Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 1. Berlin, 1759.Zweites Buch. Gefässe. allerdings niemand abläugnen. An dem Gebäude derAugen haben wir schon mehr als ein Beispiel hiervon. Denn es sind sowol die durchsichtigen Gefässe des Re- genbogens, als die ungefärbten bekannt, welche in einem Schaafe recht deutlich von dem Nezzhäutchen in die glä- serne Feuchtigkeit übergehen (e), ingleichen auch die Ge- fässe der Kristallinse, sie mögen übrigens ihren Ursprung herhaben, wo sie wollen. Es ist auch nicht wahrschein- lich, daß die rothen Kügelchen, auch nur ganz allein, in diese sehr durchsichtige Werkzeuge, deren einziger Nuzzen in einer durchscheinenden Reinigkeit bestehet, jemals ein- dringen sollten. Jch halte aber auch eben so wenig da- vor, daß die Gefässe der äusseren grauen Gehirnsubstanz (cortex cerebri), die den Nervensaft absondern, solche rothe Kügelchen aufnehmen könnten, indem nicht die ge- ringste Wahrscheinlichkeit vorhanden ist, daß aus einer solchen dikken Feuchtigkeit einer der allerzärtsten Säfte sollte können hervorgebracht werden. Es ist aber auch die beste Einsprizzung, welche sehr leicht in die Blut- adern eindringet, und die ausgedehnten Adergänge (sinus) im Gehirne ausfüllt, folglich also auch leicht in die en- gen Schlagäderchen, die nur ein Kügelchen durchlassen können, gelanget, gleichwol nicht vermögend weiter, als nur in einen sehr kleinen Theil von der grauen Gehirn- substanz einzudringen, daß solchemnach allerdings das übrige aus zärteren Gefässen bestehen muß, als diejeni- gen sind, in welchen ein rothes Blut herumbeweget wird. Denn daß dasjenige, was unausgesprizt übrig bleibt, kein verworrener Klumpe sey, sondern eben so wohl aus Gefässen bestehe, erhellet unter andern auch daher (f), weil ein sehr geringer Theil von der grauen Gehirnsub- stanz eine rothe Farbe an sich nimmt, wenn die Schlag- adern (e) Prim. lin. Physiol. n. 519. (f) N. 359. Comment. boerh. T. II. n. 265. not. a.
Zweites Buch. Gefaͤſſe. allerdings niemand ablaͤugnen. An dem Gebaͤude derAugen haben wir ſchon mehr als ein Beiſpiel hiervon. Denn es ſind ſowol die durchſichtigen Gefaͤſſe des Re- genbogens, als die ungefaͤrbten bekannt, welche in einem Schaafe recht deutlich von dem Nezzhaͤutchen in die glaͤ- ſerne Feuchtigkeit uͤbergehen (e), ingleichen auch die Ge- faͤſſe der Kriſtallinſe, ſie moͤgen uͤbrigens ihren Urſprung herhaben, wo ſie wollen. Es iſt auch nicht wahrſchein- lich, daß die rothen Kuͤgelchen, auch nur ganz allein, in dieſe ſehr durchſichtige Werkzeuge, deren einziger Nuzzen in einer durchſcheinenden Reinigkeit beſtehet, jemals ein- dringen ſollten. Jch halte aber auch eben ſo wenig da- vor, daß die Gefaͤſſe der aͤuſſeren grauen Gehirnſubſtanz (cortex cerebri), die den Nervenſaft abſondern, ſolche rothe Kuͤgelchen aufnehmen koͤnnten, indem nicht die ge- ringſte Wahrſcheinlichkeit vorhanden iſt, daß aus einer ſolchen dikken Feuchtigkeit einer der allerzaͤrtſten Saͤfte ſollte koͤnnen hervorgebracht werden. Es iſt aber auch die beſte Einſprizzung, welche ſehr leicht in die Blut- adern eindringet, und die ausgedehnten Adergaͤnge (ſinus) im Gehirne ausfuͤllt, folglich alſo auch leicht in die en- gen Schlagaͤderchen, die nur ein Kuͤgelchen durchlaſſen koͤnnen, gelanget, gleichwol nicht vermoͤgend weiter, als nur in einen ſehr kleinen Theil von der grauen Gehirn- ſubſtanz einzudringen, daß ſolchemnach allerdings das uͤbrige aus zaͤrteren Gefaͤſſen beſtehen muß, als diejeni- gen ſind, in welchen ein rothes Blut herumbeweget wird. Denn daß dasjenige, was unausgeſprizt uͤbrig bleibt, kein verworrener Klumpe ſey, ſondern eben ſo wohl aus Gefaͤſſen beſtehe, erhellet unter andern auch daher (f), weil ein ſehr geringer Theil von der grauen Gehirnſub- ſtanz eine rothe Farbe an ſich nimmt, wenn die Schlag- adern (e) Prim. lin. Phyſiol. n. 519. (f) N. 359. Comment. boerh. T. II. n. 265. not. a.
