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Hagedorn, Friedrich von: Sammlung Neuer Oden und Lieder. Bd. 1. Hamburg, 1742.

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Will meine Mutter mich nur hören,
Jhr Schafe, so gelob ich euch,
Jch will bald euer Wohl vermehren,
Und meines auch vielleicht zugleich.
Jch kenne schon aus eignem Triebe,
Wie ungerecht das Glück verfährt,
Wenn es der Jugend und der Liebe
Die Freyheit und die Wahl verwehrt.
Nichts auf der Welt ist fast verliebter,
Als Damon, der sich mir geweiht:
Doch ist nichts auf der Welt betrübter,
Als seine trockne Zärtlichkeit.
Er folgt mir, wo ich geh und stehe
Und kennet noch nicht meine Brust.
Ein solches Lieben gleicht der Ehe:
Allein, ihm fehlt noch ihre Lust.
Er schneidet in die nahen Linden
Wohl zehnmal meines Namens Zug.
Die Mühe kann mich zwar verbinden,
Und ihm scheint auch mein Dank genug.
Mein Lob erklingt auf seiner Leyer;
Mich wecket oft sein Saytenspiel:
Hingegen wird er nimmer freyer,
Und ehret mich vielleicht zu viel.
Jch ehrt und liebt ihn selbst vor Zeiten:
Das aber that ich als ein Kind.
Nun wachs ich auf, und gleiche Leuten,
Die klüger und erfahrner sind.
Wahr ists: mir hat er sich verschrieben.
Soll ich daraus die Folge ziehn:
Jch müsse Damon ewig lieben,
Und keinen lieben, als nur ihn?
A 3
Will meine Mutter mich nur hoͤren,
Jhr Schafe, ſo gelob ich euch,
Jch will bald euer Wohl vermehren,
Und meines auch vielleicht zugleich.
Jch kenne ſchon aus eignem Triebe,
Wie ungerecht das Gluͤck verfaͤhrt,
Wenn es der Jugend und der Liebe
Die Freyheit und die Wahl verwehrt.
Nichts auf der Welt iſt faſt verliebter,
Als Damon, der ſich mir geweiht:
Doch iſt nichts auf der Welt betruͤbter,
Als ſeine trockne Zaͤrtlichkeit.
Er folgt mir, wo ich geh und ſtehe
Und kennet noch nicht meine Bruſt.
Ein ſolches Lieben gleicht der Ehe:
Allein, ihm fehlt noch ihre Luſt.
Er ſchneidet in die nahen Linden
Wohl zehnmal meines Namens Zug.
Die Muͤhe kann mich zwar verbinden,
Und ihm ſcheint auch mein Dank genug.
Mein Lob erklingt auf ſeiner Leyer;
Mich wecket oft ſein Saytenſpiel:
Hingegen wird er nimmer freyer,
Und ehret mich vielleicht zu viel.
Jch ehrt und liebt ihn ſelbſt vor Zeiten:
Das aber that ich als ein Kind.
Nun wachs ich auf, und gleiche Leuten,
Die kluͤger und erfahrner ſind.
Wahr iſts: mir hat er ſich verſchrieben.
Soll ich daraus die Folge ziehn:
Jch muͤſſe Damon ewig lieben,
Und keinen lieben, als nur ihn?
A 3
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[5/0027] Will meine Mutter mich nur hoͤren, Jhr Schafe, ſo gelob ich euch, Jch will bald euer Wohl vermehren, Und meines auch vielleicht zugleich. Jch kenne ſchon aus eignem Triebe, Wie ungerecht das Gluͤck verfaͤhrt, Wenn es der Jugend und der Liebe Die Freyheit und die Wahl verwehrt. Nichts auf der Welt iſt faſt verliebter, Als Damon, der ſich mir geweiht: Doch iſt nichts auf der Welt betruͤbter, Als ſeine trockne Zaͤrtlichkeit. Er folgt mir, wo ich geh und ſtehe Und kennet noch nicht meine Bruſt. Ein ſolches Lieben gleicht der Ehe: Allein, ihm fehlt noch ihre Luſt. Er ſchneidet in die nahen Linden Wohl zehnmal meines Namens Zug. Die Muͤhe kann mich zwar verbinden, Und ihm ſcheint auch mein Dank genug. Mein Lob erklingt auf ſeiner Leyer; Mich wecket oft ſein Saytenſpiel: Hingegen wird er nimmer freyer, Und ehret mich vielleicht zu viel. Jch ehrt und liebt ihn ſelbſt vor Zeiten: Das aber that ich als ein Kind. Nun wachs ich auf, und gleiche Leuten, Die kluͤger und erfahrner ſind. Wahr iſts: mir hat er ſich verſchrieben. Soll ich daraus die Folge ziehn: Jch muͤſſe Damon ewig lieben, Und keinen lieben, als nur ihn? A 3

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Zitationshilfe: Hagedorn, Friedrich von: Sammlung Neuer Oden und Lieder. Bd. 1. Hamburg, 1742, S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hagedorn_sammlung01_1742/27>, abgerufen am 24.11.2024.