zogen und verkürzet wird; ingleichen auch bei denen Schlagadern, die vom Magen gegen das Nez überge- hen (y), welche sich nach der Grösse und Weite des Ma- gens richten; nicht weniger auch bey den untern Schlag- adern der Luftröhre, als welche gewisse Beugungen an- nehmen, damit sie sich nach der Ausdehnung der Lunge richten können. (y*).
Man siehet also leicht, was die Natur vor Endzwekke bey dem Bau des Körpers gehabt habe. Eine gebogne Schlagader ist überhaupt länger, als die gerade Linie betragen würde, welche beide Beugungen durchschneidet, und die das Längenmaas von der Schlagader abgiebt, wofern dieselbe gerade ausgestrekket wäre; es läst sich demnach eine gebogne Schlagader, so oft sich ihr End- punkt von dem Anfange entfernet, ohne einige Gefahr (z) dadurch verlängern, indem ihre Einbiegungen sich aus einander begeben, und die Schlagader ihre ganze Länge ausbreitet, die nunmehro, da sie ausgestrekkt wor- den, das Maaß der Entfernung beider Enden von ein- ander abgiebt. Denn es haben diese Schlagaderkrüm- men überhaupt die Art an sich, daß eine Schlagader nach einer eingebildeten Linie fortlauft, und wechselweise bald über dieselbe hervorkommt, bald wieder unter die- selbe niedergedrukt wird. Vollblütigkeit und anatomi- sche Einsprizzungen vermehren diese Krümmen. So lan- ge die Schlagadern des Gehirns leer sind, so scheinen sie fast gerade zu seyn; so bald sie sich aber erfüllen, so schlängeln sie sich von neuem wieder. Hingegen krüm- men sich die Schlagadern, die, wenn sie leer sind, ge- bogen erscheinen, allezeit nach kleinern Winkeln, wenn man sie aussprizzet, wofern nur indessen derjenige Theil,
des
(y)[Spaltenumbruch]Fasc. II. Tab. Coel. I.
(y*)Fasc. III. Tab. art. bronch.
(z) Siehe des berühmten Joh. Zachar. PetscheObservationes an- [Spaltenumbruch]
giologicas, in der aeademischen Probeschrift, die in dem sechsten Theil unserer Sammlung wieder aufgelegt worden. S. 172.
Zweites Buch. Gefaͤſſe.
zogen und verkuͤrzet wird; ingleichen auch bei denen Schlagadern, die vom Magen gegen das Nez uͤberge- hen (y), welche ſich nach der Groͤſſe und Weite des Ma- gens richten; nicht weniger auch bey den untern Schlag- adern der Luftroͤhre, als welche gewiſſe Beugungen an- nehmen, damit ſie ſich nach der Ausdehnung der Lunge richten koͤnnen. (y*).
Man ſiehet alſo leicht, was die Natur vor Endzwekke bey dem Bau des Koͤrpers gehabt habe. Eine gebogne Schlagader iſt uͤberhaupt laͤnger, als die gerade Linie betragen wuͤrde, welche beide Beugungen durchſchneidet, und die das Laͤngenmaas von der Schlagader abgiebt, wofern dieſelbe gerade ausgeſtrekket waͤre; es laͤſt ſich demnach eine gebogne Schlagader, ſo oft ſich ihr End- punkt von dem Anfange entfernet, ohne einige Gefahr (z) dadurch verlaͤngern, indem ihre Einbiegungen ſich aus einander begeben, und die Schlagader ihre ganze Laͤnge ausbreitet, die nunmehro, da ſie ausgeſtrekkt wor- den, das Maaß der Entfernung beider Enden von ein- ander abgiebt. Denn es haben dieſe Schlagaderkruͤm- men uͤberhaupt die Art an ſich, daß eine Schlagader nach einer eingebildeten Linie fortlauft, und wechſelweiſe bald uͤber dieſelbe hervorkommt, bald wieder unter die- ſelbe niedergedrukt wird. Vollbluͤtigkeit und anatomi- ſche Einſprizzungen vermehren dieſe Kruͤmmen. So lan- ge die Schlagadern des Gehirns leer ſind, ſo ſcheinen ſie faſt gerade zu ſeyn; ſo bald ſie ſich aber erfuͤllen, ſo ſchlaͤngeln ſie ſich von neuem wieder. Hingegen kruͤm- men ſich die Schlagadern, die, wenn ſie leer ſind, ge- bogen erſcheinen, allezeit nach kleinern Winkeln, wenn man ſie ausſprizzet, wofern nur indeſſen derjenige Theil,
des
(y)[Spaltenumbruch]Faſc. II. Tab. Coel. I.
