Noth keine Dinge vervielfältigen müsse, nur Ein Oekonom in dem Plane verordnet worden, weil man für zuträglicher hält, bei vieler Arbeit einem einzi- gen Manne ein reichliches Auskommen zu geben, als ihrer zwei bei einer nur mittelmäßigen Besol- dung zu halten. Endlich muß ein jeder, und vor- züglich der Oberauseher, mit einer deutlichen und ausführlichen Jnstruction versehen werden, als worauf es bei dieser Stiftung am meisten ankömmt.
Die Art und Weise, wie die Kinder beiderlei Geschlechts in diesem Kinderhause auf und ange- nommen werden sollen, ist in dem Plane selbst umständlich beschrieben: allein wie sie ernährt werden sollen, darüber sind die Meinungen verschie- den. Viele halten die Kühmilch und andre der- gleichen Speisen für Säuglinge für eben so nahr- haft und gesund, als die Brust der Mutter. Sie sagen, "es gebe viele Kinder, die sich von selbst &q;gewöhnten, an einem Horne zu saugen, und ent- &q;weder mit purer oder auch mit Wasser vermeng- &q;ter Kühmilch, noch besser aber mit Ziegenmilch, &q;genähret würden. Denn was lehret einen nicht &q;die Noth? Können wol alle Bauerkinder auf dem &q;Lande von ihren Müttern selbst gestillet werden? &q;Jst es nicht mer als die Hälfte, so sind es doch &q;wenigstens sehr viele Kinder, die nichts als Kuh- &q;oder Ziegenmilch und dünne Milchgrütze bekom-
&q;men,
B 2
in Moſkau.
Noth keine Dinge vervielfaͤltigen muͤſſe, nur Ein Oekonom in dem Plane verordnet worden, weil man fuͤr zutraͤglicher haͤlt, bei vieler Arbeit einem einzi- gen Manne ein reichliches Auskommen zu geben, als ihrer zwei bei einer nur mittelmaͤßigen Beſol- dung zu halten. Endlich muß ein jeder, und vor- zuͤglich der Oberauſeher, mit einer deutlichen und ausfuͤhrlichen Jnſtruction verſehen werden, als worauf es bei dieſer Stiftung am meiſten ankoͤmmt.
Die Art und Weiſe, wie die Kinder beiderlei Geſchlechts in dieſem Kinderhauſe auf und ange- nommen werden ſollen, iſt in dem Plane ſelbſt umſtaͤndlich beſchrieben: allein wie ſie ernaͤhrt werden ſollen, daruͤber ſind die Meinungen verſchie- den. Viele halten die Kuͤhmilch und andre der- gleichen Speiſen fuͤr Saͤuglinge fuͤr eben ſo nahr- haft und geſund, als die Bruſt der Mutter. Sie ſagen, „es gebe viele Kinder, die ſich von ſelbſt &q;gewoͤhnten, an einem Horne zu ſaugen, und ent- &q;weder mit purer oder auch mit Waſſer vermeng- &q;ter Kuͤhmilch, noch beſſer aber mit Ziegenmilch, &q;genaͤhret wuͤrden. Denn was lehret einen nicht &q;die Noth? Koͤnnen wol alle Bauerkinder auf dem &q;Lande von ihren Muͤttern ſelbſt geſtillet werden? &q;Jſt es nicht mer als die Haͤlfte, ſo ſind es doch &q;wenigſtens ſehr viele Kinder, die nichts als Kuh- &q;oder Ziegenmilch und duͤnne Milchgruͤtze bekom-
&q;men,
B 2
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0039"n="19"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">in Moſkau.</hi></fw><lb/>
Noth keine Dinge vervielfaͤltigen muͤſſe, nur Ein<lb/>
Oekonom in dem Plane verordnet worden, weil man<lb/>
fuͤr zutraͤglicher haͤlt, bei vieler Arbeit einem einzi-<lb/>
gen Manne ein <hirendition="#fr">reichliches</hi> Auskommen zu geben,<lb/>
als ihrer zwei bei einer nur mittelmaͤßigen Beſol-<lb/>
