Das Neurußische Gouvernement liegt größten- teils an der westlichen Seite des Dnenprs, an den Flüßen Tasmen, Jngul, und Jngulez, zwischen dem Lande der Saporoger Kosacken und dem Bugstrohme; und enthält die Festung St. Elisabeth unter 470 231 Br. am Fluße Jngul, und die Städte Mirgorod am Fluße Bolschaja Wis, und Zybulev am Ursprunge des Jngulez. Doch gehören auch einige an der östlichen Seite des Dnenprs lie- gende Städte zu diesem Gouvernement: als Kremen- tschuk, der Sitz des Gouverneurs und der Regierungs- kanzlei, nebst andern.
Dieses überaus gesegnete Land ward im Mittelalter, bei Gelegenheit der Völkerwanderungen, zur Wüstenei, und blieb gänzlich unbekannt und unbebaut, bis unter der Kaiserin Elisabeth A. 1754. eine große Kolonie von Serben oder Raizen (man hat mich versichern wollen, daß solche zuletzt bis auf 52,000 Köpfe angewachsen), aus Jllyrien kam, und das öde Land besetzte. Man glaubte, daß durch diese Serben den Streifereien der Saporoger Kosacken, oder wie sie in Polen heißen, der Hajdamacker, nach Polen Einhalt geschehen würde: allein die Polen klagten bald nachher, daß sie es eben so wie die Saporoger machten, und nannten sie daher Serbische Hajdamacken.
Von diesen neuen Ankömmlingen, den Serben, hieß das Land eine Zeit lang Neuserbien: allein im J. 1765. bekam es die Einrichtung eines eigenen Gouvernements, und seinen jetzigen Namen Neurußland.
Das Neurußiſche Gouvernement liegt groͤßten- teils an der weſtlichen Seite des Dnẽprs, an den Fluͤßen Tasmen, Jngul, und Jngulez, zwiſchen dem Lande der Saporoger Koſacken und dem Bugſtrohme; und enthaͤlt die Feſtung St. Eliſabeth unter 470 231 Br. am Fluße Jngul, und die Staͤdte Mirgorod am Fluße Bolſchaja Wis, und Zybulev am Urſprunge des Jngulez. Doch gehoͤren auch einige an der oͤſtlichen Seite des Dnẽprs lie- gende Staͤdte zu dieſem Gouvernement: als Kremen- tſchuk, der Sitz des Gouverneurs und der Regierungs- kanzlei, nebſt andern.
Dieſes uͤberaus geſegnete Land ward im Mittelalter, bei Gelegenheit der Voͤlkerwanderungen, zur Wuͤſtenei, und blieb gaͤnzlich unbekannt und unbebaut, bis unter der Kaiſerin Eliſabeth A. 1754. eine große Kolonie von Serben oder Raizen (man hat mich verſichern wollen, daß ſolche zuletzt bis auf 52,000 Koͤpfe angewachſen), aus Jllyrien kam, und das oͤde Land beſetzte. Man glaubte, daß durch dieſe Serben den Streifereien der Saporoger Koſacken, oder wie ſie in Polen heißen, der Hajdamacker, nach Polen Einhalt geſchehen wuͤrde: allein die Polen klagten bald nachher, daß ſie es eben ſo wie die Saporoger machten, und nannten ſie daher Serbiſche Hajdamacken.
Von dieſen neuen Ankoͤmmlingen, den Serben, hieß das Land eine Zeit lang Neuſerbien: allein im J. 1765. bekam es die Einrichtung eines eigenen Gouvernements, und ſeinen jetzigen Namen Neurußland.
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[[164]/0184]
Das Neurußiſche Gouvernement liegt groͤßten-
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tſchuk, der Sitz des Gouverneurs und der Regierungs-
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Dieſes uͤberaus geſegnete Land ward im Mittelalter,
bei Gelegenheit der Voͤlkerwanderungen, zur Wuͤſtenei,
und blieb gaͤnzlich unbekannt und unbebaut, bis unter der
Kaiſerin Eliſabeth A. 1754. eine große Kolonie von Serben
oder Raizen (man hat mich verſichern wollen, daß ſolche
zuletzt bis auf 52,000 Koͤpfe angewachſen), aus Jllyrien
kam, und das oͤde Land beſetzte. Man glaubte, daß durch
dieſe Serben den Streifereien der Saporoger Koſacken, oder
wie ſie in Polen heißen, der Hajdamacker, nach Polen
Einhalt geſchehen wuͤrde: allein die Polen klagten bald
nachher, daß ſie es eben ſo wie die Saporoger machten,
und nannten ſie daher Serbiſche Hajdamacken.
Von dieſen neuen Ankoͤmmlingen, den Serben, hieß
das Land eine Zeit lang Neuſerbien: allein im J. 1765.
bekam es die Einrichtung eines eigenen Gouvernements,
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[Schlözer, August Ludwig von]: Neuverändertes Rußland oder Leben Catharinä der Zweyten Kayserinn von Rußland. Bd. 2. Riga u. a., 1772, S. [164]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haigold_russland02_1772/184>, abgerufen am 24.11.2024.
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