Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Schlözer, August Ludwig von]: Neuverändertes Rußland oder Leben Catharinä der Zweyten Kayserinn von Rußland. Bd. 1. Riga u. a., 1767.

Bild:
<< vorherige Seite

Vorrede.
zu diesem Mahle hin: die Verschieden-
heit der Mittel, die sie hiezu brauchen
können, und wirklich brauchen, die Men-
ge oder die Stärke der Hindernisse, die
sie hiebey zu überwinden haben, und wirk-
lich überwinden, und der größere oder
geringere Fortgang überhaupt, den sie
in Erreichung obbemeldter Absichten ha-
ben, bestimmet ihren Flor, und weißt
ihnen die Rolle an, die sie heut zu Tage
auf dem Schauplatze der Völker spielen.

Die Erreichung dieser Absichten fo-
dert künstliche Anlagen, feine Entwürfe,
Unternehmungen, die oft sehr weit aus-
geholt werden müssen, frühe Aussaaten,
deren Früchte bisweilen erst der späte En-
kel erndtet. Keine Einrichtung, die der
Staat in dieser Rücksicht treffen kann, ist
auf immer; keine Verordnung ist für die
Ewigkeit. Auch bey den meist gebildeten
Völkern herrschet eine Art von Ebbe und
Fluth. Der Staat ist auch hierinnen eine
Maschine: seine Räder nützen sich ab, ei-
nige werden ganz unbrauchbar, das Trieb-
werk stockt, und ruft die bessernde Hand
des Künstlers herbey. Bald sind neue
und mehrere Räder nöthig: es äußern
sich neue Kräfte im Staat, die vorhin
gar nicht gewirket hatten; es ereignen sich

Con-

Vorrede.
zu dieſem Mahle hin: die Verſchieden-
heit der Mittel, die ſie hiezu brauchen
koͤnnen, und wirklich brauchen, die Men-
ge oder die Staͤrke der Hinderniſſe, die
ſie hiebey zu uͤberwinden haben, und wirk-
lich uͤberwinden, und der groͤßere oder
geringere Fortgang uͤberhaupt, den ſie
in Erreichung obbemeldter Abſichten ha-
ben, beſtimmet ihren Flor, und weißt
ihnen die Rolle an, die ſie heut zu Tage
auf dem Schauplatze der Voͤlker ſpielen.

Die Erreichung dieſer Abſichten fo-
dert kuͤnſtliche Anlagen, feine Entwuͤrfe,
Unternehmungen, die oft ſehr weit aus-
geholt werden muͤſſen, fruͤhe Ausſaaten,
deren Fruͤchte bisweilen erſt der ſpaͤte En-
kel erndtet. Keine Einrichtung, die der
Staat in dieſer Ruͤckſicht treffen kann, iſt
auf immer; keine Verordnung iſt fuͤr die
Ewigkeit. Auch bey den meiſt gebildeten
Voͤlkern herrſchet eine Art von Ebbe und
Fluth. Der Staat iſt auch hierinnen eine
Maſchine: ſeine Raͤder nuͤtzen ſich ab, ei-
nige werden ganz unbrauchbar, das Trieb-
werk ſtockt, und ruft die beſſernde Hand
des Kuͤnſtlers herbey. Bald ſind neue
und mehrere Raͤder noͤthig: es aͤußern
ſich neue Kraͤfte im Staat, die vorhin
gar nicht gewirket hatten; es ereignen ſich

