Hahn, Alban von: Der Verkehr in der Guten Gesellschaft. 2. Auflage. Leipzig, ca. 1898.gewiß den Gastgeber zu großem Dank verpflichten, wenn man die angebotene Zigarre verbindlichst ablehnt. Aus Höflichkeit mußte er, trotzdem vielleicht Damen anwesend waren, die das Rauchen nicht gut vertragen, Zigarren anbieten, aus Höflichkeit müssen aber auch wir ablehnen, ja womöglich jeder weiteren Nötigung durch die Angabe, daß man überhaupt nicht rauche, oder daß man es sich abgewöhnen wolle, zuvorzukommen suchen. Das sind alles nur Beispiele, aber so werden jemand, der in der Gesellschaft verkehrt, immer und immer wieder Gelegenheiten vorkommen, bei denen er sein augenblickliches Gefühl mehr oder weniger verleugnen, zum mindesten aber unterdrücken muß. Das bezieht sich natürlich nicht auf ein ernsteres Gespräch, bei welchem es jedes Mannes Pflicht ist, seine Gesinnung zu verteidigen und für seine Ansicht einzustehen, wenn er sich einmal geäußert hat. Aus einer kleinen konventionellen Lüge aber als Ausflucht in der oberflächlichen Unterhaltung eines Balles, einer Gesellschaft braucht sich niemand ein Gewissen zu machen, nur sei er hübsch konsequent und vergesse nicht schon eine halbe Stunde später, was er 30 Minuten vorher behauptet oder vorgeschützt hat. gewiß den Gastgeber zu großem Dank verpflichten, wenn man die angebotene Zigarre verbindlichst ablehnt. Aus Höflichkeit mußte er, trotzdem vielleicht Damen anwesend waren, die das Rauchen nicht gut vertragen, Zigarren anbieten, aus Höflichkeit müssen aber auch wir ablehnen, ja womöglich jeder weiteren Nötigung durch die Angabe, daß man überhaupt nicht rauche, oder daß man es sich abgewöhnen wolle, zuvorzukommen suchen. Das sind alles nur Beispiele, aber so werden jemand, der in der Gesellschaft verkehrt, immer und immer wieder Gelegenheiten vorkommen, bei denen er sein augenblickliches Gefühl mehr oder weniger verleugnen, zum mindesten aber unterdrücken muß. Das bezieht sich natürlich nicht auf ein ernsteres Gespräch, bei welchem es jedes Mannes Pflicht ist, seine Gesinnung zu verteidigen und für seine Ansicht einzustehen, wenn er sich einmal geäußert hat. Aus einer kleinen konventionellen Lüge aber als Ausflucht in der oberflächlichen Unterhaltung eines Balles, einer Gesellschaft braucht sich niemand ein Gewissen zu machen, nur sei er hübsch konsequent und vergesse nicht schon eine halbe Stunde später, was er 30 Minuten vorher behauptet oder vorgeschützt hat. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0237" n="227"/> gewiß den Gastgeber zu großem Dank verpflichten, wenn man die angebotene Zigarre verbindlichst ablehnt. Aus Höflichkeit mußte er, trotzdem vielleicht Damen anwesend waren, die das Rauchen nicht gut vertragen, Zigarren anbieten, aus Höflichkeit müssen aber auch wir ablehnen, ja womöglich jeder weiteren Nötigung durch die Angabe, daß man überhaupt nicht rauche, oder daß man es sich abgewöhnen wolle, zuvorzukommen suchen.</p> <p>Das sind alles nur Beispiele, aber so werden jemand, der in der Gesellschaft verkehrt, immer und immer wieder Gelegenheiten vorkommen, bei denen er sein augenblickliches Gefühl mehr oder weniger verleugnen, zum mindesten aber unterdrücken muß. Das bezieht sich natürlich nicht auf ein ernsteres Gespräch, bei welchem es jedes Mannes Pflicht ist, seine Gesinnung zu verteidigen und für seine Ansicht einzustehen, wenn er sich einmal geäußert hat. Aus einer kleinen konventionellen Lüge aber als Ausflucht in der oberflächlichen Unterhaltung eines Balles, einer Gesellschaft braucht sich niemand ein Gewissen zu machen, nur sei er hübsch konsequent und vergesse nicht schon eine halbe Stunde später, was er 30 Minuten vorher behauptet oder vorgeschützt hat.</p> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </body> </text> </TEI> [227/0237]
gewiß den Gastgeber zu großem Dank verpflichten, wenn man die angebotene Zigarre verbindlichst ablehnt. Aus Höflichkeit mußte er, trotzdem vielleicht Damen anwesend waren, die das Rauchen nicht gut vertragen, Zigarren anbieten, aus Höflichkeit müssen aber auch wir ablehnen, ja womöglich jeder weiteren Nötigung durch die Angabe, daß man überhaupt nicht rauche, oder daß man es sich abgewöhnen wolle, zuvorzukommen suchen.
Das sind alles nur Beispiele, aber so werden jemand, der in der Gesellschaft verkehrt, immer und immer wieder Gelegenheiten vorkommen, bei denen er sein augenblickliches Gefühl mehr oder weniger verleugnen, zum mindesten aber unterdrücken muß. Das bezieht sich natürlich nicht auf ein ernsteres Gespräch, bei welchem es jedes Mannes Pflicht ist, seine Gesinnung zu verteidigen und für seine Ansicht einzustehen, wenn er sich einmal geäußert hat. Aus einer kleinen konventionellen Lüge aber als Ausflucht in der oberflächlichen Unterhaltung eines Balles, einer Gesellschaft braucht sich niemand ein Gewissen zu machen, nur sei er hübsch konsequent und vergesse nicht schon eine halbe Stunde später, was er 30 Minuten vorher behauptet oder vorgeschützt hat.
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Zitationshilfe: | Hahn, Alban von: Der Verkehr in der Guten Gesellschaft. 2. Auflage. Leipzig, ca. 1898, S. 227. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hahn_verkehr_1898/237>, abgerufen am 27.07.2024. |