Hagenauer, Arnold: Muspilli. Linz u. a., 1900.allzugroße Offenheit gereuen, die er an jenem Abende mir gegenüber gezeigt hatte, allzugroß für ihn, dem Verschlossenheit ein integrer Bestandtheil männlichen Wesens erschien, andrerseits mochte er nachträglich die Empfindung haben, es wäre besser für ihn gewesen, das alles allein zu verwinden, und sei es zehnmal so schwer und bitter. Dann mußte ich damit rechnen, daß Ernst von jeher das unleidlich gespannte Verhältnis zwischen Fontana und mir im höchsten Grade unangenehm gewesen war. Er hätte ganz gut vermittelnd eingreifen können, denn ich wäre ihm zuliebe nachgiebiger gewesen, als sonst in meiner Natur lag, und Fontana hätte er leicht herumbekommen, nicht weil dieser Vernunftgründen zugänglich war, denn er verschloß allem, was nicht nach seiner boshaften Starrheit roch, seine Ohren, aber weil er sich an Ernst klammerte, wie eine Klette und gefürchtet hätte, vielleicht von dem brüskiert zu werden, dem er nachkroch wie ein geprügelter Hund. Jetzt war es aber zwischen ihm und mir zu einem offenen Bruche gekommen. Wir waren alle zusammen auf einem Vorstadtballe gewesen. Ich machte mit Ernst meine cynischen Glossen über die verschiedenen Paare, über die mehr allzugroße Offenheit gereuen, die er an jenem Abende mir gegenüber gezeigt hatte, allzugroß für ihn, dem Verschlossenheit ein integrer Bestandtheil männlichen Wesens erschien, andrerseits mochte er nachträglich die Empfindung haben, es wäre besser für ihn gewesen, das alles allein zu verwinden, und sei es zehnmal so schwer und bitter. Dann mußte ich damit rechnen, daß Ernst von jeher das unleidlich gespannte Verhältnis zwischen Fontana und mir im höchsten Grade unangenehm gewesen war. Er hätte ganz gut vermittelnd eingreifen können, denn ich wäre ihm zuliebe nachgiebiger gewesen, als sonst in meiner Natur lag, und Fontana hätte er leicht herumbekommen, nicht weil dieser Vernunftgründen zugänglich war, denn er verschloß allem, was nicht nach seiner boshaften Starrheit roch, seine Ohren, aber weil er sich an Ernst klammerte, wie eine Klette und gefürchtet hätte, vielleicht von dem brüskiert zu werden, dem er nachkroch wie ein geprügelter Hund. Jetzt war es aber zwischen ihm und mir zu einem offenen Bruche gekommen. Wir waren alle zusammen auf einem Vorstadtballe gewesen. Ich machte mit Ernst meine cynischen Glossen über die verschiedenen Paare, über die mehr <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0070" n="72"/> allzugroße Offenheit gereuen, die er an jenem Abende mir gegenüber gezeigt hatte, allzugroß für ihn, dem Verschlossenheit ein integrer Bestandtheil männlichen Wesens erschien, andrerseits mochte er nachträglich die Empfindung haben, es wäre besser für ihn gewesen, das alles allein zu verwinden, und sei es zehnmal so schwer und bitter. Dann mußte ich damit rechnen, daß Ernst von jeher das unleidlich gespannte Verhältnis zwischen Fontana und mir im höchsten Grade unangenehm gewesen war. Er hätte ganz gut vermittelnd eingreifen können, denn ich wäre ihm zuliebe nachgiebiger gewesen, als sonst in meiner Natur lag, und Fontana hätte er leicht herumbekommen, nicht weil dieser Vernunftgründen zugänglich war, denn er verschloß allem, was nicht nach seiner boshaften Starrheit roch, seine Ohren, aber weil er sich an Ernst klammerte, wie eine Klette und gefürchtet hätte, vielleicht von dem brüskiert zu werden, dem er nachkroch wie ein geprügelter Hund. Jetzt war es aber zwischen ihm und mir zu einem offenen Bruche gekommen.</p> <p>Wir waren alle zusammen auf einem Vorstadtballe gewesen. Ich machte mit Ernst meine cynischen Glossen über die verschiedenen Paare, über die mehr </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [72/0070]
allzugroße Offenheit gereuen, die er an jenem Abende mir gegenüber gezeigt hatte, allzugroß für ihn, dem Verschlossenheit ein integrer Bestandtheil männlichen Wesens erschien, andrerseits mochte er nachträglich die Empfindung haben, es wäre besser für ihn gewesen, das alles allein zu verwinden, und sei es zehnmal so schwer und bitter. Dann mußte ich damit rechnen, daß Ernst von jeher das unleidlich gespannte Verhältnis zwischen Fontana und mir im höchsten Grade unangenehm gewesen war. Er hätte ganz gut vermittelnd eingreifen können, denn ich wäre ihm zuliebe nachgiebiger gewesen, als sonst in meiner Natur lag, und Fontana hätte er leicht herumbekommen, nicht weil dieser Vernunftgründen zugänglich war, denn er verschloß allem, was nicht nach seiner boshaften Starrheit roch, seine Ohren, aber weil er sich an Ernst klammerte, wie eine Klette und gefürchtet hätte, vielleicht von dem brüskiert zu werden, dem er nachkroch wie ein geprügelter Hund. Jetzt war es aber zwischen ihm und mir zu einem offenen Bruche gekommen.
Wir waren alle zusammen auf einem Vorstadtballe gewesen. Ich machte mit Ernst meine cynischen Glossen über die verschiedenen Paare, über die mehr
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Zitationshilfe: | Hagenauer, Arnold: Muspilli. Linz u. a., 1900, S. 72. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hagenauer_muspilli_1900/70>, abgerufen am 07.07.2024. |