Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 1. Berlin, 1759.

Bild:
<< vorherige Seite

Vorrede des Verfassers.
hält. Auf solche Weise kann die Nachwelt,
von diesem Zeitpunkte an, die Gränzen der
menschlichen Wissenschaft mit leichterer Mühe
und auf eine anständigere Art erweitern, in-
dem es sich von selbsten offenbaret, was ein
jedweder, ausser denen bekannten alten War-
heiten, noch für neue Entdekkungen gemacht
habe. Denn es ist zu vermuthen, daß die
Menschen sich künftig nicht immer mit glei-
cher Schläfrigkeit nur in einen Umkreis ein-
schrenken, und beständig darinnen beharren
werden, wenn man sie sogleich überzeugen
kann, daß die Sachen in der That bereits un-
sern Vorfahren bekannt gewesen, welche sie
vor neue Erfindungen ausgeben. Da auch
endlich gar wenig Menschen so grossen Fleis
selbst anwenden, oder in so bequemen Umstän-
den leben, daß sie selbst für sich Warheiten
erfinden können, und doch indessen keinem von
den Aerzten die Verrichtungen, so im mensch-
lichen Körper geschehen, ohne seinen eigenen
höchsten Schaden unbekannt seyn dürfen, so
wird der Arzeneikunst allerdings viel Nuzzen
daraus erwachsen, wenn man sie mit einem
solchen Werk versiehet, aus dem die Anfän-
ger die ersten Grundsäzze dieser vortreflichen
Kunst ohne Mühe erlernen können. Und
eben dergleichen Werk habe ich nunmehro aus-
zuarbeiten mir vorgesezzet. Ehe ich aber die-
ses unternommen, habe ich bereits lange zu-
vor den grösten Theil von meiner Lebenszeit
mit phisiologischen Beschäftigungen zuge-

bracht.

Vorrede des Verfaſſers.
haͤlt. Auf ſolche Weiſe kann die Nachwelt,
von dieſem Zeitpunkte an, die Graͤnzen der
menſchlichen Wiſſenſchaft mit leichterer Muͤhe
und auf eine anſtaͤndigere Art erweitern, in-
dem es ſich von ſelbſten offenbaret, was ein
jedweder, auſſer denen bekannten alten War-
heiten, noch fuͤr neue Entdekkungen gemacht
habe. Denn es iſt zu vermuthen, daß die
Menſchen ſich kuͤnftig nicht immer mit glei-
cher Schlaͤfrigkeit nur in einen Umkreis ein-
ſchrenken, und beſtaͤndig darinnen beharren
werden, wenn man ſie ſogleich uͤberzeugen
kann, daß die Sachen in der That bereits un-
ſern Vorfahren bekannt geweſen, welche ſie
vor neue Erfindungen ausgeben. Da auch
endlich gar wenig Menſchen ſo groſſen Fleis
ſelbſt anwenden, oder in ſo bequemen Umſtaͤn-
den leben, daß ſie ſelbſt fuͤr ſich Warheiten
erfinden koͤnnen, und doch indeſſen keinem von
den Aerzten die Verrichtungen, ſo im menſch-
lichen Koͤrper geſchehen, ohne ſeinen eigenen
hoͤchſten Schaden unbekannt ſeyn duͤrfen, ſo
wird der Arzeneikunſt allerdings viel Nuzzen
daraus erwachſen, wenn man ſie mit einem
ſolchen Werk verſiehet, aus dem die Anfaͤn-
ger die erſten Grundſaͤzze dieſer vortreflichen
Kunſt ohne Muͤhe erlernen koͤnnen. Und
eben dergleichen Werk habe ich nunmehro aus-
zuarbeiten mir vorgeſezzet. Ehe ich aber die-
ſes unternommen, habe ich bereits lange zu-
vor den groͤſten Theil von meiner Lebenszeit
mit phiſiologiſchen Beſchaͤftigungen zuge-