dung zu halten. Endlich muß ein jeder, und vor-<lb/>
zuͤglich der Oberauſeher, mit einer deutlichen und<lb/>
ausfuͤhrlichen <hirendition="#fr">Jnſtruction</hi> verſehen werden, <hirendition="#fr">als<lb/>
worauf es bei dieſer Stiftung am meiſten<lb/>
ankoͤmmt</hi>.</p><lb/><p>Die Art und Weiſe, wie die Kinder beiderlei<lb/>
Geſchlechts in dieſem Kinderhauſe auf und ange-<lb/>
nommen werden ſollen, iſt in dem Plane ſelbſt<lb/>
umſtaͤndlich beſchrieben: allein wie ſie <hirendition="#fr">ernaͤhrt</hi><lb/>
werden ſollen, daruͤber ſind die Meinungen verſchie-<lb/>
den. Viele halten die Kuͤhmilch und andre der-<lb/>
gleichen Speiſen fuͤr Saͤuglinge fuͤr eben ſo nahr-<lb/>
haft und geſund, als die Bruſt der Mutter. Sie<lb/>ſagen, „es gebe viele Kinder, die ſich von ſelbſt<lb/>&q;gewoͤhnten, an einem Horne zu ſaugen, und ent-<lb/>&q;weder mit purer oder auch mit Waſſer vermeng-<lb/>&q;ter Kuͤhmilch, noch beſſer aber mit Ziegenmilch,<lb/>&q;genaͤhret wuͤrden. Denn was lehret einen nicht<lb/>&q;die Noth? Koͤnnen wol alle Bauerkinder auf dem<lb/>&q;Lande von ihren Muͤttern ſelbſt geſtillet werden?<lb/>&q;Jſt es nicht mer als die Haͤlfte, ſo ſind es doch<lb/>&q;wenigſtens ſehr viele Kinder, die nichts als Kuh-<lb/>&q;oder Ziegenmilch und duͤnne Milchgruͤtze bekom-<lb/><fwplace="bottom"type="sig">B 2</fw><fwplace="bottom"type="catch">&q;men,</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[19/0039]
in Moſkau.
Noth keine Dinge vervielfaͤltigen muͤſſe, nur Ein
Oekonom in dem Plane verordnet worden, weil man
fuͤr zutraͤglicher haͤlt, bei vieler Arbeit einem einzi-
gen Manne ein reichliches Auskommen zu geben,
als ihrer zwei bei einer nur mittelmaͤßigen Beſol-
dung zu halten. Endlich muß ein jeder, und vor-
zuͤglich der Oberauſeher, mit einer deutlichen und
ausfuͤhrlichen Jnſtruction verſehen werden, als
worauf es bei dieſer Stiftung am meiſten
ankoͤmmt.
Die Art und Weiſe, wie die Kinder beiderlei
Geſchlechts in dieſem Kinderhauſe auf und ange-
nommen werden ſollen, iſt in dem Plane ſelbſt
umſtaͤndlich beſchrieben: allein wie ſie ernaͤhrt
werden ſollen, daruͤber ſind die Meinungen verſchie-
den. Viele halten die Kuͤhmilch und andre der-
gleichen Speiſen fuͤr Saͤuglinge fuͤr eben ſo nahr-
haft und geſund, als die Bruſt der Mutter. Sie
ſagen, „es gebe viele Kinder, die ſich von ſelbſt
&q;gewoͤhnten, an einem Horne zu ſaugen, und ent-
&q;weder mit purer oder auch mit Waſſer vermeng-
&q;ter Kuͤhmilch, noch beſſer aber mit Ziegenmilch,
&q;genaͤhret wuͤrden. Denn was lehret einen nicht
&q;die Noth? Koͤnnen wol alle Bauerkinder auf dem
&q;Lande von ihren Muͤttern ſelbſt geſtillet werden?
&q;Jſt es nicht mer als die Haͤlfte, ſo ſind es doch
&q;wenigſtens ſehr viele Kinder, die nichts als Kuh-
&q;oder Ziegenmilch und duͤnne Milchgruͤtze bekom-
&q;men,
B 2
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Schlözer, August Ludwig von]: Neuverändertes Rußland oder Leben Catharinä der Zweyten Kayserinn von Rußland. Bd. 2. Riga u. a., 1772, S. 19. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haigold_russland02_1772/39>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.