Hahnemann, Samuel: Organon der rationellen Heilkunde. Dresden, 1810.Züchtigungen wegfallen. Denn da keine Imputation bei Gemüthskranken, nach al- len menschlichen Rechten, statt findet, so kann auch keine Strafe statt finden. Dieß geht um desto leichter an, da bei dem Einnehmen (dem einzigen Falle, wo noch Zwang durch Entschuldigung gerechtfertigt werden könnte) in der homöopathischen Heilart die kleinen Gaben hülfreicher Arz- nei dem Geschmacke nie auffallen und dem Kranken nur unbewußt in Geträn- ken gegeben werden können, wo dann ebenfalls aller Zwang wegfällt. Wider- spruch, eifrige Verständigungen, heftige Zurechtweisungen, und Härte sind so wie schwache, furchtsame Nachgiebigkeit am unrechten Orte, sind gleich schädliche Be- handlungen ihres Geistes und Gemüths. Am meisten jedoch werden sie durch Hohn, Betrug und Täuschungen erbittert und in ihrer Krankheit verschlimmert. Im- mer muß man den Schein anneh- men, als ob man ihnen Vernunft zutraute. Dagegen suche man alle Art von Stöhrungen ihrer Sinne und ihres Ge- müths von außen zu entfernen; es giebt keine Unterhaltungen, keine wohlthätigen Zerstreuungen, keine Belehrungen, keine Besänftigung für ihre in den Fesseln des kranken Körpers schmachtende oder em- Züchtigungen wegfallen. Denn da keine Imputation bei Gemüthskranken, nach al- len menschlichen Rechten, statt findet, so kann auch keine Strafe statt finden. Dieß geht um desto leichter an, da bei dem Einnehmen (dem einzigen Falle, wo noch Zwang durch Entschuldigung gerechtfertigt werden könnte) in der homöopathischen Heilart die kleinen Gaben hülfreicher Arz- nei dem Geschmacke nie auffallen und dem Kranken nur unbewußt in Geträn- ken gegeben werden können, wo dann ebenfalls aller Zwang wegfällt. Wider- spruch, eifrige Verständigungen, heftige Zurechtweisungen, und Härte sind so wie schwache, furchtsame Nachgiebigkeit am unrechten Orte, sind gleich schädliche Be- handlungen ihres Geistes und Gemüths. Am meisten jedoch werden sie durch Hohn, Betrug und Täuschungen erbittert und in ihrer Krankheit verschlimmert. Im- mer muß man den Schein anneh- men, als ob man ihnen Vernunft zutraute. Dagegen suche man alle Art von Stöhrungen ihrer Sinne und ihres Ge- müths von außen zu entfernen; es giebt keine Unterhaltungen, keine wohlthätigen Zerstreuungen, keine Belehrungen, keine Besänftigung für ihre in den Fesseln des kranken Körpers schmachtende oder em- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <note place="end"><pb facs="#f0218" n="162"/> Züchtigungen wegfallen. Denn da keine<lb/> Imputation bei Gemüthskranken, nach al-<lb/> len menschlichen Rechten, statt findet,<lb/> so kann auch keine Strafe statt finden.<lb/> Dieß geht um desto leichter an, da bei dem<lb/> Einnehmen (dem einzigen Falle, wo noch<lb/> Zwang durch Entschuldigung gerechtfertigt<lb/> werden könnte) in der homöopathischen<lb/> Heilart die kleinen Gaben hülfreicher Arz-<lb/> nei dem Geschmacke nie auffallen und<lb/> dem Kranken nur unbewußt in Geträn-<lb/> ken gegeben werden können, wo dann<lb/> ebenfalls aller Zwang wegfällt. Wider-<lb/> spruch, eifrige Verständigungen, heftige<lb/> Zurechtweisungen, und Härte sind so wie<lb/> schwache, furchtsame Nachgiebigkeit am<lb/> unrechten Orte, sind gleich schädliche Be-<lb/> handlungen ihres Geistes und Gemüths.<lb/> Am meisten jedoch werden sie durch Hohn,<lb/> Betrug und Täuschungen erbittert und<lb/> in ihrer Krankheit verschlimmert. <hi rendition="#g">Im-<lb/> mer muß man den Schein anneh-<lb/> men, als ob man ihnen Vernunft<lb/> zutraute</hi>. Dagegen suche man alle Art<lb/> von Stöhrungen ihrer Sinne und ihres Ge-<lb/> müths von außen zu entfernen; es giebt<lb/> keine Unterhaltungen, keine wohlthätigen<lb/> Zerstreuungen, keine Belehrungen, keine<lb/> Besänftigung für ihre in den Fesseln des<lb/> kranken Körpers schmachtende oder em-<lb/></note> </div> </div> </body> </text> </TEI> [162/0218]
Züchtigungen wegfallen. Denn da keine
Imputation bei Gemüthskranken, nach al-
len menschlichen Rechten, statt findet,
so kann auch keine Strafe statt finden.
Dieß geht um desto leichter an, da bei dem
Einnehmen (dem einzigen Falle, wo noch
Zwang durch Entschuldigung gerechtfertigt
werden könnte) in der homöopathischen
Heilart die kleinen Gaben hülfreicher Arz-
nei dem Geschmacke nie auffallen und
dem Kranken nur unbewußt in Geträn-
ken gegeben werden können, wo dann
ebenfalls aller Zwang wegfällt. Wider-
spruch, eifrige Verständigungen, heftige
Zurechtweisungen, und Härte sind so wie
schwache, furchtsame Nachgiebigkeit am
unrechten Orte, sind gleich schädliche Be-
handlungen ihres Geistes und Gemüths.
Am meisten jedoch werden sie durch Hohn,
Betrug und Täuschungen erbittert und
in ihrer Krankheit verschlimmert. Im-
mer muß man den Schein anneh-
men, als ob man ihnen Vernunft
zutraute. Dagegen suche man alle Art
von Stöhrungen ihrer Sinne und ihres Ge-
müths von außen zu entfernen; es giebt
keine Unterhaltungen, keine wohlthätigen
Zerstreuungen, keine Belehrungen, keine
Besänftigung für ihre in den Fesseln des
kranken Körpers schmachtende oder em-
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