bracht.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0014"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Vorrede des Verfa&#x017F;&#x017F;ers.</hi></fw><lb/>
ha&#x0364;lt. Auf &#x017F;olche Wei&#x017F;e kann die Nachwelt,<lb/>
von die&#x017F;em Zeitpunkte an, die Gra&#x0364;nzen der<lb/>
men&#x017F;chlichen Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaft mit leichterer Mu&#x0364;he<lb/>
und auf eine an&#x017F;ta&#x0364;ndigere Art erweitern, in-<lb/>
dem es &#x017F;ich von &#x017F;elb&#x017F;ten offenbaret, was ein<lb/>
jedweder, au&#x017F;&#x017F;er denen bekannten alten War-<lb/>
heiten, noch fu&#x0364;r neue Entdekkungen gemacht<lb/>
habe. Denn es i&#x017F;t zu vermuthen, daß die<lb/>
Men&#x017F;chen &#x017F;ich ku&#x0364;nftig nicht immer mit glei-<lb/>
cher Schla&#x0364;frigkeit nur in einen Umkreis ein-<lb/>
&#x017F;chrenken, und be&#x017F;ta&#x0364;ndig darinnen beharren<lb/>
werden, wenn man &#x017F;ie &#x017F;ogleich u&#x0364;berzeugen<lb/>
kann, daß die Sachen in der That bereits un-<lb/>
&#x017F;ern Vorfahren bekannt gewe&#x017F;en, welche &#x017F;ie<lb/>
vor neue Erfindungen ausgeben. Da auch<lb/>
endlich gar wenig Men&#x017F;chen &#x017F;o gro&#x017F;&#x017F;en Fleis<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t anwenden, oder in &#x017F;o bequemen Um&#x017F;ta&#x0364;n-<lb/>
den leben, daß &#x017F;ie &#x017F;elb&#x017F;t fu&#x0364;r &#x017F;ich Warheiten<lb/>
erfinden ko&#x0364;nnen, und doch inde&#x017F;&#x017F;en keinem von<lb/>
den Aerzten die Verrichtungen, &#x017F;o im men&#x017F;ch-<lb/>
lichen Ko&#x0364;rper ge&#x017F;chehen, ohne &#x017F;einen eigenen<lb/>
ho&#x0364;ch&#x017F;ten Schaden unbekannt &#x017F;eyn du&#x0364;rfen, &#x017F;o<lb/>
wird der Arzeneikun&#x017F;t allerdings viel Nuzzen<lb/>
daraus erwach&#x017F;en, wenn man &#x017F;ie mit einem<lb/>
&#x017F;olchen Werk ver&#x017F;iehet, aus dem die Anfa&#x0364;n-<lb/>
ger die er&#x017F;ten Grund&#x017F;a&#x0364;zze die&#x017F;er vortreflichen<lb/>
Kun&#x017F;t ohne Mu&#x0364;he erlernen ko&#x0364;nnen. Und<lb/>
eben dergleichen Werk habe ich nunmehro aus-<lb/>
zuarbeiten mir vorge&#x017F;ezzet. Ehe ich aber die-<lb/>
&#x017F;es unternommen, habe ich bereits lange zu-<lb/>
vor den gro&#x0364;&#x017F;ten Theil von meiner Lebenszeit<lb/>
mit phi&#x017F;iologi&#x017F;chen Be&#x017F;cha&#x0364;ftigungen zuge-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">bracht.</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0014] Vorrede des Verfaſſers. haͤlt. Auf ſolche Weiſe kann die Nachwelt, von dieſem Zeitpunkte an, die Graͤnzen der menſchlichen Wiſſenſchaft mit leichterer Muͤhe und auf eine anſtaͤndigere Art erweitern, in- dem es ſich von ſelbſten offenbaret, was ein jedweder, auſſer denen bekannten alten War- heiten, noch fuͤr neue Entdekkungen gemacht habe. Denn es iſt zu vermuthen, daß die Menſchen ſich kuͤnftig nicht immer mit glei- cher Schlaͤfrigkeit nur in einen Umkreis ein- ſchrenken, und beſtaͤndig darinnen beharren werden, wenn man ſie ſogleich uͤberzeugen kann, daß die Sachen in der That bereits un- ſern Vorfahren bekannt geweſen, welche ſie vor neue Erfindungen ausgeben. Da auch endlich gar wenig Menſchen ſo groſſen Fleis ſelbſt anwenden, oder in ſo bequemen Umſtaͤn- den leben, daß ſie ſelbſt fuͤr ſich Warheiten erfinden koͤnnen, und doch indeſſen keinem von den Aerzten die Verrichtungen, ſo im menſch- lichen Koͤrper geſchehen, ohne ſeinen eigenen hoͤchſten Schaden unbekannt ſeyn duͤrfen, ſo wird der Arzeneikunſt allerdings viel Nuzzen daraus erwachſen, wenn man ſie mit einem ſolchen Werk verſiehet, aus dem die Anfaͤn- ger die erſten Grundſaͤzze dieſer vortreflichen Kunſt ohne Muͤhe erlernen koͤnnen. Und eben dergleichen Werk habe ich nunmehro aus- zuarbeiten mir vorgeſezzet. Ehe ich aber die- ſes unternommen, habe ich bereits lange zu- vor den groͤſten Theil von meiner Lebenszeit mit phiſiologiſchen Beſchaͤftigungen zuge- bracht.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende01_1759
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende01_1759/14
Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 1. Berlin, 1759, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende01_1759/14>, abgerufen am 24.11.2024.