤnne<lb/>
an lebendigen Thieren keine einzige Schlagader eroͤfnen,<lb/>
aus der nicht Blut herausdringe, und man treffe in der<lb/>
linken Herzkammer viel Blut an <noteplace="foot"n="(g)"><hirendition="#aq">De Hippocrat. & Platon. de-<lb/>
cret. L. I.</hi> S. 302.</note>, ohnerachtet <hirendition="#fr">Era-<lb/>ſiſtratus</hi> vorgegeben, daß dieſelbe keins enthielte.</p><lb/><fwplace="bottom"type="catch">Der</fw><lb/></div></div></div></body></text></TEI>
[368/0424]
Drittes Buch. Der Umlauf des Blutes.
noch am Leben iſt; und das theils zu der Zeit, wenn die-
ſe merklich aufſchwellen, es geſchehe nun ſolches unter
der Erweiterung (diaſtole), oder der Vollbluͤtigkeit und
von andren Urſachen, theils auch alsdenn, wenn gedach-
te Gefaͤſſe zuſammenzufallen ſcheinen, welches von der
Kaͤlte, dem Schrekken, oder von andern Urſachen zu ge-
ſchehen pflegt. Jn der That enthalten die rothen Schlag-
adern, die mit dem Herzen in einem Stuͤk fortgehen,
nur Blut, und keine gewiſſe duͤnne Feuchtigkeit, keinen
Geiſt oder Luft, wie Praxagoras (a) zuerſt, und nach
ihm Eraſiſtratus gelehrt hat. Cicero aber (b),
Aretaͤus (c), und andre beruͤhmte Maͤnner, welche der
Sekte der Pnevmatiker vornaͤmlich anhiengen, inglei-
chen auch Rufus (d), haben beſonders nach den Lehr-
ſaͤzzen des Eraſiſtratus (e) geſchrieben.
Galenus (f), der in keinem Theile der Phiſiolo-
gie theils ſo ausfuͤhrlich war, theils auch den Beifall der
Nachwelt mehr verdiente, machte dagegen viele Verſu-
che. Er zeigte daher mit gutem Grunde, man koͤnne
an lebendigen Thieren keine einzige Schlagader eroͤfnen,
aus der nicht Blut herausdringe, und man treffe in der
linken Herzkammer viel Blut an (g), ohnerachtet Era-
ſiſtratus vorgegeben, daß dieſelbe keins enthielte.
Der
(a)
Galenus de Dignoſc. pulſ.
L. IV. c. 2.
(b) Die Luft tritt aus der Lun-
ge ins Herz, und vertheilt ſich in
die Schlagadern; das Blut gehet
hingegen durch die Blutadern. De
natura Deor. L. II. S. 603. in meiner
Ausgabe.
(c) Die Waͤrme kaͤme vom Her-
zen in die Schlagadern. Curat.
acut. L. II. c. 7. S. 108.
(d) Die rechte Herzkammer ge-
hoͤrt fuͤr das Blut, die linke fuͤr
die Luft, indem ſie von der ein-
gezognen Luft in Bewegung ge-
ſezt wird. De appell. part. L. II.
S. 59.
(e) Pollux, Hemſterhuys Aus-
gabe S. 258.
Das Herz treibt das Blut durch
die Blutadern, und Luft durch die
Schlagadern, und die linke Herz-
kammer treibt die Luft heraus.
(f) Num ſanguis natura in ar-
teriis contineatur.
(g) De Hippocrat. & Platon. de-
cret. L. I. S. 302.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 1. Berlin, 1759, S. 368. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende01_1759/424>, abgerufen am 16.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.