Es können auch, allem Ansehen nach, diese kleine Schlagäderchen ausser denen Krankheiten, und ohne Bei- hülfe der Kunst zum Vorschein gebracht werden. Denn es schwellen zwar an eben dem Auge die Schlagadern der Fortsäzze vom Regenbogen (arteriae ciliares) von rothem Blute auf, es scheinet aber dieses Blut nachhero durch- gängig eine braunrothe Farbe anzunehmen, wenn die Aeste dieser Schlagäderchen durch die aderigte Augen- haut (choroidea membrana) fortlaufen. Ferner ist es eben so gewiß, daß aus dem Ringe, der die Trauben- haut umgiebt, und den diese auseinander fahrende Schlag- äderchen machen, andre Schlagäderchen entstehen, wel- che sich strahlenweise und in geschlängelten Zügen, zwi- schen beiden Blättlein des Regenbogens gegen den Stern im Auge zu, ausbreiten (k). Diese Gefässe haben aber alle Eigenschaften von den Schlagadern an sich, sie ha- ben ihre besondern Aeste (l), ihre Anastomosirung, das kegelartige, und Blutadern, die neben ihnen hinlaufen; sie enthalten aber bloß und allein eine dünnere Feuchtig- keit, so lange nicht durch die Kunst eine andere hineinge- bracht wird. Denn ich kann sie ohne grosse Mühe mit röthlich gefärbten Terpentinöle anfüllen. Ein andrer berühmter Mann hat noch über dieses gemeldet, daß die- selben auch in Wunden, ingleichen in zersprengten oder zerrissenen Gedärmen zum Vorschein kämen, und als- denn ein wässriger Eiter heraussikkere (m). Man könn- te noch das Ansehen des Anton von Leeuwenhök zu Hülfe nehmen, welcher nicht nur Gefässe gesehen, die kleiner als die röthlichen Kügelchen waren (n), sondern
auch
(k)[Spaltenumbruch]Comment. ad. prael. boerh. T. 4. n. 521. S. 150. mit Queksil- ber hat Vieussens den Versuch gemacht, am angef. Ort. S. 286. 287.
(l)helvetivs Hist. de l'Acad. des scienc. S. 215. Es sind die- [Spaltenumbruch]
se Gefäschen als wahre dünne Ge- fässe ebenfalls von dem berühm- ten Ferrein beschrieben; allein der Streit soll anderswo berührt werden.
(m)helvetivs am angef. Ort.
(n)Arcan. nat. det. S. 15.
Zweites Buch. Gefaͤſſe.
Es koͤnnen auch, allem Anſehen nach, dieſe kleine Schlagaͤderchen auſſer denen Krankheiten, und ohne Bei- huͤlfe der Kunſt zum Vorſchein gebracht werden. Denn es ſchwellen zwar an eben dem Auge die Schlagadern der Fortſaͤzze vom Regenbogen (arteriae ciliares) von rothem Blute auf, es ſcheinet aber dieſes Blut nachhero durch- gaͤngig eine braunrothe Farbe anzunehmen, wenn die Aeſte dieſer Schlagaͤderchen durch die aderigte Augen- haut (choroidea membrana) fortlaufen. Ferner iſt es eben ſo gewiß, daß aus dem Ringe, der die Trauben- haut umgiebt, und den dieſe auseinander fahrende Schlag- aͤderchen machen, andre Schlagaͤderchen entſtehen, wel- che ſich ſtrahlenweiſe und in geſchlaͤngelten Zuͤgen, zwi- ſchen beiden Blaͤttlein des Regenbogens gegen den Stern im Auge zu, ausbreiten (k). Dieſe Gefaͤſſe haben aber alle Eigenſchaften von den Schlagadern an ſich, ſie ha- ben ihre beſondern Aeſte (l), ihre Anaſtomoſirung, das kegelartige, und Blutadern, die neben ihnen hinlaufen; ſie enthalten aber bloß und allein eine duͤnnere Feuchtig- keit, ſo lange nicht durch die Kunſt eine andere hineinge- bracht wird. Denn ich kann ſie ohne groſſe Muͤhe mit roͤthlich gefaͤrbten Terpentinoͤle anfuͤllen. Ein andrer beruͤhmter Mann hat noch uͤber dieſes gemeldet, daß die- ſelben auch in Wunden, ingleichen in zerſprengten oder zerriſſenen Gedaͤrmen zum Vorſchein kaͤmen, und als- denn ein waͤſſriger Eiter herausſikkere (m). Man koͤnn- te noch das Anſehen des Anton von Leeuwenhoͤk zu Huͤlfe nehmen, welcher nicht nur Gefaͤſſe geſehen, die kleiner als die roͤthlichen Kuͤgelchen waren (n), ſondern
auch
(k)[Spaltenumbruch]Comment. ad. præl. boerh. T. 4. n. 521. S. 150. mit Quekſil- ber hat Vieuſſens den Verſuch gemacht, am angef. Ort. S. 286. 287.