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Zweites Buch. Gefaͤſſe.
allerdings niemand ablaͤugnen. An dem Gebaͤude der
Augen haben wir ſchon mehr als ein Beiſpiel hiervon.
Denn es ſind ſowol die durchſichtigen Gefaͤſſe des Re-
genbogens, als die ungefaͤrbten bekannt, welche in einem
Schaafe recht deutlich von dem Nezzhaͤutchen in die glaͤ-
ſerne Feuchtigkeit uͤbergehen (e), ingleichen auch die Ge-
faͤſſe der Kriſtallinſe, ſie moͤgen uͤbrigens ihren Urſprung
herhaben, wo ſie wollen. Es iſt auch nicht wahrſchein-
lich, daß die rothen Kuͤgelchen, auch nur ganz allein, in
dieſe ſehr durchſichtige Werkzeuge, deren einziger Nuzzen
in einer durchſcheinenden Reinigkeit beſtehet, jemals ein-
dringen ſollten. Jch halte aber auch eben ſo wenig da-
vor, daß die Gefaͤſſe der aͤuſſeren grauen Gehirnſubſtanz
(cortex cerebri), die den Nervenſaft abſondern, ſolche
rothe Kuͤgelchen aufnehmen koͤnnten, indem nicht die ge-
ringſte Wahrſcheinlichkeit vorhanden iſt, daß aus einer
ſolchen dikken Feuchtigkeit einer der allerzaͤrtſten Saͤfte
ſollte koͤnnen hervorgebracht werden. Es iſt aber auch
die beſte Einſprizzung, welche ſehr leicht in die Blut-
adern eindringet, und die ausgedehnten Adergaͤnge (ſinus)
im Gehirne ausfuͤllt, folglich alſo auch leicht in die en-
gen Schlagaͤderchen, die nur ein Kuͤgelchen durchlaſſen
koͤnnen, gelanget, gleichwol nicht vermoͤgend weiter, als
nur in einen ſehr kleinen Theil von der grauen Gehirn-
ſubſtanz einzudringen, daß ſolchemnach allerdings das
uͤbrige aus zaͤrteren Gefaͤſſen beſtehen muß, als diejeni-
gen ſind, in welchen ein rothes Blut herumbeweget wird.
Denn daß dasjenige, was unausgeſprizt uͤbrig bleibt,
kein verworrener Klumpe ſey, ſondern eben ſo wohl aus
Gefaͤſſen beſtehe, erhellet unter andern auch daher (f),
weil ein ſehr geringer Theil von der grauen Gehirnſub-
ſtanz eine rothe Farbe an ſich nimmt, wenn die Schlag-
adern
(e) Prim. lin. Phyſiol. n. 519.
(f) N. 359. Comment. boerh. T. II. n. 265. not. a.
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