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[Schlözer, August Ludwig von]: Neuverändertes Rußland oder Leben Catharinä der Zweyten Kayserinn von Rußland. Bd. 2. Riga u. a., 1772.

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und Gelderpressungen.
einer solchen Seuche unangesteckt geblieben
wäre. Sucht jemand eine Bedienung, so
muß er bezalen: will sich jemand gegen Ver-
läumdungen schützen, so muß er solches mit
Gelde thun: will jemand einen andern ver-
läumden, so unterstützt er seine Ränke durch
Bestechungen. Eben so verwandeln viele
Richter diesen heiligen Ort, allwo sie in
Unserm Namen Recht sprechen sollen, in ei-
nen Marktplatz. Das von Uns ihnen an-
vertraute Amt eines Richters, der ohne Ei-
gennutz und ohne Ansehn der Person richten
soll, sehen sie blos für eine Rente an, die ih-
nen zum Behuf ihrer Familie verliehen wor-
den; nicht aber als einen Dienst, den sie
Gotte, Uns, und dem Vaterlande leisten sol-
len. Und durch eine schändliche Lohnsucht ver-
wandeln sie bloße Verläumdungen in gerechte
Angebungen; unter dem scheinbaren Vorwan-
de eines Vorteils für das Reich schmälern sie
vielmer die Einkünfte desselben; und machen
oft den Armen reich, und den Reichen arm.

Wir könnten vor Gott nicht gerecht seyn,
wenn Wir diese Meinung von allen Unsern ge-

treuen

und Gelderpreſſungen.
einer ſolchen Seuche unangeſteckt geblieben
waͤre. Sucht jemand eine Bedienung, ſo
muß er bezalen: will ſich jemand gegen Ver-
laͤumdungen ſchuͤtzen, ſo muß er ſolches mit
Gelde thun: will jemand einen andern ver-
laͤumden, ſo unterſtuͤtzt er ſeine Raͤnke durch
Beſtechungen. Eben ſo verwandeln viele
Richter dieſen heiligen Ort, allwo ſie in
Unſerm Namen Recht ſprechen ſollen, in ei-
nen Marktplatz. Das von Uns ihnen an-
vertraute Amt eines Richters, der ohne Ei-
gennutz und ohne Anſehn der Perſon richten
ſoll, ſehen ſie blos fuͤr eine Rente an, die ih-
nen zum Behuf ihrer Familie verliehen wor-
den; nicht aber als einen Dienſt, den ſie
Gotte, Uns, und dem Vaterlande leiſten ſol-
len. Und durch eine ſchaͤndliche Lohnſucht ver-
wandeln ſie bloße Verlaͤumdungen in gerechte
Angebungen; unter dem ſcheinbaren Vorwan-
de eines Vorteils fuͤr das Reich ſchmaͤlern ſie
vielmer die Einkuͤnfte deſſelben; und machen
oft den Armen reich, und den Reichen arm.

Wir koͤnnten vor Gott nicht gerecht ſeyn,
wenn Wir dieſe Meinung von allen Unſern ge-

treuen
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[157/0177] und Gelderpreſſungen. einer ſolchen Seuche unangeſteckt geblieben waͤre. Sucht jemand eine Bedienung, ſo muß er bezalen: will ſich jemand gegen Ver- laͤumdungen ſchuͤtzen, ſo muß er ſolches mit Gelde thun: will jemand einen andern ver- laͤumden, ſo unterſtuͤtzt er ſeine Raͤnke durch Beſtechungen. Eben ſo verwandeln viele Richter dieſen heiligen Ort, allwo ſie in Unſerm Namen Recht ſprechen ſollen, in ei- nen Marktplatz. Das von Uns ihnen an- vertraute Amt eines Richters, der ohne Ei- gennutz und ohne Anſehn der Perſon richten ſoll, ſehen ſie blos fuͤr eine Rente an, die ih- nen zum Behuf ihrer Familie verliehen wor- den; nicht aber als einen Dienſt, den ſie Gotte, Uns, und dem Vaterlande leiſten ſol- len. Und durch eine ſchaͤndliche Lohnſucht ver- wandeln ſie bloße Verlaͤumdungen in gerechte Angebungen; unter dem ſcheinbaren Vorwan- de eines Vorteils fuͤr das Reich ſchmaͤlern ſie vielmer die Einkuͤnfte deſſelben; und machen oft den Armen reich, und den Reichen arm. Wir koͤnnten vor Gott nicht gerecht ſeyn, wenn Wir dieſe Meinung von allen Unſern ge- treuen

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Zitationshilfe: [Schlözer, August Ludwig von]: Neuverändertes Rußland oder Leben Catharinä der Zweyten Kayserinn von Rußland. Bd. 2. Riga u. a., 1772, S. 157. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haigold_russland02_1772/177>, abgerufen am 25.11.2024.