(l)helvetivs Hiſt. de l’Acad. des ſcienc. S. 215. Es ſind die- [Spaltenumbruch]
ſe Gefaͤschen als wahre duͤnne Ge- faͤſſe ebenfalls von dem beruͤhm- ten Ferrein beſchrieben; allein der Streit ſoll anderswo beruͤhrt werden.
(m)helvetivs am angef. Ort.
(n)Arcan. nat. det. S. 15.
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Zweites Buch. Gefaͤſſe.
Es koͤnnen auch, allem Anſehen nach, dieſe kleine
Schlagaͤderchen auſſer denen Krankheiten, und ohne Bei-
huͤlfe der Kunſt zum Vorſchein gebracht werden. Denn
es ſchwellen zwar an eben dem Auge die Schlagadern der
Fortſaͤzze vom Regenbogen (arteriae ciliares) von rothem
Blute auf, es ſcheinet aber dieſes Blut nachhero durch-
gaͤngig eine braunrothe Farbe anzunehmen, wenn die
Aeſte dieſer Schlagaͤderchen durch die aderigte Augen-
haut (choroidea membrana) fortlaufen. Ferner iſt es
eben ſo gewiß, daß aus dem Ringe, der die Trauben-
haut umgiebt, und den dieſe auseinander fahrende Schlag-
aͤderchen machen, andre Schlagaͤderchen entſtehen, wel-
che ſich ſtrahlenweiſe und in geſchlaͤngelten Zuͤgen, zwi-
ſchen beiden Blaͤttlein des Regenbogens gegen den Stern
im Auge zu, ausbreiten (k). Dieſe Gefaͤſſe haben aber
alle Eigenſchaften von den Schlagadern an ſich, ſie ha-
ben ihre beſondern Aeſte (l), ihre Anaſtomoſirung, das
kegelartige, und Blutadern, die neben ihnen hinlaufen;
ſie enthalten aber bloß und allein eine duͤnnere Feuchtig-
keit, ſo lange nicht durch die Kunſt eine andere hineinge-
bracht wird. Denn ich kann ſie ohne groſſe Muͤhe mit
roͤthlich gefaͤrbten Terpentinoͤle anfuͤllen. Ein andrer
beruͤhmter Mann hat noch uͤber dieſes gemeldet, daß die-
ſelben auch in Wunden, ingleichen in zerſprengten oder
zerriſſenen Gedaͤrmen zum Vorſchein kaͤmen, und als-
denn ein waͤſſriger Eiter herausſikkere (m). Man koͤnn-
te noch das Anſehen des Anton von Leeuwenhoͤk zu
Huͤlfe nehmen, welcher nicht nur Gefaͤſſe geſehen, die
kleiner als die roͤthlichen Kuͤgelchen waren (n), ſondern
auch
(k)
Comment. ad. præl. boerh.
T. 4. n. 521. S. 150. mit Quekſil-
ber hat Vieuſſens den Verſuch
gemacht, am angef. Ort. S. 286.
287.
(l) helvetivs Hiſt. de l’Acad.
des ſcienc. S. 215. Es ſind die-
ſe Gefaͤschen als wahre duͤnne Ge-
faͤſſe ebenfalls von dem beruͤhm-
ten Ferrein beſchrieben; allein
der Streit ſoll anderswo beruͤhrt
werden.
(m) helvetivs am angef. Ort.
(n) Arcan. nat. det. S. 15.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 1. Berlin, 1759, S. 208. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende01_1759/264>, abgerufen am 25.11.2024.
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