Con-
<TEI>
  <text>
    <front>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0016"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Vorrede.</hi></fw><lb/>
zu die&#x017F;em Mahle hin: die Ver&#x017F;chieden-<lb/>
heit der Mittel, die &#x017F;ie hiezu brauchen<lb/>
ko&#x0364;nnen, und wirklich brauchen, die Men-<lb/>
ge oder die Sta&#x0364;rke der Hinderni&#x017F;&#x017F;e, die<lb/>
&#x017F;ie hiebey zu u&#x0364;berwinden haben, und wirk-<lb/>
lich u&#x0364;berwinden, und der gro&#x0364;ßere oder<lb/>
geringere Fortgang u&#x0364;berhaupt, den &#x017F;ie<lb/>
in Erreichung obbemeldter Ab&#x017F;ichten ha-<lb/>
ben, be&#x017F;timmet ihren Flor, und weißt<lb/>
ihnen die Rolle an, die &#x017F;ie heut zu Tage<lb/>
auf dem Schauplatze der Vo&#x0364;lker &#x017F;pielen.</p><lb/>
        <p>Die Erreichung die&#x017F;er Ab&#x017F;ichten fo-<lb/>
dert ku&#x0364;n&#x017F;tliche Anlagen, feine Entwu&#x0364;rfe,<lb/>
Unternehmungen, die oft &#x017F;ehr weit aus-<lb/>
geholt werden mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en, fru&#x0364;he Aus&#x017F;aaten,<lb/>
deren Fru&#x0364;chte bisweilen er&#x017F;t der &#x017F;pa&#x0364;te En-<lb/>
kel erndtet. Keine Einrichtung, die der<lb/>
Staat in die&#x017F;er Ru&#x0364;ck&#x017F;icht treffen kann, i&#x017F;t<lb/>
auf immer; keine Verordnung i&#x017F;t fu&#x0364;r die<lb/>
Ewigkeit. Auch bey den mei&#x017F;t gebildeten<lb/>
Vo&#x0364;lkern herr&#x017F;chet eine Art von Ebbe und<lb/>
Fluth. Der Staat i&#x017F;t auch hierinnen eine<lb/>
Ma&#x017F;chine: &#x017F;eine Ra&#x0364;der nu&#x0364;tzen &#x017F;ich ab, ei-<lb/>
nige werden ganz unbrauchbar, das Trieb-<lb/>
werk &#x017F;tockt, und ruft die be&#x017F;&#x017F;ernde Hand<lb/>
des Ku&#x0364;n&#x017F;tlers herbey. Bald &#x017F;ind neue<lb/>
und mehrere Ra&#x0364;der no&#x0364;thig: es a&#x0364;ußern<lb/>
&#x017F;ich neue Kra&#x0364;fte im Staat, die vorhin<lb/>
gar nicht gewirket hatten; es ereignen &#x017F;ich<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Con-</fw><lb/></p>
      </div>
    </front>
  </text>
</TEI>
[0016] Vorrede. zu dieſem Mahle hin: die Verſchieden- heit der Mittel, die ſie hiezu brauchen koͤnnen, und wirklich brauchen, die Men- ge oder die Staͤrke der Hinderniſſe, die ſie hiebey zu uͤberwinden haben, und wirk- lich uͤberwinden, und der groͤßere oder geringere Fortgang uͤberhaupt, den ſie in Erreichung obbemeldter Abſichten ha- ben, beſtimmet ihren Flor, und weißt ihnen die Rolle an, die ſie heut zu Tage auf dem Schauplatze der Voͤlker ſpielen. Die Erreichung dieſer Abſichten fo- dert kuͤnſtliche Anlagen, feine Entwuͤrfe, Unternehmungen, die oft ſehr weit aus- geholt werden muͤſſen, fruͤhe Ausſaaten, deren Fruͤchte bisweilen erſt der ſpaͤte En- kel erndtet. Keine Einrichtung, die der Staat in dieſer Ruͤckſicht treffen kann, iſt auf immer; keine Verordnung iſt fuͤr die Ewigkeit. Auch bey den meiſt gebildeten Voͤlkern herrſchet eine Art von Ebbe und Fluth. Der Staat iſt auch hierinnen eine Maſchine: ſeine Raͤder nuͤtzen ſich ab, ei- nige werden ganz unbrauchbar, das Trieb- werk ſtockt, und ruft die beſſernde Hand des Kuͤnſtlers herbey. Bald ſind neue und mehrere Raͤder noͤthig: es aͤußern ſich neue Kraͤfte im Staat, die vorhin gar nicht gewirket hatten; es ereignen ſich Con-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/haigold_russland01_1767
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/haigold_russland01_1767/16
Zitationshilfe: [Schlözer, August Ludwig von]: Neuverändertes Rußland oder Leben Catharinä der Zweyten Kayserinn von Rußland. Bd. 1. Riga u. a., 1767, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haigold_russland01_1767/16>, abgerufen am 24.11.2024.