Hagedorn, Friedrich von: Sammlung Neuer Oden und Lieder. Bd. 3. Hamburg, 1752.Sie hatte kaum das Flügel-Kleid Und einen bessern Putz empfangen; So scherzten Witz und Freundlichkeit Jn beyden Grübchen ihrer Wangen; So stiegen aus der zarten Brust Die regen Seufzer junger Lust. O wie beglückt schien ihr das Jahr, Das nun sie in Gesellschaft brachte, Wo sie so oft die Schönste war, So reizend sprach und sang und lachte! Wie wuchsen sie und ihre Brust, Und die Geschwätzigkeit der Lust! Sie ward mit Anstand stolz und frey, Und ihre Blicke pries die Liebe; Der Spiegel und die Schmeicheley Vermehrten täglich ihre Triebe, Und ihr gerieth, bey reifer Brust, Die sanfte Sprache schlauer Lust. Die Oper, das Concert, der Ball Erhitzten ihren Muth zum Scherzen. Nur Phryne wies sich überall, Als Meisterinn der jungen Herzen, Und fasste, mit belebter Brust, Die ganze Rede-Kunst der Lust. Doch wahre Sehnsucht nimmt sie ein; Die Stolze lässt sich überwinden. Jhr Scherz verstummt, ihr Muth wird klein, Sie lechzt, und kann nicht Worte finden. Denn ach! es wallt in ihrer Brust Das Unaussprechliche der Lust. 3 Th. C
Sie hatte kaum das Fluͤgel-Kleid Und einen beſſern Putz empfangen; So ſcherzten Witz und Freundlichkeit Jn beyden Gruͤbchen ihrer Wangen; So ſtiegen aus der zarten Bruſt Die regen Seufzer junger Luſt. O wie begluͤckt ſchien ihr das Jahr, Das nun ſie in Geſellſchaft brachte, Wo ſie ſo oft die Schoͤnſte war, So reizend ſprach und ſang und lachte! Wie wuchſen ſie und ihre Bruſt, Und die Geſchwaͤtzigkeit der Luſt! Sie ward mit Anſtand ſtolz und frey, Und ihre Blicke pries die Liebe; Der Spiegel und die Schmeicheley Vermehrten taͤglich ihre Triebe, Und ihr gerieth, bey reifer Bruſt, Die ſanfte Sprache ſchlauer Luſt. Die Oper, das Concert, der Ball Erhitzten ihren Muth zum Scherzen. Nur Phryne wies ſich uͤberall, Als Meiſterinn der jungen Herzen, Und faſſte, mit belebter Bruſt, Die ganze Rede-Kunſt der Luſt. Doch wahre Sehnſucht nimmt ſie ein; Die Stolze laͤſſt ſich uͤberwinden. Jhr Scherz verſtummt, ihr Muth wird klein, Sie lechzt, und kann nicht Worte finden. Denn ach! es wallt in ihrer Bruſt Das Unausſprechliche der Luſt. 3 Th. C
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Sie hatte kaum das Fluͤgel-Kleid
Und einen beſſern Putz empfangen;
So ſcherzten Witz und Freundlichkeit
Jn beyden Gruͤbchen ihrer Wangen;
So ſtiegen aus der zarten Bruſt
Die regen Seufzer junger Luſt.
O wie begluͤckt ſchien ihr das Jahr,
Das nun ſie in Geſellſchaft brachte,
Wo ſie ſo oft die Schoͤnſte war,
So reizend ſprach und ſang und lachte!
Wie wuchſen ſie und ihre Bruſt,
Und die Geſchwaͤtzigkeit der Luſt!
Sie ward mit Anſtand ſtolz und frey,
Und ihre Blicke pries die Liebe;
Der Spiegel und die Schmeicheley
Vermehrten taͤglich ihre Triebe,
Und ihr gerieth, bey reifer Bruſt,
Die ſanfte Sprache ſchlauer Luſt.
Die Oper, das Concert, der Ball
Erhitzten ihren Muth zum Scherzen.
Nur Phryne wies ſich uͤberall,
Als Meiſterinn der jungen Herzen,
Und faſſte, mit belebter Bruſt,
Die ganze Rede-Kunſt der Luſt.
Doch wahre Sehnſucht nimmt ſie ein;
Die Stolze laͤſſt ſich uͤberwinden.
Jhr Scherz verſtummt, ihr Muth wird klein,
Sie lechzt, und kann nicht Worte finden.
Denn ach! es wallt in ihrer Bruſt
Das Unausſprechliche der Luſt.
3 Th. C
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