Haeckel, Ernst: Die Welträthsel. Bonn, 1899.Cellular-Pathologie. III. hatten schon im 17. Jahrhundert einzelne medicinische Schulen,die Jatrophysiker und Jatrochemiker, den Versuch ge- macht, die Ursachen der Krankheiten auf bestimmte physikalische oder chemische Veränderungen zurückzuführen. Allein der damalige niedere Zustand der Naturwissenschaften verhinderte einen blei- benden Erfolg dieser berechtigten Bestrebungen. Daher blieben mehrere ältere Theorien, welche das Wesen der Krankheit in übernatürlichen oder mystischen Ursachen suchten, bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts in fast allgemeiner Geltung 2. Erst um diese Zeit hatte Rudolf Virchow, ebenfalls Mammalien-Physiologie. Unter den zahlreichen (50-80) Cellular-Pathologie. III. hatten ſchon im 17. Jahrhundert einzelne mediciniſche Schulen,die Jatrophyſiker und Jatrochemiker, den Verſuch ge- macht, die Urſachen der Krankheiten auf beſtimmte phyſikaliſche oder chemiſche Veränderungen zurückzuführen. Allein der damalige niedere Zuſtand der Naturwiſſenſchaften verhinderte einen blei- benden Erfolg dieſer berechtigten Beſtrebungen. Daher blieben mehrere ältere Theorien, welche das Weſen der Krankheit in übernatürlichen oder myſtiſchen Urſachen ſuchten, bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts in faſt allgemeiner Geltung 2. Erſt um dieſe Zeit hatte Rudolf Virchow, ebenfalls Mammalien-Phyſiologie. Unter den zahlreichen (50-80) <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0074" n="58"/><fw place="top" type="header">Cellular-Pathologie. <hi rendition="#aq">III.</hi></fw><lb/> hatten ſchon im 17. Jahrhundert einzelne mediciniſche Schulen,<lb/> die <hi rendition="#g">Jatrophyſiker</hi> und <hi rendition="#g">Jatrochemiker,</hi> den Verſuch ge-<lb/> macht, die Urſachen der Krankheiten auf beſtimmte phyſikaliſche<lb/> oder chemiſche Veränderungen zurückzuführen. Allein der damalige<lb/> niedere Zuſtand der Naturwiſſenſchaften verhinderte einen blei-<lb/> benden Erfolg dieſer berechtigten Beſtrebungen. Daher blieben<lb/> mehrere ältere Theorien, welche das Weſen der Krankheit in<lb/> übernatürlichen oder myſtiſchen Urſachen ſuchten, bis zur Mitte<lb/> des 19. Jahrhunderts in faſt allgemeiner Geltung <note xml:id="end2" next="#end02_2" place="end" n="2"/>.</p><lb/> <p>Erſt um dieſe Zeit hatte <hi rendition="#g">Rudolf Virchow,</hi> ebenfalls<lb/> ein Schüler von <hi rendition="#g">Johannes Müller,</hi> den glücklichen Ge-<lb/> danken, die Zellen-Theorie vom geſunden auch auf den kranken<lb/> Organismus zu übertragen; er ſuchte in den feinen Verände-<lb/> rungen der kranken Zellen und der aus ihnen zuſammengeſetzten<lb/> Gewebe die wahre Urſache jener gröberen Veränderungen, welche<lb/> als beſtimmte „Krankheitsbilder“ den lebenden Organismus mit<lb/> Gefahr und Tod bedrohen. Beſonders während der ſieben Jahre<lb/> ſeiner Lehrthätigkeit in Würzburg (1849-1856) führte <hi rendition="#g">Virchow</hi><lb/> dieſe große Aufgabe mit ſo glänzendem Erfolge durch, daß ſeine<lb/> (1858 veröffentlichte) <hi rendition="#g">Cellular-Pathologie</hi> mit einem<lb/> Schlage die ganze Pathologie und die von ihr geſtützte praktiſche<lb/> Medicin in neue, höchſt fruchtbare Bahnen lenkte. Für unſere<lb/> Aufgabe iſt dieſe Reform der Medicin deßhalb ſo bedeutungsvoll,<lb/> weil ſie uns zu einer moniſtiſchen, rein wiſſenſchaftlichen Be-<lb/> urtheilung der Krankheit führt. Auch der kranke Menſch, ebenſo<lb/> wie der geſunde, unterliegt denſelben „ewigen, ehernen Geſetzen“<lb/> der Phyſik und Chemie, wie die ganze übrige organiſche Welt.</p><lb/> <p><hi rendition="#b">Mammalien-Phyſiologie.</hi> Unter den zahlreichen (50-80)<lb/> Thierklaſſen, welche die neuere Zoologie unterſcheidet, nehmen<lb/> die <hi rendition="#g">Säugethiere</hi> <hi rendition="#aq">(Mammalia)</hi> nicht allein in morphologiſcher,<lb/> ſondern auch in phyſiologiſcher Beziehung eine ganz beſondere<lb/> Stellung ein. Da nun auch der Menſch ſeinem ganzen Körperbau<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [58/0074]
Cellular-Pathologie. III.
hatten ſchon im 17. Jahrhundert einzelne mediciniſche Schulen,
die Jatrophyſiker und Jatrochemiker, den Verſuch ge-
macht, die Urſachen der Krankheiten auf beſtimmte phyſikaliſche
oder chemiſche Veränderungen zurückzuführen. Allein der damalige
niedere Zuſtand der Naturwiſſenſchaften verhinderte einen blei-
benden Erfolg dieſer berechtigten Beſtrebungen. Daher blieben
mehrere ältere Theorien, welche das Weſen der Krankheit in
übernatürlichen oder myſtiſchen Urſachen ſuchten, bis zur Mitte
des 19. Jahrhunderts in faſt allgemeiner Geltung
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Erſt um dieſe Zeit hatte Rudolf Virchow, ebenfalls
ein Schüler von Johannes Müller, den glücklichen Ge-
danken, die Zellen-Theorie vom geſunden auch auf den kranken
Organismus zu übertragen; er ſuchte in den feinen Verände-
rungen der kranken Zellen und der aus ihnen zuſammengeſetzten
Gewebe die wahre Urſache jener gröberen Veränderungen, welche
als beſtimmte „Krankheitsbilder“ den lebenden Organismus mit
Gefahr und Tod bedrohen. Beſonders während der ſieben Jahre
ſeiner Lehrthätigkeit in Würzburg (1849-1856) führte Virchow
dieſe große Aufgabe mit ſo glänzendem Erfolge durch, daß ſeine
(1858 veröffentlichte) Cellular-Pathologie mit einem
Schlage die ganze Pathologie und die von ihr geſtützte praktiſche
Medicin in neue, höchſt fruchtbare Bahnen lenkte. Für unſere
Aufgabe iſt dieſe Reform der Medicin deßhalb ſo bedeutungsvoll,
weil ſie uns zu einer moniſtiſchen, rein wiſſenſchaftlichen Be-
urtheilung der Krankheit führt. Auch der kranke Menſch, ebenſo
wie der geſunde, unterliegt denſelben „ewigen, ehernen Geſetzen“
der Phyſik und Chemie, wie die ganze übrige organiſche Welt.
Mammalien-Phyſiologie. Unter den zahlreichen (50-80)
Thierklaſſen, welche die neuere Zoologie unterſcheidet, nehmen
die Säugethiere (Mammalia) nicht allein in morphologiſcher,
ſondern auch in phyſiologiſcher Beziehung eine ganz beſondere
Stellung ein. Da nun auch der Menſch ſeinem ganzen Körperbau
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