(y*)Faſc. III. Tab. art. bronch.
(z) Siehe des beruͤhmten Joh. Zachar. PetſcheObſervationes an- [Spaltenumbruch]
giologicas, in der aeademiſchen Probeſchrift, die in dem ſechſten Theil unſerer Sammlung wieder aufgelegt worden. S. 172.
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Zweites Buch. Gefaͤſſe.
zogen und verkuͤrzet wird; ingleichen auch bei denen
Schlagadern, die vom Magen gegen das Nez uͤberge-
hen (y), welche ſich nach der Groͤſſe und Weite des Ma-
gens richten; nicht weniger auch bey den untern Schlag-
adern der Luftroͤhre, als welche gewiſſe Beugungen an-
nehmen, damit ſie ſich nach der Ausdehnung der Lunge
richten koͤnnen. (y*).
Man ſiehet alſo leicht, was die Natur vor Endzwekke
bey dem Bau des Koͤrpers gehabt habe. Eine gebogne
Schlagader iſt uͤberhaupt laͤnger, als die gerade Linie
betragen wuͤrde, welche beide Beugungen durchſchneidet,
und die das Laͤngenmaas von der Schlagader abgiebt,
wofern dieſelbe gerade ausgeſtrekket waͤre; es laͤſt ſich
demnach eine gebogne Schlagader, ſo oft ſich ihr End-
punkt von dem Anfange entfernet, ohne einige Gefahr
(z) dadurch verlaͤngern, indem ihre Einbiegungen ſich
aus einander begeben, und die Schlagader ihre ganze
Laͤnge ausbreitet, die nunmehro, da ſie ausgeſtrekkt wor-
den, das Maaß der Entfernung beider Enden von ein-
ander abgiebt. Denn es haben dieſe Schlagaderkruͤm-
men uͤberhaupt die Art an ſich, daß eine Schlagader
nach einer eingebildeten Linie fortlauft, und wechſelweiſe
bald uͤber dieſelbe hervorkommt, bald wieder unter die-
ſelbe niedergedrukt wird. Vollbluͤtigkeit und anatomi-
ſche Einſprizzungen vermehren dieſe Kruͤmmen. So lan-
ge die Schlagadern des Gehirns leer ſind, ſo ſcheinen ſie
faſt gerade zu ſeyn; ſo bald ſie ſich aber erfuͤllen, ſo
ſchlaͤngeln ſie ſich von neuem wieder. Hingegen kruͤm-
men ſich die Schlagadern, die, wenn ſie leer ſind, ge-
bogen erſcheinen, allezeit nach kleinern Winkeln, wenn
man ſie ausſprizzet, wofern nur indeſſen derjenige Theil,
des
(y)
Faſc. II. Tab. Coel. I.
(y*) Faſc. III. Tab. art. bronch.
(z) Siehe des beruͤhmten Joh.
Zachar. Petſche Obſervationes an-
giologicas, in der aeademiſchen
Probeſchrift, die in dem ſechſten
Theil unſerer Sammlung wieder
aufgelegt worden. S. 172.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 1. Berlin, 1759, S. 160. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende01_1759/216>, abgerufen am 22.11.2024.
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