(Coelomaria oder Bilateria) hingegen besitzen eine echte Leibes- höhle und meistens auch Blut und After; dahin gehören die Wurmthiere(Vermalia) und die höheren, typischen Thierstämme, welche sich später aus diesen entwickelt haben, die Sternthiere, Weichthiere, Gliederthiere, Mantelthiere und Wirbelthiere.
Das sind die wesentlichsten Lehrsätze meiner Gasträa- Theorie, deren ersten Entwurf (1872) ich später weiter aus- geführt und in einer Reihe von "Studien zur Gasträa-Theorie" (1873-1884) fester zu begründen mich bemüht habe. Obgleich dieselbe Anfangs fast allgemein abgelehnt und während eines Decenniums von zahlreichen Autoritäten heftig bekämpft wurde, ist sie doch gegenwärtig (seit etwa 15 Jahren) von allen sach- kundigen Fachgenossen angenommen. Sehen wir nun, welche weitreichenden Schlüsse sich aus der Gasträa-Theorie und der Keimesgeschichte überhaupt für unsere Hauptfrage, die "Stellung des Menschen in der Natur" ergeben.
Eizelle und Samenzelle des Menschen. Das Ei des Menschen ist, wie das aller anderen Gewebthiere, eine einfache Zelle, und diese kleine kugelige Eizelle (von nur 0,2 mm Durch- messer) hat genau dieselbe charakteristische Beschaffenheit, wie diejenige aller anderen, lebendig gebärenden Säugethiere. Die kleine Plasmakugel ist nämlich von einer dicken, durchsichtigen, fein radial gestreiften Eihülle umgeben (Zona pellucida); auch das kleine, kugelige Keimbläschen (der Zellenkern), das vom Plasma (dem Zellenleib) eingeschlossen ist, zeigt dieselbe Größe und Beschaffenheit, wie bei den übrigen Mammalien. Dasselbe gilt von den beweglichen Spermien oder Samenfäden des Mannes, den winzig kleinen, fadenförmigen Geißelzellen, welche sich zu Millionen in jedem Tröpfchen des schleimartigen männ- lichen Samens(Sperma) finden; sie wurden früher wegen ihrer lebhaften Bewegung für besondere "Samenthierchen" (Spermatozoa) gehalten. Auch die Entstehung dieser beiden
Eizelle und Samenzelle. IV.
(Coelomaria oder Bilateria) hingegen beſitzen eine echte Leibes- höhle und meiſtens auch Blut und After; dahin gehören die Wurmthiere(Vermalia) und die höheren, typiſchen Thierſtämme, welche ſich ſpäter aus dieſen entwickelt haben, die Sternthiere, Weichthiere, Gliederthiere, Mantelthiere und Wirbelthiere.
Das ſind die weſentlichſten Lehrſätze meiner Gaſträa- Theorie, deren erſten Entwurf (1872) ich ſpäter weiter aus- geführt und in einer Reihe von „Studien zur Gaſträa-Theorie“ (1873-1884) feſter zu begründen mich bemüht habe. Obgleich dieſelbe Anfangs faſt allgemein abgelehnt und während eines Decenniums von zahlreichen Autoritäten heftig bekämpft wurde, iſt ſie doch gegenwärtig (ſeit etwa 15 Jahren) von allen ſach- kundigen Fachgenoſſen angenommen. Sehen wir nun, welche weitreichenden Schlüſſe ſich aus der Gaſträa-Theorie und der Keimesgeſchichte überhaupt für unſere Hauptfrage, die „Stellung des Menſchen in der Natur“ ergeben.
Eizelle und Samenzelle des Menſchen. Das Ei des Menſchen iſt, wie das aller anderen Gewebthiere, eine einfache Zelle, und dieſe kleine kugelige Eizelle (von nur 0,2 mm Durch- meſſer) hat genau dieſelbe charakteriſtiſche Beſchaffenheit, wie diejenige aller anderen, lebendig gebärenden Säugethiere. Die kleine Plasmakugel iſt nämlich von einer dicken, durchſichtigen, fein radial geſtreiften Eihülle umgeben (Zona pellucida); auch das kleine, kugelige Keimbläschen (der Zellenkern), das vom Plasma (dem Zellenleib) eingeſchloſſen iſt, zeigt dieſelbe Größe und Beſchaffenheit, wie bei den übrigen Mammalien. Dasſelbe gilt von den beweglichen Spermien oder Samenfäden des Mannes, den winzig kleinen, fadenförmigen Geißelzellen, welche ſich zu Millionen in jedem Tröpfchen des ſchleimartigen männ- lichen Samens(Sperma) finden; ſie wurden früher wegen ihrer lebhaften Bewegung für beſondere „Samenthierchen“ (Spermatozoa) gehalten. Auch die Entſtehung dieſer beiden
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Eizelle und Samenzelle. IV.
(Coelomaria oder Bilateria) hingegen beſitzen eine echte Leibes-
höhle und meiſtens auch Blut und After; dahin gehören die
Wurmthiere (Vermalia) und die höheren, typiſchen Thierſtämme,
welche ſich ſpäter aus dieſen entwickelt haben, die Sternthiere,
Weichthiere, Gliederthiere, Mantelthiere und Wirbelthiere.
Das ſind die weſentlichſten Lehrſätze meiner Gaſträa-
Theorie, deren erſten Entwurf (1872) ich ſpäter weiter aus-
geführt und in einer Reihe von „Studien zur Gaſträa-Theorie“
(1873-1884) feſter zu begründen mich bemüht habe. Obgleich
dieſelbe Anfangs faſt allgemein abgelehnt und während eines
Decenniums von zahlreichen Autoritäten heftig bekämpft wurde,
iſt ſie doch gegenwärtig (ſeit etwa 15 Jahren) von allen ſach-
kundigen Fachgenoſſen angenommen. Sehen wir nun, welche
weitreichenden Schlüſſe ſich aus der Gaſträa-Theorie und der
Keimesgeſchichte überhaupt für unſere Hauptfrage, die „Stellung
des Menſchen in der Natur“ ergeben.
Eizelle und Samenzelle des Menſchen. Das Ei des
Menſchen iſt, wie das aller anderen Gewebthiere, eine einfache
Zelle, und dieſe kleine kugelige Eizelle (von nur 0,2 mm Durch-
meſſer) hat genau dieſelbe charakteriſtiſche Beſchaffenheit, wie
diejenige aller anderen, lebendig gebärenden Säugethiere. Die
kleine Plasmakugel iſt nämlich von einer dicken, durchſichtigen,
fein radial geſtreiften Eihülle umgeben (Zona pellucida); auch
das kleine, kugelige Keimbläschen (der Zellenkern), das vom
Plasma (dem Zellenleib) eingeſchloſſen iſt, zeigt dieſelbe Größe
und Beſchaffenheit, wie bei den übrigen Mammalien. Dasſelbe
gilt von den beweglichen Spermien oder Samenfäden des
Mannes, den winzig kleinen, fadenförmigen Geißelzellen, welche
ſich zu Millionen in jedem Tröpfchen des ſchleimartigen männ-
lichen Samens (Sperma) finden; ſie wurden früher wegen
ihrer lebhaften Bewegung für beſondere „Samenthierchen“
(Spermatozoa) gehalten. Auch die Entſtehung dieſer beiden
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Haeckel, Ernst: Die Welträthsel. Bonn, 1899, S. 72. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haeckel_weltraethsel_1899/88>, abgerufen am 23.11.2024.
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