Hagenauer, Arnold: Muspilli. Linz u. a., 1900.Liebe, dieses Stück Seele, das konnte nur er, nur er mir geben. Wie stolz war ich auf diese Freundschaft. Ich erinnere mich, daß er mir öfters ohne Veranlassung mit seiner schlanken, zarten, weißen Hand zärtlich über mein dichtes, gewelltes Haar strich. Ich fühlte einen elektrischen Strom durch meinen Körper laufen, aber ganz, ganz sanft, ganz anders, wie jenes convulsivische Zucken, wenn unsere Hände irrend an dem glühenden Körper des Weibes herumtasten, jenes Weibes, dem wir Haar, Stirne, Mund, Augen, Hände, Busen - - - mit raubthierartigen Küssen bedeckt haben, wenn uns der eigenthümliche, scharfe Geruch der vibrierenden, nackten Leiber in jene fürchterliche Aufregung versetzt, in der wir nicht mehr zu erkennen vermögen, ob wir den tiefsten Schmerz oder die höchste Wollust empfinden, ob wir ein im Blute wühlender perverser Wüstling oder ein Heiliger sind, der sein Fleisch mit glühenden Stacheln züchtigt. Und ich sehnte mich so, so sehr nach Ruhe. Ich fieng an, Fontana, der feige und gemein, in seiner tückischen Saufboldnatur, all mein neu erwachtes Gefühl mir, und zwar nur mir gegenüber, zu beschmutzen wagte, zu hassen, nicht weil er einen, meiner Ansicht nach für sich aussichtslosen Kampf Liebe, dieses Stück Seele, das konnte nur er, nur er mir geben. Wie stolz war ich auf diese Freundschaft. Ich erinnere mich, daß er mir öfters ohne Veranlassung mit seiner schlanken, zarten, weißen Hand zärtlich über mein dichtes, gewelltes Haar strich. Ich fühlte einen elektrischen Strom durch meinen Körper laufen, aber ganz, ganz sanft, ganz anders, wie jenes convulsivische Zucken, wenn unsere Hände irrend an dem glühenden Körper des Weibes herumtasten, jenes Weibes, dem wir Haar, Stirne, Mund, Augen, Hände, Busen – – – mit raubthierartigen Küssen bedeckt haben, wenn uns der eigenthümliche, scharfe Geruch der vibrierenden, nackten Leiber in jene fürchterliche Aufregung versetzt, in der wir nicht mehr zu erkennen vermögen, ob wir den tiefsten Schmerz oder die höchste Wollust empfinden, ob wir ein im Blute wühlender perverser Wüstling oder ein Heiliger sind, der sein Fleisch mit glühenden Stacheln züchtigt. Und ich sehnte mich so, so sehr nach Ruhe. Ich fieng an, Fontana, der feige und gemein, in seiner tückischen Saufboldnatur, all mein neu erwachtes Gefühl mir, und zwar nur mir gegenüber, zu beschmutzen wagte, zu hassen, nicht weil er einen, meiner Ansicht nach für sich aussichtslosen Kampf <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0038" n="40"/> Liebe, dieses Stück Seele, das konnte nur er, nur er mir geben. Wie stolz war ich auf diese Freundschaft. Ich erinnere mich, daß er mir öfters ohne Veranlassung mit seiner schlanken, zarten, weißen Hand zärtlich über mein dichtes, gewelltes Haar strich. Ich fühlte einen elektrischen Strom durch meinen Körper laufen, aber ganz, ganz sanft, ganz anders, wie jenes convulsivische Zucken, wenn unsere Hände irrend an dem glühenden Körper des Weibes herumtasten, jenes Weibes, dem wir Haar, Stirne, Mund, Augen, Hände, Busen – – – mit raubthierartigen Küssen bedeckt haben, wenn uns der eigenthümliche, scharfe Geruch der vibrierenden, nackten Leiber in jene fürchterliche Aufregung versetzt, in der wir nicht mehr zu erkennen vermögen, ob wir den tiefsten Schmerz oder die höchste Wollust empfinden, ob wir ein im Blute wühlender perverser Wüstling oder ein Heiliger sind, der sein Fleisch mit glühenden Stacheln züchtigt.</p> <p>Und ich sehnte mich so, so sehr nach Ruhe. Ich fieng an, Fontana, der feige und gemein, in seiner tückischen Saufboldnatur, all mein neu erwachtes Gefühl mir, und zwar nur mir gegenüber, zu beschmutzen wagte, zu hassen, nicht weil er einen, meiner Ansicht nach für sich aussichtslosen Kampf </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [40/0038]
Liebe, dieses Stück Seele, das konnte nur er, nur er mir geben. Wie stolz war ich auf diese Freundschaft. Ich erinnere mich, daß er mir öfters ohne Veranlassung mit seiner schlanken, zarten, weißen Hand zärtlich über mein dichtes, gewelltes Haar strich. Ich fühlte einen elektrischen Strom durch meinen Körper laufen, aber ganz, ganz sanft, ganz anders, wie jenes convulsivische Zucken, wenn unsere Hände irrend an dem glühenden Körper des Weibes herumtasten, jenes Weibes, dem wir Haar, Stirne, Mund, Augen, Hände, Busen – – – mit raubthierartigen Küssen bedeckt haben, wenn uns der eigenthümliche, scharfe Geruch der vibrierenden, nackten Leiber in jene fürchterliche Aufregung versetzt, in der wir nicht mehr zu erkennen vermögen, ob wir den tiefsten Schmerz oder die höchste Wollust empfinden, ob wir ein im Blute wühlender perverser Wüstling oder ein Heiliger sind, der sein Fleisch mit glühenden Stacheln züchtigt.
Und ich sehnte mich so, so sehr nach Ruhe. Ich fieng an, Fontana, der feige und gemein, in seiner tückischen Saufboldnatur, all mein neu erwachtes Gefühl mir, und zwar nur mir gegenüber, zu beschmutzen wagte, zu hassen, nicht weil er einen, meiner Ansicht nach für sich aussichtslosen Kampf
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